Thema: Die Fouré Fälschungen: Altdeutschland Norddeutscher Postbezirk Ganzsachen
sentawau Am: 22.06.2018 13:48:42 Gelesen: 7403# 6@  
@ sentawau [#5]

Ich will mit einer Berichtigung zum Michel Deutschland Spezialkatalog beginnen. Als Fußnote zu NDP MiNr. 16 steht folgende Notiz: „von MiNr. 16 gibt es eine nachgravierte Platte (Anf. Juni 1870) (stilisierte Flügel in der rechten Markenecke, Federn ohne Kiele). Von dieser Platte stellte Fouré seine „Nachdrucke“ her“.

Soweit die Notiz Fouré angeht, ist sie unzutreffend. Sie geht auf Friedrich Spalink BPP zurück, der sie später widerrief, dies aber nicht mehr veröffentlichen konnte.

Es wundert Sie vielleicht, dass die gefälschten Marken unterschiedlich fluoreszieren. Fouré stellte immer nur wenige Exemplare seiner Fälschungen auf einmal her.

Kapitel 4

2004 befasste sich der emeritierte Medizinprofessor Dr. Udo Klein, der seit 1992 Prüfer BBP (seit 2010 VP) für Marienwerder, Memel sowie die deutschen Besatzungsausgaben 1939/45 von Estland und Litauen war, mit Fourés Fälschungen. Kleins spezielles Interesse galt der Farbanalyse mit Hilfe der UV-Mikroskopie. Da lag eine Untersuchung der dubiosen NDP-Umschläge nahe.

Prof. Klein wurde schnell fündig. Die Pigmente der Farben weisen eine völlig andere Struktur auf als die „echten“ Farben von 1868. Alle Farben Fourés, welche unter der UV-Lampe nicht regieren wie z. B. die grauen Farben der Überdrucke, enthalten staubfeine Verunreinigungen, die unter dem UV-Mikroskop leuchten und dadurch den Fälscher verraten. Damit war sozusagen Fourés letzter Schleier gefallen. Prof. Klein hat das Ergebnis seiner Untersuchung in der Zeitschrift ‚Die Ganzsache‘ in dem bereits zitierten Aufsatz [#2] veröffentlicht.

Leider hat die Sache einen Haken. Das Arbeiten mit dem UV-Mikroskop ist nicht ganz einfach und das erforderliche Gerät teuer. Meines Wissens verfügen derzeit nur zwei Prüfer über diese Ausstattung: Thilo Nagler VP, der bei Prof. Klein das Prüfen lernte und dessen Ausstattung übernahm, und Michael Jäschke-Lantelme BPP. Beide Prüfer sind für Herrn Fouré nicht zuständig.

Allerdings hält Prof. Klein für alle, die nicht über „schweres Gerät“ verfügen, einen Trost bereit. Durch Ausmessen der grauen Überdrucke fand er heraus, das Fouré Galvanos benutzt hat, die herstellungsbedingt eine Kleinigkeit größer sind als die originalen Druckstöcke. Darauf war vor ihm noch niemand gekommen. Während die Breite der echten Überdrucke zwischen 25,7 und 25,9 mm schwankt, beträgt sie bei den Fälschungen 26,0 bis 26,2 mm. Es gibt ganz, ganz wenige Ausrutscher. Die angegebenen Zahlen beruhen auf eigenen Messungen an 157 echten und 41 falschen Umschlägen. Dafür benutzte ich eine Binokularlupe mit 20facher Vergrößerung. Mit Hilfe eines Scanners ist es wahrscheinlich noch einfacher.

Damit ist die Kriminalgeschichte in ihren Grundzügen (vorläufig?) zu Ende. Ich habe allerdings fast nur über ungebrauchte Umschläge geschrieben. Der große Meister hat aber auch sehr schöne „gebrauchte“ Stücke produziert. Und wie es sich gehört, gibt es zur Tragödie ein Satyrspiel, aufgeführt von Alexander Treischel, einem Zeitgenossen Fourés.

Bis demnächst
grüßt Sentawau.
 
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