Thema: Altdeutschland Württemberg: Schöne Belege
bayern klassisch Am: 04.07.2018 15:08:37 Gelesen: 49526# 72@  
@ gabriele [#71]

Hallo Gabi,

nur zu! :-)

Wenn früher die Post von A nach B transportiert wurde, z. B. Stuttgart nach Ulm, dann sammelte Stutgart alle Poststücke nach und über Ulm ein und fertigte ein Begleitdokument an, in welchem - einzeln, oder summarisch - die entsprechenden Briefe, Drucksachen, Muster ohne Wert, Einschreiben usw. aufgeführt waren.

Nachdem man das getan hatte, packte man diese einzelnen Bündel zusammen und schrieb "Ulm - Bahnhof" auf die Beutelfahne. Dann gab man diesen Briefbeutel der Bahnpost, die rückseitig die Poststücke stempelte - oder auch nicht, das war unterschiedlich.

In Ulm angekommen, hatte die dortige Postexpedition das Briefepaket zu öffnen und den Inhalt mit der beifolgenden Briefkarte zu vergleichen. So konnten z. B. in Stuttgart 20 Portobriefe nach Ulm aufgegeben worden sein, wobei jeder mit 6 Kreuzer im einfachen Gewicht auszutaxieren war, in Summa also 120 Kreuzer, gleich 2 Gulden.

Ulm musste nun prüfen, ob wirklich 120 Kreuzer summarisch an Portobriefen vorhanden waren und nicht 114 oder 126 Kreuzer, denn bei Portobriefen belastete die Aufgabepost Stuttgart die Abgabepost Ulm mit eben diesen 2 Gulden und Ulm musste diese von den Empfängern einkassieren.

Einschreiben waren einzeln in den Briefkarten aufzuführen mit a) der laufenden Nummer, dem Name des Empfängers und den Ort des Empfängers. Hätte man da geschlampt, wäre der Annahmebeamte pro Recobriefe mit 24 1/2 Gulden zu Kasse gebeten worden und das war damals ein Monatsgehalt eines einfachen Beamten.

Hatte Stuttgart aber auch Briefe an diesem Tag nach Bayern und Österreich zu verschicken, die über Ulm hinaus zu laufen hatten, so packte man diese dem Ulmer Paket bei und nahm an, dass die Ulmer nun ihrerseits ihre eigenen Briefe nach Bayern und Österreich mit diesen zusammen unter Ausfertigung einer Ulmer Briefkarte z. B. nach Augsburg oder Wien zusammenpackten, genauso gegliedert, wie zuvor von Stuttgart nach Ulm. Kam das Briefepaket dann in Augsburg an, wurden zuerst einmal alle Briefe siegelseitig mit dem Ankunfts- bzw. Transitstempel bedruckt, ehe es weiter gehen konnte nach München oder Österreich.

Man nennt dies das Kartierungsverfahren, wobei die eine Post (Stuttgart) "encartirt" und die andere (Ulm) "decartirt".

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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