Thema: Von Nachprüfungen und Schnäppchenjägern
Egi-Berlin Am: 23.11.2007 12:37:45 Gelesen: 15632# 1@  
Liebe Sammler, Händler und Schnäppchenjäger,

Diesen Brief versende ich derzeit an diverse Ebaykunden in Sachen Nachprüfungen.

In Zukunft werde ich die Bedingungen ändern.

Diese ganze Prüferei ist aus dem Ruder gelaufen. Ich habe Aufdruckwerte zurückbekommen, die bereits von 2 Prüfern als echt geprüft waren, der Dritte meint nun, sie seien falsch. Gleiches passiert bei Stempeln. Das bedeutet im Klartext nichts anderes als das ältere Prüfungen grundsätzlich offensichtlich nichts taugen, dafür aber viel Geld bezahlt wurde. Wenn ich aber die heutigen Gebaren der Prüfer sehe, die meinen, dass ein Aufdruck sich in 30 oder 40 Jahren demnach verändert haben muss, kann ich einige Prüfungen von heute auch nicht mehr nachvollziehen.

Von einigen Prüfern erhalte ich handgeschriebene Rechnungen mit derart zittriger Schrift, dass ich die Fähigkeit dieser Prüfer schlicht anzweifeln muss. Wer nicht in der Lage ist einen Kugelschreiber zu halten, kann meines Erachtens keine Marken prüfen. Andere Prüfer sind am Telefon derart borniert, dass ich auch da meine Zweifel habe, ob hier immer wertfrei geprüft wird.

Noch ein Beispiel: Marken werden als "nicht prüfbar" abgelehnt, 8 Wochen später tauchen diese bei Ebay eben von diesem Prüfer geprüft wieder auf, nachdem sie als nicht prüfbar für kleines Geld verkauft wurden. Die Liste läßt sich beliebig fortsetzen.

Erschwerend kommt nun hinzu, dass für die meisten deutschen Marken, bereits doppelt geprüft, noch zwischen 10 und 20% vom Katalog gezahlt wird, teilweise sogar darunter. Jede „Gurke“ von 10 Michel-Euro wird dann noch zum dritten mal zum prüfen geschickt. Andere mit offensichtlichen Mängeln ebenfalls. Das kann sich nicht mehr rechnen. Unter diesen Bedingungen kann niemand mehr gute Ware anbieten, nur noch falsches, in der Hoffnung, dass der Käufer das nicht merkt.

Andere haben sich die Taktik zugelegt billig Marken zu ersteigern, die sie für echt halten, diese dann mit dem Hinweis aufs Rückgaberecht prüfen zu lassen, zahlen aber grundsätzlich nicht mehr als 5% Michel.

Ist die Marke falsch, wird sie zurückgegeben, ist sie echt, hat man einen Fisch gezogen - z.B. bei Altdeutschland.

Ich werde das in Zukunft wie folgt regeln: Geprüfte Marken werden von mir in dem Zustand angeboten, wie ich sie erhalten habe. Die Marken werden von vorn und hinten in Übergröße abgebildet. Ich traue ziemlich jedem Sammler zu selbst zu entscheiden, was er von den Prüfzeichen und der Marke selbst zu halten hat. Eine Rückgabe innerhalb eines Monats kann jederzeit in dem Zustand erfolgen, wie die Marke versandt wurde. Risiken einer Nachprüfung übernehme ich nur noch bei einem Warenwert über 50 Euro, bzw. bei einem Kaufpreis 25% des Michelwertes.

Beispiel: Inflamarke doppelt geprüft Infla Berlin, Peschl - Mi 400 Euro - Nachprüfgarantie zu meinen Lasten ab Kaufpreis 100 Euro.

Beispiel: Bayern Quadratkreuzer, geprüft Pfenniger - Mi 120 Euro - Kaufpreis 18 Euro - bei mir keine Kostenübernahme für Nachprüfungen.

Marken welche ich als postfrisch einstelle, wie z.B. Ihre 72/73, sind nach meiner Überzeugung auch postfrisch. Zähnungen und Stempel sind klar erkennbar. In solchen Fällen werde ich Prüfungen nur übernehmen, wenn der Kaufpreis 20% des Michelwertes erreicht hat. Darunter geht das, für meine Begriffe geringe Restrisiko, an den Käufer des Schnäppchens.

Da die Firma Schlegel jetzt mehr mit Auktionen als Prüfungen beschäftigt ist (auch hier sehe ich einen erheblichen Interessenkonflikt) ist von Prüfungen von Marken unter 100 Euro Katalogwert ohnehin abzuraten. Die Laufzeiten liegen im Extremfall bei 6 Monaten.

Ich denke, dass die ganzen Praktiken, angefangen von der Nichtakzeptanz Deutscher Sammler von Falzmarken (was zu der leidlichen Flut von "Neugummiware" führt) bis zu den Massen verfälschter Marken und Prüfstempel das Sammelgebiet Deutschland weiter in den Keller treiben wird. Mit der derzeitigen Praxis tut sich niemand ein Gefallen. Händler, speziell im Ebay, haben unter den derzeitigen Bedingungen und Preisniveau kaum eine Chance. Bei Ankäufen gilt man dann aber als Betrüger, wenn man unter "30% Michel" zahlen will.

Ich hoffe, ich habe ihnen die Problematik etwas nahe gebracht.

Gruß aus Berlin
Gunther
BBA-Auktionshaus
 
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