Thema: Philatelie in der Presse - Aus den Vereinen
Richard Am: 23.08.2009 14:23:32 Gelesen: 1188068# 177@  
Vilbeler Briefmarkensammler: Kunst mit Zacken

Von Monika Bielesch

Frankfurter Rundschau (20.08.09) - Warum sammeln eigentlich fast nur Männer Briefmarken? Barbara Höhn hat darauf keine rechte Antwort. "Das war schon immer so", sagt die 56-Jährige und zuckt ratlos die Achseln. Sie kam an die Philatelie durch ihren Mann, der schon von Kindesbeinen an die kleinen Postwertzeichen hortete und den sie immer zu Briefmarken-Tauschtagen und -Börsen begleitete. Als die zwei Kinder dann aus dem Haus waren, schloss Barbara Höhn sich schließlich vor fünf Jahren dem Hobby ihres Mannes an. "Irgendeine Beschäftigung muss man ja haben", sagt sie lachend.

Nun sitzt das Ehepaar aus dem Vogelsbergkreis zusammen auf Tauschtagen, wie kürzlich im Georg-Muth-Haus auf dem Heilsberg. Mit Pinzette und Lupenglas werden die kleinen Schätze sortiert, betrachtet, bewundert und gezeigt. Eingeladen zum Tauschtag hatten die Briefmarkensammler Bad Vilbel. Vereins-Vorsitzender Werner Scholten: "Wir veranstalten jeweils im April und im August unsere Briefmarken-Börse." Er ist stolz, dass sogar Besucher aus Stuttgart und Münster eigens angereist sind. Und tatsächlich ist die große Halle des Bürgerhauses gut gefüllt, aber ein Blick in die Runde offenbart das Dilemma der Philatelisten. Überwiegend ältere Herren jenseits der 60 sitzen sich an den langen Tischreihen gegenüber, präsentieren dicke Alben mit unzähligen Marken, studieren Kataloge, feilschen um Preise. "Die Mitglieder sterben uns weg", sagt Scholten.

Als er 1996 den Vorsitz übernahm, hatte der Verein 63 Mitglieder, heute sind es noch 28 Sammler. Der Nachwuchs fehlt. Scholten zeigt auf eine Kiste hinter sich: "Für heute Mittag hat sich ein Jugendlicher mit seiner Oma angekündigt. Für den haben wir schon etwas vorbereitet, damit er vielleicht Geschmack an diesem Hobby findet."

Der Handel hat sich verlagert

Auch Barbara Höhn bedauert diese Entwicklung. "Es ist traurig, dass die Jugend nicht nachkommt." Viel werde heute über das Internet getauscht und gehandelt, erzählt sie weiter. "Mir ist jedoch der persönliche Kontakt wichtig, deswegen gehe ich auf die Börsen."

Die Sammlerin hat sich auf das frühere Birma, das heutige Myanmar, spezialisiert. Und sie sammelt Spinnen. Stolz zeigt sie einige Briefmarken aus Tansania. Darauf sind sehr realistisch und detailliert die achtbeinigen Tiere in den schillerndsten Farben aufgedruckt. Ihr Mann sammelt Papua-Neuguinea. Die wertvollsten Marken, die er an diesem Tag dabei hat, ist ein Satz Paradiesvögel aus den 30er Jahren.

All diese Briefmarken erinnern an die One-Penny-Black, die erste Briefmarke der Welt, die am 6. Mai 1840 in Großbritannien ausgegeben wurde. Erst langsam, mit der Verbreitung der Marken in anderen Ländern, entwickelte sich damals die Sammelgemeinschaft.

War es für die ersten Sammler selbstverständlich, Generalsammlungen zu haben, also eine Sammlung aller vorhandenen Briefmarken, ist dies für heutige Sammler schon lange nicht mehr möglich. Jeder hat ein Spezialgebiet, die meisten sammeln nach Ländern. Einige haben aber auch Motivsammlungen, wie Barbara Höhn mit ihren Spinnen.

Am Eingang trudelt derweil noch ein Nachzügler ein. Er ist schwer bepackt mit einem Koffer und einer Aktentasche in der Hand. "Es ist jedes Mal ein großes Geschleppe", sagt Barbara Höhn und lacht. Schließlich ist in ihrem Haus ein ganzes Zimmer den Briefmarken vorbehalten. Zu einer Börse werden nur ausgesuchte Alben mitgenommen.

Keine Frauen, kein Nachwuchs

Mit eher leichtem Gepäck besucht Brigitte Kiessl die Börse. "Ich bin nur als Begleitung hier", antwortet sie auf die Frage, wieso sie als Frau Briefmarken sammelt. Ihr Mann sei der Sammler. Brigitte Kiessl interessiert sich für historische Postkarten. "Ich suche Motive, die das alte Frankfurt zeigen. Hier an dem Stand sind sie sogar nach Stadtteilen geordnet." Briefmarkensammeln sei eine Männerdomäne, weil das Sammeln und Jagen an sich den Männern im Blut liege, meint sie schmunzelnd. Vielleicht hat sie Recht, und wo keine Frauen sind, fehlt eben auch der Nachwuchs.

Briefmarkensammler Bad Vilbel: Kontakt Werner Scholten 06101/44442. Treffpunkt im Glashaus im Kurhaus, Niddastraße 1, jeden vierten Donnerstag im Monat.

(Quelle: http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/wetterau/1891803_Vilbeler-Briefmarkensammler-Kunst-mit-Zacken.html)
 
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