Thema: Katalogisierung von Farben, Farbprüfung, Farbmessung von Druckfarben
Markus Pichl Am: 07.10.2018 22:47:10 Gelesen: 13499# 49@  
@ t-nepomuk [#48]

Hallo Wigbert,

ein herzliches Willkommen, hier im Forum.

Mit Herrn Jäschke-Lantelme BPP habe ich vor wenigen Monaten über Untersuchungen im IR-Licht gesprochen. Auf dem neusten Stand der verschiedenen am Markt erhältlichen Gerätschaften ist hier wohl die BPA in Großbritannien. Das Gerät kostet sehr viel Geld (den genauen Preis habe ich wegen der schwindelerregenden Höhe leider vergessen) und steht in den Anschaffungskosten für einen einzelnen Gebietsprüfer in Deutschland in keinerlei wirtschaftlichem Verhältnis. Bei der BPA wird gemeinschaftlich geprüft und die Kosten, bei der BPA prüfen zu lassen, sind grundsätzlich höher als beim BPP.

Das Problem stellen immer wieder die Marken dar, welche in mehreren Auflagen in Massen gedruckt wurden. Von diesen in Massen gedruckten Auflagen gibt es auch heute noch in Masse vorhandene Markenbestände und das zweite Problem ist der Wunsch bzw. die Hoffnung des Sammlers, in genau dieser Masse eine besonders seltene Briefmarke zu finden, bei der sich die Seltenheit über eine Farbe ausdrückt. Somit ist im Laufe der Jahre ein "Wahn" nach Spezialisierung und auch entsprechende Katalogisierungen entstanden.

Leider haben verschiedene Katalogisierungen keinerlei Hand und Fuß, beruhen nur auf Grund der Meinung, es wäre eine Farbe, die sich zu sammeln lohnt, weil man meint, eine andere Farbe wahrnehmen zu wollen. So kommt es immer wieder zu Verschiebungen von Kriterien oder ganz einfach zu Streichungen von Farben. Auf der anderen Seite wissen wir, dass bestimmte Marken noch gar nicht genug nach Farben in der Katalogisierung aufgeteilt sind. Durchaus stellt sich aber die Frage, ob dies überall von Notwendigkeit ist, da ein Interesse in der Regel nur an Seltenheiten besteht. Es ist quasi zu einem Zwang geworden, überall nach der "seltenen Farbe" zu suchen.

Herstellungstechnisch lassen sich vielerlei wahrgenommene Unterschiede ganz einfach als völlig normal begründen und würden Sammler mehr über die Herstellung der Marken wissen, die sie Sammeln, dann würde die Sache, nach der "seltenen Farbe" Ausschau zu halten, aus einer ganz anderen Sichtweise gesehen werden. Aber die meisten Sammler möchten nicht wissen, wie eine Briefmarke und deren Druckfarbe hergestellt wurde, wie es zu völlig normalen Unterschieden beim Drucken gekommen ist, sie möchten einfach nur wissen, ob es sich um eine Seltenheit handelt.

Der BPP ist augenscheinlich dahin übergegangen, Katalogisierungen von Farben auf den Prüfstand zu stellen. Ist eine Farbe nicht durch ein zweites Kriterium sicher begründbar, so fliegt sie aus der Katalogisierung heraus oder wird nicht in eine solche aufgenommen.

Auf der einen Seite steht also der Wunsch nach Spezialisierung, auf der anderen Seite die Beherrschbarkeit bzw. die sichere Überprüfbarkeit einer solchen, welche in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis stehen muß bzw. sollte.

Der BPP als Verband verschiebt die Verantwortung einer Katalogisierung und gewissenhaften Prüfung auf seine Gebietsprüfer, welche augenscheinlich zum Teil völlig überfordert sind, hier für Klarheit zu sorgen. Manche Gebietsprüfer von heute müssen sich aber auch mit den Altlasten ihrer Altvorderen herumschlagen und einen konsequenten Schnitt, strebt leider auch keiner an. So werden auch heute noch Farben geprüft, bei denen die Gebietsprüfer noch nicht einmal wissen, worin sich die Farbe begründet und aus welcher Auflage sie stammt. Für mich persönlich ein Unding.

Chemische oder physikalische Manipulationen sind mit qualifizierten Kenntnissen über die Herstellung der Marke selbst und im Abgleich mit Vergleichsmaterial erkennbar. Beispielsweise haben mir bezüglich Deutsches Reich MiNr. 112 b Stücke vorgelegen, bei denen man sich fragen muß, warum der Prüfer die Manipulation nicht erkannt haben möchte? Solche Stücke werden heute in der Prüfung nicht mehr bestätigt, aber mehr mit dem Argument, die einst geprüfte Farbe könnte sich aufgrund äußerer Umstände verändert haben und ist daher heute nicht mehr prüfbar. Dies erachte ich aber nur für eine vorgeschobene Argumentation, um die Prüfer zu schützen, welche einst auf die eine oder andere manipulierte Marke hereingefallen sind. Wie auch immer, derartige Stücke der DR MiNr. 112, bei denen eine Manipulation vorliegt, sind nach meiner Beobachtung schon längst ausserhalb der Haftung der jeweiligen Prüfer und werden wie gesagt auch heute nicht mehr als seltene Farbe bestätigt.

Persönlich habe ich aber die Hoffnung, dass sich innerhalb der nächsten 20 Jahre die Katalogisierung von Farben festigt und auch die Kriterien, zu einer jeglichen Farbkatalogisierung, bekannt sind. Die "Problemfarben", innerhalb der deutschen Sammelgebiete, sind eigentlich schon heute alle mindestens einem kleinen Kreis von Philatelisten bekannt.

Beste Grüße
Markus
 
Quelle: www.philaseiten.de
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