Thema: USA wollen Weltpostverein verlassen
DL8AAM Am: 18.10.2018 11:57:08 Gelesen: 3373# 4@  
Ingo,

mit dem entscheidenden Unterschied, dass bei Lieferungen für den europäischen Markt eben die europäischen, privatisierten Postanstalten und nationalen UPU-Mitglieder, selbst in der "Lieferkette" mit drin stecken. Die meisten betreiben ja in China "Auslandspostämter", sprich Niederlassungen, die die Warensendungen direkt in China einsammeln (lassen) bzw. konsolidieren und dann als Frachtsammelsendungen nach Europa transportieren. Die Deutsche Post AG betreibt mit der DHL Aviation eine der größten Flugzeugflotten der Welt und besitzt übrigens neben der DHL Aviation noch etliche weitere Fluggesellschaften in aller Welt. Die "offizielle" UPU-Einschleusung (oftmals sogar die Vereinzelung der Sendungen) für die (selbst zustellende) "Last Mile" wird dabei irgendwie über die Frachtkosten "kompensiert".

Die staatliche amerikanische USPS, die ja in der "Tiefe des Landes" (oftmals als einzige) als Bundesbehörde aktiv ist (die Beantragung von Reisepässen ist u.a. so eine "Bundessache", die von der Post mit abgewickelt wird), ist (und wird) aber eine traditionelle, hoheitliche Post (bleiben), die dort irgendwie schon eine "soziokulturelle" Aufgabe hat. Selbst wenn eine Privatisierung angedacht werden sollte (was nicht ist), wäre dieses schon auf Grund der Fläche des Landes (und der Besiedlungsdichte im Hinterland) kaum kommerziell sinnvoll zu bewältigen. Unsere "Spreewaldruderboot-" und "Halligdraisinenbahnbriefträger" sind nette Folklore, die man sich wegen der schönen Bilder in der Öffentlichkeit mal eben "gönnt" und als Totschlagargument der kompletten Privatisierung des Postbereichs dient bzw. etwas das bei der nächsten Portoerhöhung pressewirksam vorgeführt wird.

Wobei der entscheidene Faktor bei den USA aber eben der im Artikel angesprochene Passus "Die ursprünglich von 1874 stammende und insgesamt 192 Staaten umfassende Regelung wurde laut dem Bericht der New York Times 1969 so angepasst, dass arme und Entwicklungsländer - inklusive China - deutlich besser gestellt sind als wohlhabendere Staaten in Europa und Nordamerika." ist. Damals als Entwicklungshilfe für kleine Postanstalten, die nicht "auf Augenhöhe" mitspielen konnten, eingeführt, sich heute aber ins komplette Gegenteil verkehrend. Die USPS bezahlt sozusagen der chinesischen Exportwirtschaft deren Transportkosten und ist somit (über die UPU-Vertragsverpflichtungen) indirekt für den Niedergang der eigenen heimischen "Produktion" (und "Handels-Infrastruktur" kleiner Orte im Hinterland) mit verantwortlich.

Das ist zwar etwas vereinfacht gesagt, aber im Kern (natürlich auch neben anderen Dingen) doch so ziemlich zutreffend. Und das greift nicht nur beim inzwischen veralteten und von der "Postprivatisierungwelle" komplett überholten UPU-Vertragswerk. Stichwort WTO, WB, IWF etc. Das hier nun die amerikanische Politik irgendeinmal (endlich) gegensteuern wird, war schon lange absehbar oder gar nötig. Nur wollte es sich eben bisher keiner mit der "Weltöffentlichkeit" anlegen bzw. man agierte in vermeindlichen wichtigeren "Dingen". Hier macht irgendwie "America First" schon einen Sinn. Irgendwie...

Und übrigens im Artikel steht nicht, das die USA die UPU verlassen will, sondern dass sie das UPU-Vertragswerk an die neue Postwelt anpassen wollen.

Gerade wegen dieser modern-postalischen Situation sind Belege aus dem chinesischen eCommerce-Bereich aktuell auch eines der spannendsten philatelistischen Bereiche der Philatelie überhaupt. Echter Bedarf, echtes Leben (gut "keine Buntenbildchen-Briefmarken"), irreste Laufwege und kaum bis absolut keine öffentlich dokumentierte "Handlungsanweisungen" etc. der beteiligten Postanstalten und deren Logistiker - und keiner beachtet bzw. beackert diese Bereiche. Literatur? Artikel? Fehlanzeige? Spannend!
 
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