Thema: Kleiner Katechismus über bayerische Bischofsbriefe
Erdinger Am: 07.09.2009 13:26:15 Gelesen: 23617# 9@  
Vielen Dank an "weite Welle" für die schönen Beispiele und informativen Ergänzungen zur Pfennigzeit!

Aus der Zeit der ersten Ausgabe der Pfennigzeit habe ich für meinen Heimatbereich (zwei Dekanate mit rund 30 Pfarreien, Exposituren, Benefizien etc.) in den letzten zehn Jahren keinen, für die der zweiten Ausgabe ganze fünf Briefe registriert. Alle fünf stammen aus Dorfen (drei verschiedene Vordrucke), alle mit Nr. 49 frankiert, davon zwei, die als nachträglich "2fach" erkannte Briefe mit jeweils 20 Pfennigen nachtaxiert wurden.

Derartige Defizite drohte das Ordinariat, zumindest zeitweise, "unnachsichtlich" per Nachnahme beim Absender einzuheben. Im Schematismus wies man noch zum Ende der Kreuzerzeit darauf hin, dass ein (zusammenhängender!) Kopf- und Titulaturbogen im Kanzleiformat schon ohne Beilagen in der Regel die erste Gewichtsstufe knapp überschritt und daher auf korrekte Frankierung zu achten sei.

In einem Punkt darf ich noch präzisieren: "diese Briefhüllen enthielten oft 2 oder mehr Beilagen" - reine Briefhüllen mit eingelegten Beilagen durften nicht an den Bischof oder das Ordinariat versandt werden. Es mussten immer Titulatur- und dazu ausgefüllter Kopfbogen mit genauen Angaben zum Betreff zusammen eingesandt werden. Die Vorschrift wollte ferner, dass immer nur ein Betreff pro Schreiben abgehandelt wurde, um die spätere Archivierung zu erleichtern. Verstöße gegen solche Formalien wurden durch unbearbeitete Rücksendung oder gleichfalls unbearbeitetes "zu-den Akten-legen" geahndet.

Wenn Beilagen außen auf dem Umschlag genannt waren, kamen sie im Unterbund mit. Das waren üblicherweise Berichtshefte oder Rechnungsbücher, auf jeden Fall Unterlagen, die aufgrund ihres großen Formats nicht in den Brief selbst passten.

Zur Kuratie des königlichen Zuchthauses München: Auch Strafgefangene wurden kirchlich betreut, in diesem Fall von einem exponierten Hilfspriester der Pfarrei Maria-Hilf in der Vorstadt Au. Es gab im Zuchthaus eine eigene Kirche, in der ausweislich des Schematismus 1876 (den habe ich gerade zur Hand) der Kurat Martin Bleyer Messen las, an denen die Sträflinge teilnehmen mussten, und die Beichte abnahm. Wie außerhalb der Gefängnismauern starb man hier, schwanger eingelieferte Frauen brachten Kinder zur Welt, die getauft werden mussten etc. etc. So hart der Vollzug in dieser ständig überbelegten Haftanstalt damals auch war, Ziel war immer die "Besserung" der Inhaftierten - da durfte die Begleitung durch die Kirche natürlich nicht fehlen.

Noch einmal danke für die ausgesucht schönen Briefbeispiele und viele Sammlergrüße vom
Erdinger
 
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