Thema: Sonderpost Beförderungen
filunski Am: 26.11.2018 11:23:27 Gelesen: 48399# 78@  
Missile Mail – Regulus I

Verehrte Leser,

ich hatte erst überlegt diesen Beitrag im Flugzeug-Thema zu schreiben, da aber die Sonderpostbeförderung mit diesem Fluggerät so einmalig war/ist, passt es auch gut hierher. ;-)

Eine ganz andere Art der Postbeförderung und für das hier verwendete Beförderungsmittel gar nicht vorgesehen, war das wohl einmalige Ereignis einer Missile Mail.

Hier wurde zur Herausgabe einer 9 Cent Luftpost-Ganzsachenkarte diesem Ereignis gedacht.



Bevor ich näher darauf eingehe, noch ein paar Worte dazu. Manchmal wird diese Missile Mail schon mal unter Raketenpost geführt und die gab es ja relativ häufig. Sie bleibt aber ein einmaliges Ereignis, da eine „Missile“ eben keine Rakete (rocket) darstellt. Eine Rakete ist ein ungelenkter Flugkörper, der einmal abgeschossen nicht mehr beeinflusst werden kann sondern auf seiner ballistischen Bahn fliegt bis der Treibstoff zu Ende geht oder er explodiert (Feuerwerk, militärische Verwendung). Eine Missile ist, wie die deutsche Bezeichnung schon sagt, ein Lenkflugkörper, der entweder direkt vom Boden aus gesteuert werden kann, eine bordeigene, vorprogrammierte Steuerung haben kann und/oder dessen Flugweg noch durch Radar- und Infrarotimpulse beeinflusst wird. Im Prinzip eine rein militärische Angelegenheit, bzw. in erster Linie dafür verwendet. Also eher kein „Postflieger“.

Nun aber zu unserer Missile Mail.

Diese wurde am 8.Juni 1959 von einem U-Boot der US Navy, der USS Barbero gestartet. Das Flugobjekt war ein Lenkflugkörper des Typs Regulus I. Dieser Lenkflugkörper war ein Vorläufer der heutigen Cruise Missiles und eine direkte Weiterentwicklung der deutschen V1. Die nach Kriegsende den Amerikanern in die Hände gefallenen Entwicklungsunterlagen, Flugkörper und vor allem auch die deutschen Wissenschaftler und Ingenieure trugen sehr zur Weiterentwicklung dieser Waffentechnik in den USA bei. Diesmal trug die Regulus aber statt ihrer normalen Bestückung keine Atomsprengköpfe sondern zwei Blechcontainer mit insgesamt 3000 identischen, vorgefertigten Briefen. Die sahen so aus (leider nicht aus meiner Sammlung):



Diese waren alle voradressiert an hohe Politiker, angefangen beim US Präsidenten, Senatoren, Kabinettsmitglieder, Gouverneure, Richter, auch Postdirektoren (nicht nur der USA) und an die Offiziere der Besatzung der Barbero. Das Projekt war bis zum Start geheim gehalten worden und somit konnten dazu auch keine privaten Luftpostbriefe von Sammlern aufgegeben oder eingeliefert werden.

Diese Regulus, mit einem Einziehfahrwerk ausgerüstet (wie dies bei den Testmodellen vorher schon der Fall war) landete nach einem 100 Meilen Flug und zwanzig Minuten nach dem Start, auf der US-Navy-Basis Mayport in der Nähe von Jacksonville in Florida (von dort erhielten die Briefe dann auch den Eingangsstempel):



Allen Briefen lag dieses Schreiben bei in dem der damalige Postmaster General Summerfield für diese erstmalige, präzise und schnelle Postbeförderung wirbt und sie als zukunftsweisend für schnelle Postzustellung, über weite Strecken, ja gar über Kontinente hinweg, beschreibt.



Ob dies auch so ganz ernst gemeint war, sei mal dahin gestellt. Die US Navy hatte alle ihre mit Regulus ausgestatteten Einheiten (U-Boote und Überwasserschiffe) ständig im Rahmen der damaligen Strategie der nuklearen Abschreckung, mit Atomsprengköpfen ausgerüstet, rund um die Uhr im Einsatz und nicht für „Postflüge“ frei. Es liegt viel eher die Vermutung nahe, dass dieser „Posteinsatz“ vor allem an „Beobachter“ von außerhalb ein Zeichen setzen sollte über was für präzise Lenksysteme das US Militär verfügte um auch über weite Entfernungen hinweg (eine atomar bestückte Regulus hatte damals eine Reichweite von ca. 600 nautischen Meilen, knapp 1100 km) einen Atomsprengkopf genau ins Ziel zu setzen! Das ganze blieb jedenfalls ein einmaliger Postflug mit einer Missile.

Die Originalbelege aus dem damaligen Flug tauchen, vor allem in den USA, immer wieder mal im Handel auf und werden auch zu hohen Preisen verkauft. Bei Felzmann erzielte ein solcher Beleg vor einem Jahr in einer Auktion einen Preis von 210 Euro.

Und so sieht der damalige „Postflieger“ im Original aus (Bildquelle/Foto von Alan Wilson from Stilton, Peterborough, Cambs, UK), hier auf einem in Manhattan liegenden, ausgemusterten Flugzeugträger, dem Intrepid Sea, Air & Space Museum.



Viele Grüße,
Peter
 
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