Thema: Sinnvolles Vorgehen zum Verkauf von Briefmarken
Phil Ologe Am: 31.12.2018 16:59:30 Gelesen: 11067# 8@  
Danke für die Antworten.

Die Sammlung wurde bereits von mehreren Experten begutachtet (darunter sogar ein gerichtlich vereidigter Briefmarkensachverständiger). Es wurde ein realer Wert von ca. 50.000 € ermittelt (wobei das natürlich nur ein ungefährer Richtwert ist). Zu dieser Ermittlung wurde überhaupt nur etwa 1/4 der gesamten Sammlung herangezogen, der Rest wurde mit 0 € angesetzt, obwohl auch diese Marken noch zT versteigert werden. Einen wirklich exakten realen Wert kann man auch trotz Studium diverser Auktionskataloge bzw. deren Ergebnislisten nicht ermitteln, da viele der Marken so in der Form gar nicht angeboten wurden/werden; ein Vergleich einer einzelnen gezähnten Marke im Auktionskatalog macht z.B. keinen Sinn mit einer Ausführung als geschnittenen Doppel-Marke bzw. wie wird eine geschnittene Marke bewertet, wenn kein Rand/ sehr viel Rand vorhanden ist; auch sind Marken mit ihren diversen unterschiedlichsten Plattenfehlern nicht wirklich vergleichbar etc. etc. Und dann ist es bei Auktionen oft so, dass dort meist viele Marken in einem Los angeboten werden (häufig eine tolle zusammen mit relativ viel "Mist") und man so den Wert einer einzelnen Marke kaum ermitteln kann.

Es ist schon klar, dass der reale Wert einem Liebhaberpreis entspricht, der sich im Falle einer Auktion eben nach dem gerade an diesem Tag vorherrschenden Interesse richtet.

Was mich an der Auktionsform stört, sind im wesentlichen 2 Aspekte:

a)

Es geht eine PROZENTUALE Marge an den Auktionator.

Geht man von einem Versteigerungserlös von 50.000 € aus, wären das ca. 20.000 € Provision für den Auktionator (von der ich etwa die Hälfte zahlen müsste). (Natürlich ist das nicht sein Reingewinn, sondern sein eigener Umsatz, von dem er noch Kosten zu bestreiten hat) Für diese Summe müssen viele Leute in Deutschland ein ganzes Jahr hart arbeiten. Der springende Punkt ist: Der (zeitliche, finanzielle) Aufwand für den Auktionator ist derselbe, egal für welchen Preis die Marken versteigert werden. Würden jetzt die von Markus Pichl angeführten üblichen Marken im Wert von 10.000 € versteigert werden, dann bekäme der Auktionator insgesamt rund 4.000 € an Provision, was ich für seinen Aufwand auch in etwa gerechtfertigt/vertretbar halte; Dass bei so einer Auktion für den Auktionator ein ERHEBLICHER Aufwand anfällt, ist mir klar, aber 20.000 € sind dafür DEFINITIV zu viel (auch nach Abzug von Saalmiete, Mitarbeitergehältern, Katalogerstellung etc.) !

Wenn jemand von einem Klemptner sein Bad sanieren lässt, bekommt der Klemptner einen Stundensatz von sagen wir 60 €, und dies unabhängig davon, ob er dies in einer 10-Millionen-Villa mit Goldleitungen oder einer Bruchbude mit verrosteten Leitungen macht.

b)

Die von Auktionshäusern ausgerufenen Mindestgebotspreise sind meist relativ niedrig und eher unter dem "realen Wert" (was auch immer das genau ist). Der Hintergrund davon ist, dass die Auktionshäuser die Wahrscheinlichkeit hoch halten wollen, dass die Marken auch tatsächlich versteigert werden, denn nur so bekommen sie die Provision. Und die sagen sich; besser der Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach. Also konkret ist deren Denke vielfach: Lieber wird die Marke zu 10% vom Michel-Wert versteigert, als dass ich mit einem Mindestgebotspreis von 30% das Risiko eingehe, dass ich keine Provision bekomme und meine Arbeit umsonst war.

Das Problem ist, dass bei der Preisfestlegung der Auktionator die Untergrenze bestimmt. Man kann zwar dann als Einlieferer die Versteigerung ablehnen, wenn einem die Untergrenze zu niedrig ist, aber man kann eben NICHT einen höheren Mindestgebotspreis bestimmen. Oft läuft es ja so, dass der Auktionator dem Einlieferer einen ungefähren Verkaufserlös in Aussicht stellt, der tatsächlich erzielte Preis dann aber weit unter diesem wert bleibt. Ich kenne davon mehrere Fälle von Bekannten bzw. hatte auch in dem Forum hier einen solchen Fall gelesen.

Ich hätte z.B. keine Probleme damit eine Marke 3-4 mal bei verschiedenen Auktionen anzubieten (zunächst mit einem etwas höheren Preis), um mal zu sehen, was möglich ist und dann allmählich den Preis senken; ich stehe mit dem Verkauf unter keinem Zeitdruck.

So funktionieren vom Grundprinzip ja auch Immobilienverkäufe. Da wird erstmal ein recht hoher Preis ausgerufen, man beobachtet die Marktreaktion und wenn sich zu dem Preis kein Käufer findet, wird der Preis allmählich gesenkt bis sich eben ein Käufer findet. Genau das scheint aber über Auktionshäuser nicht möglich zu sein. Die scheinen mir in der Regel eher am schnellen Umsatz interessiert zu sein, als in einem längerwierigen Verfahren für den Verkäufer einen ordentlichen Preis herauszuholen (und damit auch für sich eine höhere Provision). Aber das wird anscheinend wegen des zusätzlichen Aufwandes wiederum abgelehnt von den Auktionshäusern.

Gerade weil es sich nämlich zT um einige Abarten der normalen Katalogware handelt, für die so in der Form gar kein richtiger Markt existiert und diese Marken - wie von Cantus beschrieben - zT über Katalogwert gehandelt werden (bzw. bei einigen Marken wird auch überhaupt kein Katalogwert angegeben), habe ich die Befürchtung, dass manche Marken bei einer Auktion eher unter Wert versteigert werden, wenn der Mindestgebotspreis zu niedrig angesetzt wird und es an dem konkreten Versteigerungstag nur einen Interessenten gibt, der dann mit einem Abstauberlimit zum Zug kommt. Es kann ja z.B. sein, dass es für bestimmte Marken sehr viele Interessenten gibt, nun liegt aber der eine am Versteigerungstag grade mit einer Lüngenentzündung im Krankenhaus, der nächste hat sich den Fuss verstaucht und kann auch nicht kommen und wie diese beiden hätte auch noch ein Dritter immenses Interesse, hat aber grade kein Geld, weil er seiner Tochter ein Auto mitfinanzierte etc und dann blieb nur noch ein echter Interessent bei der Versteigerung übrig, der billig zum Zug kam.

Also was ich sage: Der an einem Tag bei einer Auktion konkret erzielte Preis ist nicht gleich dem Marktpreis. Der müsste eben in einem zeitlich längerwierigen Verfahren ermittelt werden, was aber Auktionshäuser anscheinend nicht machen.

Was auch noch hinzukommt:

Mir wurde von mehreren Auktionshäusern gesagt, dass zu bestimmten Marken aktuelle Expertengutachten benötigt würden. Sonst würde angeblich keiner kaufen. Es liegen zwar aktuell zu einigen Marken solche Gutachten vor, allerdings sind die schon älter. Also da müssten dann nochmal Tausend € oder gar mehr für solche Gutachten/Zertifikate ausgegeben werden.

Wenn ich jetzt - wie auch immer - an einen wirklich kompetenten Käufer geraten würde, bräuchte man doch diese Gutachten gar nicht, derjenige müsste dann doch selber erkennen, ob es sich um eine Fälschung handelt oder nicht.

Wobei diese Gutachter einem natürlich am besten einen Wert nennen können sollten, der relativ nah an der Wahrheit dran ist. Von dieser Sichtweise würde es sich vielleicht doch lohnen, jetzt nochmal einen Gutachter einzuschalten.

Ich möchte die Sammlung schon verkaufen. Ich selber sammele Marken mit einem bestimmten Motiv, in aller Regel sind dies jedoch völlige Massenwaren und passen nicht zu der zugrunde liegenden Sammlung.

Mir geht es zunächst gar nicht mal darum, den Wert möglichst präzise einzuschätzen, sondern primär mal eine sinnvolle Verkaufsform zu ermitteln.
Den genannten Argumenten pro Auktionshaus stimme ich zu. Allerdings werde ich eben schon nachdenklich, wenn ich die bei einer teureren Sammlung aus meiner Sicht überhöhten Provisionen gegenüberstelle.

Ich habe im Moment keinen Scanner zur Verfügung, wo ich Marken einscannen kann. Es handelt sich bei der Sammlung um verschiedene Sammelgebiete. Es gibt nicht DIE Spitzenmarke darunter, aber schon etliche, die Preise im oberen 3-stelligen Bereich - wenn nicht sogar- unteren 4-stelligen Bereich bringen sollten. Deutsche Marken sind jedoch nur wenige dabei (ein paar Specimen aus dem 3. Reich). Dafür sehr viele israelische. Was ich z.B. auch nicht beurteilen kann, ob das Sammlerinteresse für solche ausländische Marken wie aus Israel eher in dem Land selber oder in Ländern wie Deutschland höher ist bzw. wo eine Auktion/Verkauf dafür sinnvoll ist ? Ich werde auch mit ziemlicher Sicherheit nicht alles über denselben Verkaufs-/Auktionskanal laufen lassen, sondern das Ganze splitten.

Interessieren tut mich auch noch, wie das mit der steuerlichen Behandlung aussieht, wenn man viele Marken auf ebay verkauft. Ich hatte gehört, dass man mitunter als Gewerbetreibender eingestuft wird und dann eben Steuern bezahlen muss. Stimmt das ?

Was ich an ebay im Vergleich zu den Auktionshäusern interessant finde: Zum einen kann man dort den Mindestgebotspreis selbst festlegen, zum anderen kann man auch die Marke zu einem Festpreis über einen langen Zeitraum anbieten; so könnte man sich dem tatsächlichen Marktpreis eben ganz gut nähern. Nur frage ich mich, ob der Kundenkreis der Auktionshäuser auch auf ebay aktiv ist, viele Sammler sind ja über 80 und der modernen Technik nicht so zugewandt.
 
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