Thema: Sinnvolles Vorgehen zum Verkauf von Briefmarken
Markus Pichl Am: 31.12.2018 19:13:45 Gelesen: 10887# 10@  
@ Phil Ologe [#8]

Mir geht es zunächst gar nicht mal darum, den Wert möglichst präzise einzuschätzen, sondern primär mal eine sinnvolle Verkaufsform zu ermitteln.

Das hängt von dem jeweiligen Objekt ab und kann nicht pauschal beantwortet werden.

Es müssen dann aber schon ganz schön viele Marken mit einem drei- bis unteren vierstelligen Handelswert vorhanden sein, dass ein zur Zeit im Raum stehender Schätzwert von Euro 50.000.- zusammenkommt. Eine derartige Sammlung macht einem Auktionshaus viel Arbeit und ist nicht an einem Tag bearbeitet, wenn viele Marken einzeln in den Auktionskatalog aufgenommen werden sollen. Mit der Aufnahme bzw. Beschreibung durch einen Philatelisten ist es dann noch nicht getan und die Marken müssen von der Graphikabteilung für die Print- und Online-Version des Auktionskataloges fotografiert oder eingescannt werden usw. usf.

Das Problem ist, dass bei der Preisfestlegung der Auktionator die Untergrenze bestimmt. Man kann zwar dann als Einlieferer die Versteigerung ablehnen, wenn einem die Untergrenze zu niedrig ist, aber man kann eben NICHT einen höheren Mindestgebotspreis bestimmen.

Das ist so nicht richtig. Der Einlieferer erhält von guten Auktionshäusern vor Druck des Auktionskataloges eine Aufstellung, mit der Beschreibung und dem Ausrufpreis der für die Auktion aufgenommenen Positionen. Selbstverständlich kann hier der Einlieferer noch auf einzelne Ausrufpreise einwirken, was aber eigentlich, wenn überhaupt, nur Sinn bei sehr hochwertigen Raritäten macht und nicht bei gängiger, ständig nachrückender Standardware.

In der Regel wird bei Abschluß des Versteigerungsauftrages ein voraussichtlicher Ausrufpreis für das gesamte Objekt, dieser ggf. in einer gesonderten Liste nach einzelnen Positionen aufgesplittet (besondere Einzelstücke, Länder- und Motivsammmlungen usw. usf.), festgehalten. Wird das Objekt in mehrere Teile, dies können verschiedene Einzellose, als auch verschiedene Sammellose sein, die bei Bearbeitung entstehen, für die Auktion aufgenommen, so weiß das Auktionshaus diese dann schon marktgerecht anzusetzen, damit der in Aussicht gestellte Ausrufwert zustande kommt und wie gesagt, der Einlieferer wird im Vorfeld, vor Druck des Auktionskataloges, über eine Aufstellung informiert. Durchaus kann es dann immer noch zu überraschenden Steigerungen bei einzelnen Positionen kommen, die dann beiden Seiten zu Gute kommen. Ein voraussichtlicher Ausrufpreis kann sich aber auch durch negative Überraschungen bei Prüfung wieder reduzieren, wenn sich beispielsweise im Vorfeld als unverfälscht eingeschätzte Stücke bei Prüfung als verfälscht erweisen oder Altattestierungen den heutigen philatelistischen Erkenntnissen nicht mehr standhalten.

Mir wurde von mehreren Auktionshäusern gesagt, dass zu bestimmten Marken aktuelle Expertengutachten benötigt würden. Sonst würde angeblich keiner kaufen. Es liegen zwar aktuell zu einigen Marken solche Gutachten vor, allerdings sind die schon älter. Also da müssten dann nochmal Tausend € oder gar mehr für solche Gutachten/Zertifikate ausgegeben werden.

Ein seriöses Auktionshaus wird für fälschungsgefährdete und hochwertige Briefmarken, die als Einzellos angeboten werden sollen, Prüfungen bei Dritten einholen. Hier geht das Auktionshaus für die entstehenden Kosten in Auslage, welche mit Auktionsabrechnung für den Einlieferer nachvollziehbar 1:1 in Abzug gebracht werden. Die Philatelie ist zu komplex, als das einer alleine alle Marken dieser Welt nach Echtheit und Qualität einschätzen könnte, daher bedarf es dieser Prüfungen. Es ergibt für den Einlieferer, als auch für das Auktionshaus keinen Sinn, eine fälschungsgefährdete Marke ungeprüft als Einzellos anzubieten. Sieht das Auktionshaus einen Sinn, dass eine in Frage kommende Marke zur Prüfung gesendet werden sollte, dann wird es eine solche Prüfung veranlassen.

Wobei diese Gutachter einem natürlich am besten einen Wert nennen können sollten, der relativ nah an der Wahrheit dran ist. Von dieser Sichtweise würde es sich vielleicht doch lohnen, jetzt nochmal einen Gutachter einzuschalten.

Ein Prüfer, der die Echtheit und die Qualität beurteilt und eine Expertise hierzu erstellt, legt keinen Handelswert fest. Das ist nicht seine Aufgabe. Gewisse Marken erhalten aber erst durch Prüfung einen Handelswert, den der Auktionator zusammen mit dem Einlieferer festlegt (siehe vorher).

Wenn ich jetzt - wie auch immer - an einen wirklich kompetenten Käufer geraten würde, bräuchte man doch diese Gutachten gar nicht, derjenige müsste dann doch selber erkennen, ob es sich um eine Fälschung handelt oder nicht.

Wenn der Käufer dies könnte, dann wäre er Prüfer oder müsste zumindest gleiches Wissen aufbringen können. Die meisten Interessenten überschätzen aber das eigene Wissen. Ein Prüfer haftet in der Regel für seine Expertisen und hält somit dem Einlieferer, als auch dem Auktionator, den Rücken diesbezüglich frei. Alleine aus diesem Grund, lohnt sich eine Prüfung. Was Dir bei Verkauf über ebay blühen kann, in Bezug einer Erfüllungspflicht, hat ja Eckhard schon in seinem Beitrag angedeutet.

Der an einem Tag bei einer Auktion konkret erzielte Preis ist nicht gleich dem Marktpreis.

Auch dies kann man so nicht ausdrücken und selbstverständlich kann einem auch der Himmel auf den Kopf fallen. Durchaus gab es schon Auktionsergebnisse, die bei einer späteren Verauktionierung selbigen Stückes nicht mehr erzielt werden konnten. Manchmal haben sogar schon zehntausende von Euros zwischen einst und zuletzt erzieltem Zuschlagpreis gelegen.

Ein Auktionshaus, mit hoher Katalogauflage und zusätzlich einer Online verfügbaren Katalogversion, erhält auf die den Markt interessierenden Stücke aus vielerlei Quellen Gebote. Nicht jeder Interessent kommt in den Auktionssaal gerannt, um mitzusteigern. Gebote können auch schriftlich (Gebotsformular, email, ggf. über Philasearch usw. usf.) beim Auktionshaus eingereicht werden und manche Interessenten beauftragen einen der am Markt tätigen Agenten/Agentinnen. Bei manchen Auktionshäusern kann man sogar Online live mitbieten oder auch telefonisch. Ein guter Marktpreis kommt dann zustande, wenn die angebotene Marke das Interesse von mehreren Bietern weckt und der Preis reizvoll angesetzt ist. Ein gutes Auktionshaus hat selbstverständlich Erfahrungswerte, kann die Marktlage einschätzen und auch, ob der Ausrufpreis ggf. steigerungsfähig ist oder sich eher kein Interessent findet, vor allem wenn der Preis überreizt ist. Ist der Preis für ein interessantes Stück überreizt angesetzt und es findet sich kein Käufer, dann ist das Stück quasi verbrannte Asche.

Wenn jemand von einem Klemptner sein Bad sanieren lässt, bekommt der Klemptner einen Stundensatz von sagen wir 60 €, und dies unabhängig davon, ob er dies in einer 10-Millionen-Villa mit Goldleitungen oder einer Bruchbude mit verrosteten Leitungen macht.

Das ist jetzt nun wirklich Äpfel mit Birnen verglichen. Ein guter freiberuflicher Philatelist, der beispielsweise mit hervorragenden Kenntnissen eine hochkarätige Altdeuschland-Sammlung für ein Auktionshaus bearbeitet, kostet Auktionatoren schon bis zu Euro 80.- zzgl. MWSt. die Stunde. Spezialisten kosten Geld, werden dann eingesetzt, wenn es das Objekt hergibt und sich dies dann auch für Einlieferer und den Auktionator lohnt. Die Rechnung des Spezialisten, trägt dabei in einem solchen Fall das Auktionshaus. Mir braucht man z.B. keine postgeschichtliche hochkarätige Palästina-Sammlung vorlegen, ich würde glatt mit den Achseln zucken, wenn es außerhalb meiner Spezialgebiete über die Standardsachen hinaus geht.

So wie Du aber dem Klemptner Deines Vertrauens beautragst, solltest Du ganz einfach den Auktionator Deines Vertrauens beauftragen und diesen seine Arbeit machen lassen. Dabei den Marktrealitäten ins Gesicht sehen und Dich auch von den Ängsten befreien, Deine Marken würden bei Auktion alle verschenkt werden. Irgendwie muß man auch hergeben können und nicht noch dem letzten Euro nachjagen.

Alternativ kannst Du Dich natürlich selbst mit einer jeder einzelnen Marke die nächsten Jahre beschäftigen und Preise hierfür recherchieren, als auch für bestimmte Stücke den potentiellen Kunden nachjagen bzw. diese aufspüren. Ob es gelingt, mag ich bezweifeln und bewerte dann doch einmal selbst eine jede Deiner aufgebrachten Stunden (zzgl. diversen ebay-Einstellungsgebühren und ebay-Provision), die Du mit dem Objekt verbringst, mit einem Satz von wenigstens Euro 60.- die Stunde. Je nach Umfang und Deinen eigenen Kenntnissen, können dann hunderte von Stunden zeitaufwand für Dich entstehen. Dann ist es wahrscheinlich doch preiswerter, einen Auktionator mit der Versteigerung zu beauftragen bevor Du vielleicht noch vor lauter Zeitaufwand ein theoretisches Minusgeschäft mit der geerbten Sammlung machst.

Beste Grüße und einen guten Rutsch in das Neue Jahr
Markus
 
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