Thema: (?) (50/52) Deutsches Reich Hufeisenstempel
Postgeschichte Am: 28.09.2009 23:06:11 Gelesen: 71363# 21@  
@ Sammelfreak [#10]

Hallo Martin,

ja, es gab eine Verfügung, welche die Abstempelung von Ganzsachen neben dem Wertstempel vorschrieb. Da man der Auffassung war, daß eine beschriebene Ganzsache alleine durch das Beschreiben entwertet wurde, wurde angeordnet, den Tagesstempel neben oder unter dem Wertstempel anzubringen. Die Verwendung von Ganzsachenausschnitten war zu dieser Zeit verboten. Damit auch die Philaseiten-Mitglieder die angesprochene Verfügung nutzen können, welche die Orginalschrift nicht lesen können, habe ich die Verfügungen abgeschrieben.

General-Verfügungen des General-Postamts:

Nr. 46 Bedruckung der Postkarten mit dem Aufgabestempel
Berlin, den 26. Februar 1874

Aus den Kreisen des Publicums ist darüber Klage geführt worden, daß bei den Postkarten der auf das Werthzeichen zu setzende Abdruck des Aufgabestempels oft nicht deutlich genug ausfalle. Mit Rücksicht darauf, daß die Entwerthung der gestempelten Postkarten schon durch das Beschreiben derselben bei der Benutzung seitens der Correspondenten erfolgt, wird zur thunlichsten Vermeidung jenes Uebelstandes hiermit nachgegeben, daß bei den mit einem Froncostempel versehenen Postkarten der Aufgabestempel nicht auf das Postwerthzeichen, sondern unmittelbar links davon oder unterhalb desselben abgedruckt werde. Die Benutzung der Stelle unterhalb des Postwerthzeichens für den Stempelabedruck ist indeß nur dann gestattet, wenn dadurch nicht zugleich die Adresse theilweise mitüberdruckt wird; unter allen Umständen ist darauf zu halten, daß die Adresse klar bleibe und die Leserlichkeit in keiner Weise geeinträchtigt werde.

Bei Postkarten älterer Art, die nicht mit einem Francostempel versehen sind, bei denen vielmehr das Francoporto durch aufgegklebte Postfreimarken entrichtet ist, muß der Abdruck des Aufgabestempels nach wie vor das Postwertzeichen treffen.

Die beim Stempelgeschäfte verwendeten Unterbeamten sind hiernach zu instruieren.
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Dieses Verfahren währte gut ein Jahr. Nach Einführung der neuen Postkarten mit der Wertziffer im Oval und Währungsbezeichnung "PFENNIGE" am 1. Januar 1975 begann ein Umdenkungsprozeß, der in der Rücknahme der Verfügung vom 28.2.1874 endete:

General-Verfügungen des General-Postamts

Nr. 55. Bedruckung der Postkarten mit dem Aufgabestempel Berlin, den 12. März 1875

Mit Rücksicht auf die getroffene Aenderung in der Farbe der Postwerthzeichen auf den gestempelten Postkarten wird bestimmt, daß bei diesen neuen Postkarten der Abdruck des Aufgabestempels wieder auf dem Francostempel, zugleich zur Entwerthung desselben, zu bewirken ist.

Die General-Verfügung Nr. 46 vom 26. Februar 1874 (Amtsblatt der Deutschen Reichs-Postverwaltung Nr. 17), durch welche nachgegeben worden ist, daß bei den mit einem Francostempel versehenen Postkarten der Aufgabestempel nicht auf das Postwerthzeichen, sondern daneben oder darunter abgedruckt werde, tritt bezüglich der mit Francostempeln in violetter Farbe versehenen Postkarten außer Kraft.
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Die Wertstempel der Ganzsachen waren fortan wieder mit dem Tages- oder Coursstempel zu bedrucken. Der Zeitraum, in dem die Abstempelung der Ganzsachen mit dem Aufgabestempel neben dem Wertstempel anzubringen war, kann man danach vom 26.2.1874 bis 12.3.1875 eingrenzen. In Einzelfällen dürfte es aber auch nach diesem Zeitraum noch solche Abstempelungen gegeben haben (Nichtbeachtung der Vorschrift). Die Stempelpraxis kann bezogen auf die Verfügungen nur auf den Ganzsachen P1 bis P4, ggf. auch bis P6 vorkommen. Bei anderen Ganzsachen wäre die Abstempelung neben dem Wertstempel zufällig. Als Abstempelungen kommen außer den oben gezeigten Hufeisenstempeln, gewöhnliche Tagesstempel und Bahnpoststempel in Betracht.

Mit Sammlergruß
Manfred
 
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