Thema: Schweiz: Frankaturen mit postalischen Antiquitäten
Heinz 7 Am: 01.02.2019 10:27:19 Gelesen: 12868# 5@  
@ merkuria [#1]

Lieber Jacques,

ich gratuliere zur Eröffnung dieses schönen Themas. Da gibt es wahrlich viel Interessantes zu sehen!

@ briefmarkenwirbler24 [#4]

Kevin, Du hast recht. Beide Briefe wurden von der Schweizer Post falsch behandelt. Der erste Brief ist immerhin teilweise gültig frankiert (CHF 2.00), das war vermutlich schon "mehr als genug", darum wären die 60 Rappen Pro Patria/Pro Juventute gar nicht nötig gewesen (=> hätten aber nicht abgestempelt werden dürfen - es ist ein Handstempel!). Der zweite Brief war völlig ungültig frankiert und hätte zu einer Nachtaxierung führen müssen.

Es ist interessant, wie solche ungültig frankierte Post im Laufe der Jahrzehnte verarbeitet wurde! Das wäre wirklich auch eine genauere Studie wert. "Gefühlsmässig" würde ich einmal folgende Behauptung aufstellen:

Im XX. Jahrhundert (das ist nun doch schon eine Weile her) sortierte die CH-Post frankatur-ungültige Marken noch recht zuverlässig aus. Das sehen wir an Tausenden von nachtaxierten Briefen. Wenn ein Absender früher solche Marken verklebte, machte er sich sehr unbeliebt, weil der Empfänger das Strafporto zahlen musste.

In den letzten Jahren aber ist die Verarbeitungsgenauigkeit bei der Post dramatisch gefallen, zu ihrem eigenen Schaden. Heute wird Post in der Schweiz unbeanstandet transportiert, vermutlich interessiert sich kaum ein Mensch mehr um die Frage, ob eine Sendung korrekt frankiert ist. Das ist aber auch nicht weiter erstaunlich, denn heute wissen selbst Poststellenleiter ja oft kaum mehr, was eine Briefmarke ist (zugegeben, das ist jetzt etwas polemisch, und - bitte! - wirklich nicht böse gemeint/augenzwinkernd). Ein Poststellenleiter oder -angestellter ist heute ja eher Coach eines Gemischtwaren-Ladens, der Kioskartikel und Lose verkaufen muss und nebenbei noch Versicherungen abschliessen sollte und anderen Unfug mehr erledigen muss, aber das ist ein anderes Thema.

(jetzt bin ich hoffentlich nicht in ein Wespennest getreten).

Bestimmt wird der Frankaturdisziplin heute weniger Beachtung geschenkt, als früher. Dabei sind die neuen Briefsortieranlagen bestens ausgerüstet und können dank der Digitalisierung ungültige Briefmarken mehr oder weniger problemlos aussortieren. Letztlich geschieht dies aber offenbar (trotz der Möglichkeit) nur selten, und so erreichen sehr viele unzulässig frankierte Briefe heute ihren Empfänger ohne jede Beanstandung.

Früher waren selbst die Brief-Austräger philatelistisch hellwach und meldeten der Poststelle, wenn ein Brief ungültig frankiert war. Es gab viele Pöstler, die kontrollierten jeden Brief mit Adleraugen, bevor sie ihn ablieferten! Heute darf man froh sein, wenn der Brief-Austräger den Weg zum Briefkasten noch findet und die Post zuverlässig verteilen kann. Briefmarkenkenntnisse hat heute von ihnen praktisch keiner mehr, das muss wohl nüchtern so konstatiert werden.

Ich wage einmal die Behauptung, dass heute von 100 unzulässig frankierten Briefen ca. 70 unbeanstandet durchschlüpfen. 1980 lag diese Quote vielleicht bei 5 %, eher noch tiefer. Bei vielen Gemeinden lag sie praktisch bei Null!

Aber, wie gesagt, das sind keine wissenschaftlich untermauerten Zahlen, sondern nur meine persönlichen Erfahrungszahlen.

Heinz
 
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