Thema: Neues von der BDPh Strukturkommission
Richard Am: 08.02.2019 09:49:56 Gelesen: 30132# 102@  
Prof. Dr. Erhard Mörschel, Vorsitzender des Verbandes der Philatelisten-Vereine Hessen, Rhein-Main-Nahe e.V. schreibt in der Mitgliederzeitschrift des Landesverbandes:

Ein Gespenst ging um: Der Satzungsentwurf der BDPh-Satzungs- und Strukturkommission, der erstmalig in der Herbstsitzung des Verwaltungsrates 2018 präsentiert wurde. Gottlob sind Gespenster nicht real, und von dem Satzungsentwurf wird man hoffentlich sagen können, dass er nicht Wirklichkeit wird. Es hat wohl ein Umdenken eingesetzt.

Auch nach diesen negativen Worten möchte ich den Mitgliedern der Satzungskommission meinen Dank aussprechen; sie haben ehrenamtlich ihre Zeit geopfert. Ihre Analyse des „IstZustandes" der deutschen Philatelie ist richtig, unsere Mitgliederzahl schrumpft, Vereine suchen Vorstandsmitglieder und sterben, wenn niemand sich für sein Hobby engagieren will! Die Folgerungen, die jedoch aus diesen Fakten gezogen wurden, halten wir derzeit für falsch und kontraproduktiv. Die vorgeschlagene Satzung würde den BDPh nicht stärken, sondern geradezu zerlegen!

Die Vorgänge zur HV in Wittenberg und die darauffolgende Wahl der Mitglieder der neuen Satzungskommission habe ich mit Misstrauen begleitet, denn Auswahl und Meinung der Satzungsmitglieder prägen die Satzung.

Nun zu den Kernpunkten des Satzungsentwurfes: Der Entwurf sieht einen Zentralverband vor. Mitglieder dieses BDPh-Zentralverbandes sind natürliche Personen, also Direktmitglieder. Das Bundesgebiet wird in 5 Regionen aufgeteilt, die Regionalvertreter entsenden. Vereine und Verbände können in diesem BDPh außerordentliche Mitglieder werden, also Mitglieder ohne irgendwelche Rechte, insbesondere Stimmrecht und ohne Pflichten. Sie werden zu Statisten auf philatelistischer Bühne degradiert.

Was bedeutet das? Das föderale System, das in der Politik und in unserem Verbandsleben Demokratie und Mitbestimmung (wenn auch aus gutem Grund nicht immer direkt) gewährleistet, wird zerschlagen; regionale und lokale (philatelistische) Kompetenz wird unter den Teppich gekehrt, denn Vereine und Verbände haben keine Stimme mehr im BDPh; sie haben nichts mehr zu sagen, obwohl sie die Basis der organisierten Philatelie sind!

Wer wirbt bisher Mitglieder für den BDPh? Wer organisiert bisher lokale, regionale Veranstaltungen und Ausstellungen im und für den BDPh? Wer führt Bibliotheken, Vereine und Verbände? Anonyme Regionalvertreter werden dies nicht schaffen, wenn kein Verein und Verband dahinter steht.

Das Schlimmste ist, dass der BDPh die Mitglieder - die ja Vereinsmitglieder sind - nicht einfach übernehmen kann. Er muss jedes, aber auch jedes Mitglied neu für sich werben! Für die Philatelisten stellt sich dann die Frage: Bleibe ich Mitglied in meinem Verein, kündige ich und werde Mitglied im BDPh oder in beiden, im BDPh und im Verein und bezahle dann zwei Mitgliedsbeiträge? Der BDPh, der ja bisher die Vereine und Verbände in übergeordneten Aufgaben unterstützen soll - dazu wurde er gegründet - träte nun zu den Vereinen in Konkurrenz um Mitglieder.

Ich fürchte, dass bei diesem Prozess der BDPh weit unter 10.000 Mitglieder schrumpfen und seine bisherige Leistungsfähigkeit und Attraktivität verlieren würde. Darüber hinaus müsste der BDPh ein eigenes Mitglieder- und Beitragsmanagement aufbauen, das mit beträchtlichen Personalmehrkosten verbunden wäre. Bisher erledigen Vereine und Verbände ganz überwiegend diese Inkassoaufgaben ehrenamtlich. So würden, auch nach früheren Kalkulationen des Verwaltungsrates die jährlichen BDPh Beiträge auf 50 - 100 € steigen müssen.

Bei dieser Beitragshöhe wäre der BDPh nur für die „Elite" der Sammler eine Option; wollen wir dies?

Es ist richtig, dass unser Vereinsleben in vielen Fällen kränkelt, wie dies die Satzungskommission gesehen hat. Die Anforderungen im Beruf sind gestiegen, wie auch die Fluktuation und die Mobilität; es bleibt wenig Zeit für Hobbys und soziales Engagement. Die Attraktivität unseres Hobbys ist durch die Ausgabeflut und Auflagenhöhe der Marken nachhaltig geschädigt. Die eher trockene Philatelie, die Kontinuität, Ausdauer und Wissen verlangt, steht auch in Konkurrenz zu vielfältigen anderen attraktiven Freizeitgestaltungen, die nicht so hohe Anforderungen stellen. Für zwei Abgänge gewinnen wir seit Jahren in der Regel nur ein Neumitglied. Auf Grund dieser Schwierigkeiten, die auch andere Vereine, wie Gesangvereine oder Fußballvereine, erfahren, ist es falsch, sich aus der Fläche zurückzuziehen und die Vereine förmlich aufzugeben! Einmal aufgegebene Positionen sind bekanntermaßen verloren! Die Mitglieder sind meist zu alt, um sich neu zu orientieren; sie würden keine Mitglieder des BDPh werden.

Natürlich gibt es heute in der digitalen Welt viele Möglichkeiten, sich als Sammler, als Direktmitglied zu informieren; wir sollten sie nutzen. Diese Möglichkeiten ersetzen jedoch nicht die persönliche Begegnung in Vereinen und die persönliche Ansprache potentieller Mitglieder, die gute alte Mundpropaganda, die wohl effektivste Form der Mitgliederwerbung - und dies geschieht vor Ort durch unsere Vereinsmitglieder. Will der BDPh dies in Frage stellen?

Es gibt jedoch auch weitere Argumente, die gegen einen Zentralverband mit Direktmitgliedern sprechen. Es ist die Korrekturfähigkeit bei Fehlentwicklungen im Verband. Ein gutes Beispiel haben wir in den letzten Jahren erlebt. Die Philatelie würde zudem ihre Ansprechpartner verlieren. Unsere Vereine sind vor Ort in ein politisches und soziales Netzwerk eingebunden, dass ihnen große Vorteile bringt. Würde ein Zentralverband ohne den Rückhalt von Vereinen oder ortsferne Regionalvertreter Veranstaltungen vor Ort realisieren können? Würden sie kostenfreie Veranstaltungsräume bekommen oder Zuschüsse? Würden sie vor Ort Unterstützer und Helfer für ihre Vorhaben ansprechen können? Würden sie vor Ort Mitglieder werben können? Das Gleiche gilt für Verbände; sie sind die überregionalen Ansprechpartner der Kulturträger und Politiker in den Bundesländern.

Aus all diesen Gründen bevorzugen wir die traditionelle Struktur des BDPh und wünschen, dass er unser leistungsfähiger und solider Mutterverband bleibt und unseren Verband und unsere Vereine tatkräftig unterstützen kann.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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