Thema: Definition der neuen Bund-Automatenmarken im Pilotversuch ab Dezember 2018
GR Am: 14.02.2019 11:59:24 Gelesen: 25455# 102@  
Ich versuche gerne etwas Struktur in die Diskussion zu bringen, damit alle hier auf der Grundlage der gleichen Fakten argumentieren können.

Das Bundesministerium für Post und Telekommunikation wurde 1949 unter der Bezeichnung Bundesministerium für Angelegenheiten des Fernmeldewesens errichtet und am 1. April 1950 in Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen umbenannt. Es wurde in der Folge meist kurz als Bundespostministerium bezeichnet; postintern war allgemein die Abkürzung BPM üblich. Der Sitz des Ministeriums war von 1954 bis 1988 im Gebäude des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen in Bonn untergebracht, bevor es einen Neubau bezog. 1989 erfolgte im Rahmen der ersten Stufe der Postreform die Umbenennung in Bundesministerium für Post und Telekommunikation (kurz BMPT). Als Folge der Privatisierung von Post- und Fernmeldewesen wurde es zum 31. Dezember 1997 aufgelöst. (Zitiert nach : https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bundesministerium_f%C3%BCr_Post_und_Telekommunikation&oldid=184887349 ).

Bis dahin war "die Post" eine staatliche Behörde und damit Teil der öffentlichen Verwaltung. Im Zuge der Auflösung des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation (BGBl. I vom 20. Januar 1998 Seite 68) erfolgte dann die Überleitung der Aufgaben der Postbeförderung auf die "Deutsche Post AG", einer juristischen Person des Privatrechts nach dem Aktiengesetz (AktG). Die Befugnis zur Herausgabe von Briefmarken mit der Aufschrift "Deutschland" wurde auf das Bundesministerium der Finanzen übertragen, blieb also in der Hand einer Bundesbehörde.

Die entsprechende Regelung in §43 PostG habe ich schon gepostet im Beitrag 55:

"§ 43 Postwertzeichen

(1) Die Befugnis, Postwertzeichen mit dem Aufdruck "Deutschland" auszugeben und für ungültig zu erklären, ist dem Bundesministerium der Finanzen vorbehalten. Die bildliche Wiedergabe solcher Postwertzeichen ist unzulässig, wenn sie geeignet ist, Verwechslungen mit dem wiedergegebenen Postwertzeichen hervorzurufen.

(2) Die Vervielfältigung und Verwendung der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Postwertzeichen zur Abgeltung von Postdienstleistungen bedarf dessen Erlaubnis. Für die Entscheidung über die Erlaubnis erhebt das Bundesministerium der Finanzen von den Anbietern von Postdienstleistungen Gebühren und Auslagen. Es werden auch dann Gebühren und Auslagen erhoben, wenn ein Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach Beginn der sachlichen Bearbeitung, jedoch vor deren Beendigung zurückgenommen wird. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Höhe der Gebühr zu regeln."

Der Begriff "Postwertzeichen" stammt sicher aus der Zeit vor Gründung der "Deutsche Post AG", also aus der Zeit, als die "Deutsche Post" und die "Deutsche Bundespost" als Behörden existierten und die Beförderung von Post durch eine Reichs- bzw. Bundesbehörde erfolgte.

Auch nach der Gründung der "Deutsche Post AG" verblieb die alleinige Befugnis "Postwertzeichen mit der Aufschrift Deutschland" herauszugeben und einzuziehen, bei einer Behörde, nämlich dem Bundesministerium der Finanzen. Auch hier kann man den Umkehrschluss ziehen, dass alle anderen Nachweise für den Versand von Briefen oder Paketen durch privatrechtlich organisierte Post-Dienstleistungsbetriebe keine Postwertzeichen im Sinne von § 43 PostG sein können. Der Begriff "Postwertzeichen" stammt zudem aus einer Zeit, als es neben der amtlichen "Deutsche Post" bzw. der "Bundespost" keine privaten Post-Dienstleister gab.

Markus Pichl hat mich zudem auf folgende Quelle aufmerksam gemacht, die amtlichen Ursprungs ist, nämlich den "Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen" vom 21.10.2016, der hier nachzulesen ist:

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2016/10/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-4-Briefmarken-Zeitenspiegel-Wohltaeter-Kunstwerke.html;jsessionid=7F531FFF13FC8460C2093F7E12872E25#doc100488bodyText7

Dort heisst es ua:

"2.1 Zuständigkeit

Das BMF ist gemäß § 43 Absatz 1 des Postgesetzes Herausgeber der Postwertzeichen mit dem Aufdruck „Deutschland“. Es hat das Recht zur Ausgabe und Ungültigerklärung von Postwertzeichen. Diese hoheitliche Aufgabe im Sinne des Art. 87f Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz hatte es zum 1. Januar 1998 im Zuge der Postreformen vom nunmehr aufgelösten Bundesministerium für Post und Telekommunikation übernommen. Da Postdienstleistungen gemäß dem Grundgesetz ausschließlich durch private Unternehmen erbracht werden dürfen, werden Postwertzeichen durch einen Lizenznehmer vervielfältigt und vertrieben.

Im europaweiten wettbewerblichen Auswahlverfahren um die exklusive Erlaubnis hat sich die Deutsche Post AG als erfolgreiche Bieterin durchgesetzt. Sie war, als mit der Postreform 1995 das Briefbeförderungsmonopol und das ursprünglich hieran gekoppelte Monopol für die Verwendung der Postwertzeichen wegfielen, aus der Deutschen Bundespost mit der Aufgabe der Übermittlung von Brief- und Frachtpostsendungen („Gelbe Post“) entstanden. In dem mit dem BMF abgeschlossenen Lizenzvertrag werden die sich aus der Dienstleistungskonzession ergebenden Rechte und Pflichten der Deutschen Post AG konkretisiert: Staatlich herausgegebene Postwertzeichen werden in hinreichender Auflage hergestellt, bundesweit flächendeckend in kundenfreundlicher Art und Weise angeboten, zur Abgeltung von Postdienstleistungen benutzt und für den Privat- und Geschäftskundenbereich sowie im Bereich der Philatelie vermarktet. Weitere Pflichten sind z. B. die kundenfreundliche verkaufsfördernde optische Präsenz der Sondermarken in den Filialen, die Mitwirkung an der Bewahrung der Postwertzeichen als Kulturgut oder die Pflege des Philateliemarkts.

2.2 Briefmarken allgemein und Programm

Sondermarken sind motivisch besonders gestaltete Briefmarken aus bestimmtem Anlass mit dem Aufdruck „Deutschland“. Von ihnen werden jährlich rund 50 neue Motive herausgeben. Von den Sondermarken erscheint eine bestimmte Anzahl als sogenannte Plusmarken, früher Zuschlagsmarken genannt, deren zum Frankaturwert zusätzlicher Erlös unmittelbar den Projekten gemeinnütziger Organisationen zufließt (dazu unter Punkt 4 mehr). In der Regel ist auch ein Markenplatz für eine Gemeinschaftsmarke mit einem anderen Staat vorgesehen. Zusätzlich zum regulären Programm können noch Ad-hoc-Marken aus aktuellem Anlass herausgegeben werden.

Briefmarke zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014.

"Deutschland Fußball-Weltmeister 2014"; Grafische Gestaltung: Lutz Menze, Wuppertal, Fotovorlage: © Getty Images, Clive Mason

Bestimmte Themen sind so ergiebig, dass daraus regel- oder unregelmäßige Serien entstanden sind, z. B. Leuchttürme, Grimms Märchen, Deutschlands schönste Panoramen und Kirchenmarken. Rund 20 Programmplätze legt die Deutsche Post AG selbst fest, das BMF hat insoweit nur ein Vetorecht. Aufgrund ihrer Funktion für den Postverkehr hat die Deutsche Post AG aber bei den anderen Marken wesentliche Mitspracherechte, z. B. bei den Wertstufen.

Die Deutsche Post hat daneben inzwischen eine Reihe von technischen Alternativen zur Freimachung entwickelt, die der betriebswirtschaftlichen Rationalisierung insbesondere bei Großkunden Rechnung tragen: Automatenmarken, Freistempelmaschinen, Handyporto, Internetmarke, E-Postbrief usw., bei denen es sich aber nicht mehr um Postwertzeichen im eigentlichen Sinn handelt. Nach Schätzungen der Deutschen Post AG tragen heute noch rund 24 % aller von ihr beförderten Sendungen ein Postwertzeichen. Der rückläufige Stellenwert von Briefmarken wird daneben u. a. durch die elektronischen Möglichkeiten der Informationsübermittlung via Mobiltelefon und Internet befördert."

Und genau darum geht es: „Postwertzeichen im eigentlichen Sinn“, was aus historischer und juristischer Sicht bedeutet, dass damit staatlich verausgabte oder mit staatlicher Genehmigung verausgabte Briefmarken gemeint sind. Das sind heute nur noch diejenigen Briefmarken, die die Inschrift „Deutschland“ mit Genehmigung des Bundesministeriums der Finanzen tragen.

Es mag daher richtig sein, dass es eine Legaldefinition des Begriffs „Postwertzeichen“ im PostG nicht gibt, aber im Wege der teleologischen Auslegung und unter Berücksichtigung der Rechtsgeschichte ist für mich juristisch eindeutig, dass ein privater Postdienstleister ohne Genehmigung des Bundesministeriums der Finanzen zwar „Briefmarken“ herausgeben kann, aber eben keine Postwertzeichen. Dazu führt das Bundesministerium der Finanzen unter Ziffer 5. aus:

„5 Rechtliches

5.1 Zivilrecht

Postwertzeichen sind juristisch gesehen sogenannte kleine Inhaberpapiere im Sinne des § 807 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2005 (XI ZR 395/04) gilt das auch für die vor der ersten Postreform 1989 ausgegebenen Marken. Das bedeutet, dass die Marke als Urkunde einen Anspruch auf Beförderung einer Postsendung in dem Umfang verkörpert, der dem aufgedruckten Wert entspricht. Im internationalen Postverkehr sichern die Vereinbarungen des Weltpostvertrags, dass auch die Postdienstleister unterwegs und im Bestimmungsland diesen Nachweis akzeptieren. Mit der Entwertung durch die Stempelung kann keine Leistung mehr verlangt werden. Solange die Postbeförderung staatlich war, war nach der Postordnung das Entgelt für die Briefbeförderung eine öffentlichrechtliche Gebühr. Aufgrund der heutigen privaten Organisationsform der Postunternehmen handelt es sich beim Erwerb des Postwertzeichens um einen privatrechtlichen Kauf.

5.2 Urheberrecht

Briefmarken unterliegen dem Urheberrechtsschutz; es handelt sich nicht um amtliche Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Beim BMF als Herausgeber liegt das ausschließliche Nutzungsrecht. Zudem kann u. a. das Recht des Gestalters als Urheber tangiert sein. Eine Abbildung ist unter bestimmten Voraussetzungen jedoch möglich.“

Zusammenfassend:

Die freundlichen Hinweise auf mein grammatikalisches Unverständnis dürften sich damit erledigt haben. Ich bin seit mehr als 30 Jahren als Anwalt tätig, demgegenüber fallen die vier Semester Studium Germanistik und Geschichte bei mir nicht so sehr ins Gewicht, ich möchte sie aber nicht missen. :-)

Beste Grüsse
Gerhard
 
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