Thema: Recht: Umtausch der DM- in Euro-Briefmarken / BGH, Urteil vom 11.10.05 - XI ZR 395/04
GR Am: 14.02.2019 15:07:41 Gelesen: 2253# 4@  
Der Teil bezieht sich auf den konkreten Streitfall, denke ich. Angesprochen wird der Grundsatz von Treu und Glauben im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der herangezogen wird, wenn eine vertragliche Regelungslücke besteht. Vertragspartner waren hier die Deutsche Post AG und der Briefmarkenhändler, wobei der Kläger der Briefmarkenhändler war.

Schon aus dem Entscheidungstenor ergibt sich, was Gegenstand der Klage war, nämlich der Wunsch des Händlers über den festgesetzten Termin hinaus ungültig gewordene Briefmarken umtauschen zu können:

BGB §§ 133 C, 157 D, 807
a) Eine von der Deutschen Post AG herausgegebene Briefmarke erfüllt alle Voraussetzungen,
die § 807 BGB an ein so genanntes "kleines Inhaberpapier"
stellt.
b) Der Fall, dass die Briefmarke ihre Gültigkeit durch einen staatlichen Hoheitsakt
verliert, so dass der in ihr verkörperte Anspruch auf eine Beförderungsleistung
gemäß § 807 BGB nicht mehr durchgesetzt werden kann, ist im Gesetz nicht
geregelt. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergibt sich, dass verständige
und redliche Vertragsparteien bei Kenntnis der Regelungslücke ein Umtauschrecht
mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr vereinbart hätten.
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 395/04 - OLG Köln
LG Bonn

Die Klage des Händlers wurde abgewiesen, seine Revision zurückgewiesen.

Die Entscheidung des BGH war nur auf diesen Einzelfall bezogen, hat aber erkennen lassen, dass der BGH eine Umtauschfrist von einem Jahr ab Erklärung der Ungültigkeit durch das Bundesministerium der Finanzen ausreichend war. Damit war aber auch klar, dass Umtauschwünsche, die nach dem Urteil noch erklärt worden wären, von der Deutsche Post AG nicht mehr befriedigt werden mussten, weil der BGH die Umtauschfrist von einem Jahr für ausreichend erachtete.

Wer also noch Briefmarken aus der DM-Zeit verwendet, wird heute keinen Anspruch auf Beförderung seines Briefes haben. Da muss also auch nichts mehr "gesetzlich geregelt" werden, weil das Bundesministerium der Finanzen das bereits durch einen Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung geregelt hat und dieser Verwaltungsakt offenkundig nicht gerichtlich aufgehoben worden ist und heute mangels offener Widerspruchsfrist auch nicht mehr angegriffen werden kann. Da wäre auch der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet gewesen.

Für Nichtjuristen klingt das sicher kompliziert.

Beste Grüsse
Gerhard
 
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