Thema: (?) (186/189/193/195-196) Stempel bestimmen: Russland
KaraBenNemsi Am: 01.03.2019 21:30:21 Gelesen: 70425# 118@  
@ 10Parale [#116]

Hallo 10 Parale,

wie bereits richtig geschrieben wurde von Stamps99 steht das Д. Ц. für Doswoleno zensuroj und bedeutet "von der Zensur zugelassen".

Die Ortsbestimmung ist bei Zensurstempeln mit Ortsangabe freilich einfacher als bei diesem hier. Aber zum Glück gibt es für das Sammelgebiet russische Zensurstempel gute Literatur. :-)

Die naheliegende Lösung - ein Zensurstempel aus Warschau - lässt sich allerdings nicht nachweisen. Für Warschau sind solche Zensurstempel offenbar nicht bekannt. Stamps99 hat bereits darauf hingewiesen, dass es Kreisstempel mit Д. Ц. in mehreren Orten gab. Aber - jetzt kommt die gute Nachricht - dieser hier ist doch recht speziell: Die Buchstabenform ist ziemlich eigen und die Anordnung der Buchstaben im Kreis (unten viel Platz) ist auch auffällig.

Um es noch etwas spannender zu machen (:-) zunächst zur leeren Fläche im Kreis: Unten im Kreis stand ursprünglich ein weiterer Buchstabe, ein kyrillisches U. Dahinter verbarg sich das Wort "uprawlenie" für Verwaltung. Der abgekürzte Stempeltext lautete also vollständig: "zugelassen von der Zensurverwaltung" oder in passenderem Deutsch "zugelassen von der Zensurbehörde". Das wurde offenbar später geändert, indem man das U aptierte. Den Hintergrund dafür kenne ich nicht. Die Zensur erfolgte jedenfalls in den Räumlichkeiten des Postamtes durch einen militärischen Zensor.

Kommen wir nun zur Auflösung: Der Stempel wurde in dieser speziellen Form (soweit ich nichts übersehen habe) nur in Petrograd (1. Ekspedizija) verwendet. Er trägt nach Speeckaert die Typennummer 10 für Petrograd und wurde von Januar bis September 1915 eingesetzt. Die Farbe stimmt auch. Er hat auf einer Skala von 1 bis 5 einen Seltenheits- oder Häufigkeitsrang von 3 - ist also von mittlerer Seltenheit/Häufigkeit.

Soweit das, was sich aus der Literatur ergibt. Ob für eine Karte aus Warschau im Mai/Juni 1915 eine Zensur in Petrograd schlüssig ist, kann ich allerdings nicht abschließend beurteilen. Das ist nicht mein Gebiet.

Grüße

Carsten

Quelle: A. Speeckaert, Russische Postzensur/Russian Postal Censorship 1914-1918, 2. Auflage, 1990, S. 143 und 149.
 
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