Thema: (?) (183-184) Mit Brief und Siegel: Was sagt uns die Rückseite ?
bayern klassisch Am: 06.10.2009 17:18:27 Gelesen: 216885# 33@  
In unsicheren Zeiten, wenn die Cholera wütete wie im Jahr 1831, glaubte man durch Rasteln der Briefe und Abkochen bzw. Bedampfen mit diversen Gemischen der Epidemie Herr zu werden. Wie wir heute wissen, ein untauglicher Versuch.

Philatelistisch hat er seine Spuren bei einigen Briefen hinterlassen, von denen ich einen hier zeigen will.



Er lief in besagtem Jahr am 2. November von Wien teilfrankiert bis zur bayer. Grenze. Dort wurde er an der Grenze bei Freilassing gerastelt und mit Essigdampf behandelt. Das Siegel links zeigt uns, dass neu versiegelt werden musste, was man mit dem Stempel "Königlich Bayerisches Sanitaets Siegel" bestätigte.

Da der Empfänger, Herr Venino in Würzburg, noch Jahrzehnte über das Jahr 1831 hinaus tätig war, scheint ihm der Brief nicht schlecht bekommen zu sein.

Eine andere Art war das nachträgliche Siegeln mit Verschlußoblaten durch die Retourbriefkommissionen.





Im pfälzischen Landau gab man einen Brief auf, den man frankieren wollte. Aber die Postexpedition dort hatte wohl schon geschlossen, oder war noch nicht geöffnet, so dass man ihn in den Briefkasten am Postlokal einwarf. Bei der Leerung am 15.4.1870 schrieb man daher "boite" oben links an, das französische Wort für Brieflade. Den "frei" - Vermerk unten links schwärzte man. Dann taxierte man den innerpfälzischen Brief vor mit 7 Kr., denn ein frankierter kostete ab dem 1.1.1868 nur 3 Kr., ein unfrankierter aber deren 7!

Er lief ins nahe Wachenheim, doch konnte dort keine Zustellung erfolgen. Daher notierte der lokale Briefträger: "Abgereist, ohne Adresse. Strauß. Briefträger". Man sandte nun den Brief der Aufgabepost zurück, immer noch mit 7 Kr. Porto belastet. In Landau kam er auch an, jedoch konnte niemand die Handschrift oder das Siegel einer dortigen Person zuordnen. Nachdem man ihn im Postlokal ausgesteckt hatte, sich aber niemand fand, der ihn dem Absender zuweisen konnte, sandte man ihn mit der Dienstpost nach Speyer zum vorgesetzten Oberpostamt. Dort waren die doppelt vereidigten Beamten der königlichen Retourbriefkommission allein befugt die Briefe zu öffnen, die nicht anbringlich waren.

Man schnitt das Kuvert also an der rechten Seite auf und versuchte nun an Hand des Geschriebenen den Absender namentlich zu machen. Hier gelang es, denn mit der typischen weinroten Tinte dieser Beamten notierte man "Graf Schwager der Adressatin", womit die Familienverhältnisse geklärt waren. Auch vergaß man nicht hinzu zu fügen, dass "Landau 7 kr." nach zu erheben hatte.

Mit der Dienstpost lief er nun nach Landau zurück, wo er seinem Absender für 7 Kr. ausgehändigt werden konnte. Außer Spesen nichts gewesen. Briefe mit Retourmarken, so der heutige Fachterminus, sind in der Kreuzerzeit alle selten. Die von Speyer und Bamberg sind nur in wenigen Exemplaren verwendet bekannt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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