Thema: (?) (287) Japan: Stempel bestimmen
ragiko Am: 05.04.2019 10:19:48 Gelesen: 104819# 116@  
@ Koban [#109]

Sorry, ich bin erst heute auf deinen Eintrag gestoßen und beantworte deine Frage nach dem mysteriösen Zeichen auf dem Sachalinstempel.

Ich gehe davon aus, dass du weißt, dass japanische Silbenzeichen aus handschriftlich verkürzten chinesischen Vollzeichen entstanden sind. Früher gab es dafür keine einheitlichen Regeln, die heute gebräuchlichen Silbenzeichen und ihre Form ergaben sich erst im Laufe der Zeit. Bis in jüngste Zeit existieren aber noch Zeichen, die nicht im offiziellen Kanon enthalten sind. Es sind entweder Zeichen, die (a) auf andere chinesische Vollzeichen zurückgehen oder (b) solche, die anders abgekürzt worden sind. Man nennt sie auf Japanisch "hentaigana" (Kana-Zeichen in anderer Form) und werden in Kalligraphie, historisierenden Schreibweisen oder als Gags in der Werbung eingesetzt, etwa bei auf traditionell aufgemachten Sake-Sorten oder dergleichen.

Die fiskalischen Stempel der Vorkriegszeit trugen teilweise solche "hentaigana", zu denen man auch die heute nicht mehr gebrauchten "wi" ゐ und "we" ゑ (im Westen als "ye" wiedergegeben, in Yen (En), Yedo (Edo), Yebisu (Ebisu)) zählen kann.

Konkret zu deiner Frage:

Auf dem Stempel von Sachalin ist das hentaigana "ne", verkürzt aus dem Schriftzeichen 禰 → 祢 →(dein Zeichen) → ね zu erkennen. Es ist Typ b, denn es geht auf dasselbe Zeichen zurück wie das normale ね, ist nur weniger verkürzt.
Den Sammlern der japanischen Klassik ist auch das hentaigana 子 bekannt, das als Silbenzeichen früher japanischer Marken verwendet wurde und ebenfalls "ne" gelesen wird, aber vom "normalen" ね abweicht. Es ist Typ a, denn es beruht auf einem vollkommen anderen Ausgangszeichen.

Herzliche Grüße,

ragiko
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/2717
https://www.philaseiten.de/beitrag/200800