Thema: Werbung von Phila-Versandhäusern: Ein Analyseversuch am Beispiel Borek
olli0816 Am: 21.04.2019 16:29:26 Gelesen: 17063# 35@  
@ johannes123 [#33]

Hallo Johannes,

da Du dich hier angemeldet hast, scheint dich das Thema Briefmarken trotzdem nicht losgelassen zu haben. Irgendeine Faszination muss es also bei dir geben.

Bezüglich dem Posthornsatz gebe ich dir recht. In den 1980ern und auch noch 1990ern wurde der wie eine Monstranz für die fortgeschrittene Bundsammlung vor sich hergetragen. Ich habe heute auch noch einen davon, das war aber eher ein Unfall, weil Bestandteil einer Sammlung wo ich ganz anderes interessant fand.

Die Faszination für den Posthornsatz habe ich nie so ganz verstanden. Früher wurde gesagt, dass die Leute wenig Geld hatten und es sehr teuer für den durchschnittlichen Sammler gewesen ist, den Satz komplett zu kaufen. Im Grunde das gleiche Muster wie z.B. bei den Winterhilfswerkssätzen des Deutschen Reiches, wo die hohen Werte ab 15 Pfennig aufwärts mit wesentlich niedrigerer Auflage angeboten und es sog. Kleinsätze bis zu dem 12 Pfennigwert verkauft wurde für den kleinen Sammler.

Da es früher viel mehr Sammler gab und den Posthornsatz auch viele Leute kannten, die gar nicht sammelten, mag es sein, dass es zu einer Verknappung kam. Ich denke aber auch, dass die damaligen Händler nicht ganz unschuldig an der Entwicklung waren und sich einfach jeder hochgeboten hat um Bund komplett zu haben und gleichzeitig sagen zu können, man ist der große Sammler mit Posthornsatz.

Man muss trotz des großen Angebotes sehen, dass ein wirklich einwandfreier, gut gezähnter postfrischer Posthornsatz nach wie vor selten ist. Viele eBay-Angebote speziell zu den alten Bund- und Berlinausgaben sind sehr schummelig unterwegs. Da werden gerne nachgezähnte Werte als einwandfrei angeboten und noch viel mehr nachgummierte und entfalzte Exemplare. Die kann man auch für kleineres Geld bekommen, aber eigentlich sind solche Sätze, wenn man die mit z.B. 500 Euro kauft immer zu teuer eingekauft. Obwohl es heute nicht mehr so viele Sammler gibt, sind die Posthornwerte nach wie vor begehrt und viele, die zu kritiklos einkaufen gehen, verlieren hier ihr Geld für wenig werthaltiges. Das kann man nicht ändern, trotz aller eBay-Fälschungsbekämpfung. Es gibt zu viele, die einfach zu gedankenlos einkaufen und manche wollen es auch gar nicht so genau wissen. Anders kann man das verhalten der Käufer nicht verstehen.

Was der Borek-Gedenkblock betrifft und das Du heute keine Angebote mehr findest liegt daran, dass es zumeist Miniauflagen sind (künstliche Verknappung) und die meisten dieser Exemplare wahrscheinlich in Privathand in irgendwelchen Sammlungen existieren. Eine Wertentwicklung darfst Du dir im Regelfall nicht erwarten. Es wirbt keiner für den schrottigen Wulff-Merkel-Papst-Block mehr und so eine Ausgabe ist wie Popcorn im Kino kaufen. Macht jetzt Spaß, aber drei Jahre später denkt kein Mensch mehr dran. In 50 Jahren voraussichtlich auch nicht.

Ich sammle ziemlich lange und muss sagen, dass ich mein Verhalten sehr stark geändert habe. Früher in den 1980ern und z.T. den 1990ern habe ich sehr gerne die neuen französischen Ausgaben gesammelt. Ich habe auch so Gebiete wie Deutsches Reich, die ganzen Zonen nach Michelnummern gesammelt. Das mache ich heute alles nicht mehr, weil früher seriöse Postverwaltungen heute extrem unseriös geworden sind. Von der klassischen Bund-/Berlinsammlung bin ich sehr früh weg, aber viele haben das natürlich gesammelt. Auch die Wertigkeit hat mich damals noch interessiert, heute ist das kein großes Thema mehr für mich.

Ich habe akzeptieren müssen, dass Briefmarken an Wert verlieren, weil es einfach immer weniger Menschen gibt, die diese haben wollen. Das kann man ganz klassisch total kacke finden, weil das Geld einfach weg ist und man liest natürlich immer wieder von Sammlern, die deswegen aufhören. Andererseits kannst Du es positiv sehen, weil Du inzwischen für einen Bruchteil des Geldes Dinge bekommen kannst, an die Du früher entweder nicht oder nur durch hohen Geldeinsatz bekommen konntest.

Das Gejammer von sog. Erbengemeinschaften lässt mich hingegen völlig kalt. Die haben niemals etwas für die Sammlung beigetragen, bekommen sie geschenkt und verlangen, dass sie dafür das große Geld bekommen. Aber erben ist Glückssache und manche haben halt Pech gehabt. Ich kaufe inzwischen relativ viel online, auch bei Auktionen und nur noch das, was mir persönlich gefällt. Für die Spezialisten hier bin ich wahrscheinlich ein unwissender Wald- und Wiesensammler und irgendwie stimmts auch, da jeder Spezialist mich locker in seinem Gebiet ausstechen kann. Aber damit kann ich leben und seitdem ich mich nicht mehr einschränke und mir Briefmarkenwerte nicht so sonderlich wichtig sind, gebe ich mit dem Geld, was ich für das Hobby zur Verfügung habe das aus, was es mir wert ist und was ich persönlich gerne mag. Ich verlange bei meinen Bergtouren doch auch nicht, dass irgendwelche Erben das große Geld mit meiner vergammelten Wanderausrüstung erzielen können, wenn ich die Radieschen von unten sehe. Und so habe ich mir den Spaß erhalten.

Borek und Konsorten finde ich gar nicht so gefährlich, wie immer getan wird. Natürlich verkaufen sie für teuer Geld Produkte, die nicht mal einen Bruchteil des Preises beim Verkauf später erzielen. Aber die Post macht doch das gleiche, wenn man ihr Heftchen durchschaut, dass sie alle paar Monate zusenden. Da werden zu Mondpreisen Briefmarken und immer mehr Münzen, weil sie inzwischen so hipp geworden sind aktiv verkauft. Ja, der Berufshandel bei Briefmarken ist z.T. ziemlich verkommen, aber auch das ist nichts neues. Überall wo man für wenig Aufwand Geld verdienen kann, trifft man Gestalten, die das ausnutzen wollen. Aber der Schlüssel liegt doch zwischen deinen Ohren. Wenn man dieses Gerät zwischen den Ohren manchmal zum Denken verwendet, dann können einen diese Anbieter gar nicht sonderlich gefährlich werden. Ansonsten gilt: Was man nicht im Kopf hat, hat man zwischen den Beinen. Ist doch auch nicht schlecht.

Grüße Oliver
 
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