Thema: Tschechoslowakei Luftpost 1919 bis 1938
Detlev0405 Am: 14.05.2019 09:20:36 Gelesen: 159960# 124@  
Manchmal muss man einfach Glück haben, wie in diesem Fall. Ich habe lange nach einem Bedarfsbeleg aus Spanien gesucht und nicht gefunden. Dann lachte mich ein Flugpostbeleg aus Spanien an, aber kein gewöhnlicher und doch ein Bedarfsbeleg.



Es handelt sich hier um einen Beleg aus dem spanischen Bürgerkrieg von 1936 – 1939. Er wurde abgeschickt in Valencia, der republikanischen Seite des Bürgerkrieges. Auffallend – es gibt keine Absenderangabe auf dem Brief, offensichtlich aufgegeben von einem Interbrigadisten aus der Tschechoslowakei.
Der Brief ist beispielhaft für die komplette Bestätigung aller Teiletappen mittels notwendiger Stempel. Den Anfang macht der Luftpoststempel von Valencia.



Dort wurde der Brief am 02.05.1937 abgefertigt. Da der Brief erst um 12 Uhr einging, wurde die Beförderung erst am 03.05.1937 um 09.35 Uhr möglich. [1] Von dort aus ging es über Barcelona, Toulouse nach Paris. In Paris kam der Brief um 17.30 Uhr an. Ein Bestätigungsstempel von Paris liegt früh um 08.30 Uhr am 04.05.1937 vor.



Demnach wurde der Brief zu spät bearbeitet, um den Flug früh um 07.00 Uhr nach Prag zu erreichen. Also ging er dann am 05.05.1937 von Paris aus nach Prag ab. Dort kam er dann um 11.40 Uhr an. Das deckt sich auch mit dem Bestätigungsstempel von 12.00 Uhr am gleichen Tag. [2]




Prag verließ der Brief mit dem Flugzeug um 16.20 Uhr, um eine Stunde später in Brno zu landen. Das bestätigt auch der Tagesstempel von Brno 2 um 18.00 Uhr. [3] Auch der in Brno übliche Flugplatzstempel wurde als Ankunftsbestätigung abgeschlagen, wenn auch nur schwach sichtbar.



Wirklich spannend wird es, wenn wir uns die Zensurstempel auf dem Brief ansehen. Ich schicke voraus, das ich kein Kenner Spaniens bin. Sehe ich mir auf der Vorderseite den violetten Militärzensurstempel an, so fällt mir auf, das er angebracht wurde, bevor er von der Post in Valencia bearbeitet wurde. Die Marke zu 10c in grün und der Tagesstempel darauf liegen offensichtlich über dem Zensurstempel.



Noch deutlicher wird der Sachverhalt, wenn man den Zensurstempel auf der Rückseite betrachtet. Er ist vom 30.April 1937. Und er deckt eine der 1c Marken ab – offensichtlich als Verschlussmarken eingesetzt ? Ebenso die braune 2c Marke.Diese ist unter der Verschlussklappe komplett erhalten ( Betrachtung im Lichtkasten ).



An der Stelle ist es nun notwendig, die Meinung eines Spezialisten einzufügen, denn ich irre an der Stelle. Wer wenn nicht Wolfgang (saintex) konnte mir da weiter helfen:

„Was Du hinsichtlich der Praxis der Zensur vermutet hast, trifft zu. Jeder Bataillonskommandeur hatte für sein Bataillon einen Quartiermeister (furriel) zu bestimmen, zu dessen Aufgaben auch die Postversorgung gehörte und dem die für das Ausland bestimmte Post der Freiwilligen im offenen Briefumschlag zu übergeben war. Über den Stab des Bataillons bzw. der Brigade wurden die offenen Briefumschläge der Freiwilligen an den für ihren Standort zuständigen  zentralen Postdienst der internationalen Brigaden (Servicio Central de Correos) weitergeleitet, wo die Post der Freiwilligen auch zensiert wurde. Im Falle Deines Briefes wurde dieser in Albacete zensiert, wo sich im April/Mai 1937 auch der zentrale Stützpunkt und das Ausbildungslager der internationalen Brigaden befanden, und dort wurde auch vorderseitig der violette Kastenstempel „Visado por la Censura Militar“ und rückseitig der schwarze Kastenstempel „S.C.C. 30 ABR 1937 111“ abgedruckt. Die Abkürzung S.C.C. steht für Servicio Central de Correos und der Code 111 für Albacete (es gab noch einen zweiten Standort des S.C.C. in Madrid mit dem Code 222 für die Post der Freiwilligen, die im Bereich Madrid kämpften). Bei dem rückseitig angebrachten schwarzen Kastenstempel handelt es sich demnach entgegen Deiner Vermutung nicht um einen Zensur- sondern um einen Poststempel.

Nachdem die Post der Freiwilligen in Albacete die Zensur durchlaufen hatte, wurden die dann  vermutlich zwischenzeitlich verschlossenen Briefumschläge nach Valencia transportiert, dort frankiert und über die Beförderungswege der staatlichen spanischen Post in ihre Bestimmungsländer befördert.

Abschließend noch der Hinweis auf folgende Besonderheit Deines Luftpostbriefes in die C.S.R.: Es soll damals nach den für die Post der Freiwilligen in ihre Heimat geltenden spanischen Bestimmungen so gewesen sein, dass  nur Post nach Frankreich und in die Tschechoslowakei mit Briefmarken frankiert werden durfte und mit Luftpost befördert werden konnte. Post nach anderen Bestimmungsländern wurde in Valencia mit einem Freistempelgerät der Marke „HASLER“ Modell F 22 frankiert und auf dem Land- bzw. Seeweg in das jeweilige Bestimmungsland befördert.“


Eigentlich sollte es nur ein weiterer Beleg für meine Sammlung sein – schlussendlich wurde es ein umfangreiches zeitgeschichtliches Dokument in vielerlei Hinsicht.

Gruß
Detlev

[1] http://www.timetableimages.com/ttimages/af/af3704/af374-11.jpg
[2] http://www.timetableimages.com/ttimages/af/af3704/af374-06.jpg
[3] http://www.timetableimages.com/ttimages/cls/cls3704/cls374-4.jpg

Quellen zu Wolfgangs Beitrag:
Zur Postgeschichte der internationalen Brigaden

Ernst L. Heller, Historia postal y servicio postal de las Brigadas Internacionales, Madrid 2007 427 Seiten; Francisco Aracil, Las Brigadas Internacionales, Madrid 2002 125 Seiten

Zur Luftpost während des spanischen Bürgerkrieges (republikanische Seite)
Félix Gómez-Guillamón, El Correo Aereo en la Guerra Civil Espanola, Zona Republicana (1936-1939), Madrid 2007 167 Seiten
 
 
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