Thema: Bund: Portoerhöhungen ab 2016 - Preise sollen 3 Jahre stabil bleiben
ligneN Am: 04.06.2019 13:01:42 Gelesen: 37800# 75@  
Das Thema "neue Blumennennwerte-Flut zu erwarten" kommt nicht zur Sprache, sonst aber gute Zusammenfassung:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/briefporto-wenn-die-post-teurer-wird-soll-sie-bitteschoen-auch-besser-werden-1.4473071

Fragen und Antworten zur größten Portoerhöhung aller Zeiten.   Von Benedikt Müller, aus der "Süddeutschen Zeitung"

(..) Der Konzern hat diese Preise nun beantragt, da die Bundesnetzagentur das Ausmaß der Portoerhöhung endgültig beschlossen hat.

Und doch hinterlässt diese höchste Portoerhöhung in der Geschichte der Deutschen Post einen bitteren Nachgeschmack, in mehrerlei Hinsicht. Vor allem private Briefeschreiber, Selbständige und Kleinunternehmer haben gute Gründe, sich über den Preisanstieg zu ärgern.

Während sie nämlich von Juli an teurere Marken kaufen müssen, bleibt für große Firmen und Behörden einstweilen alles beim Alten. Denn die Post gewährt Großversendern, die regelmäßig Tausende Briefe verschicken, Nachlässe aufs Porto. Und der Konzern will auch diese Rabatte im Sommer erhöhen, um den Anstieg für Großkunden "weitgehend" zu kompensieren. (..) Bis dahin entsteht unweigerlich der Eindruck, dass die Kleinsten die Last einer Portoerhöhung tragen sollen, die dem Post-Konzern zusätzliche Einnahmen in Millionenhöhe bescheren wird.

Hinzu kommt, dass Verbraucher mehr für eine Dienstleistung zahlen sollen, mit der immer mehr Kunden unzufrieden sind: Mehr als 12 000 Beschwerden über Postdienste sind 2018 bei der Netzagentur eingegangen. Das mag zwar nach wenig klingen, wenn man die gesamte Zahl der Sendungen berücksichtigt. Doch es sind doppelt so viele Beschwerden wie im Vorjahr; der Großteil betrifft Briefe. Kunden beklagen etwa, dass die Post in einzelnen Straßen tage- oder gar wochenlang keine Briefe ausgetragen habe - vor allem montags oder samstags nicht. Dass Sendungen in der Folge zu lange unterwegs seien. Oder dass die Post ihre Briefkästen immer seltener oder immer früher am Tag leert.

Keine Frage: Politik und Gesellschaft sollten diskutieren, wie schnell ein Brief in der digitalen Welt wirklich ankommen muss; ob es noch zeitgemäß ist, dass die Post laut Gesetz an allen Werktagen zustellen muss. Doch solange derlei Verordnungen noch gelten, (Hervorhebung von mir) sollte es sich der Staat nicht gefallen lassen, dass ein Post-Konzern regional Tatsachen schafft und phasenweise die Arbeit einstellt. Es ist deshalb richtig, dass der Bund derzeit Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Postdiensten diskutiert.

Und damit zum fragwürdigen Beitrag des Staates zur Rekord-Portoerhöhung: Die Politik hat erst ermöglicht, dass die Preise so stark steigen. Ursprünglich wollte die Netzagentur der Post nur einen Anstieg um fünf Prozent erlauben. Die Behörde zog zwar heran, dass immer weniger Briefe verschickt werden; sie hat jedoch auch den Umbau der Brief- und Paketsparte berücksichtigt (samt Vorruhestandsprogramm für Beamte), den die Post vor einem Jahr angekündigt hatte.

Doch der Konzern kritisierte diesen Fünf-Prozent-Spielraum als zu klein, drohte mit weiteren Einsparungen. Bis die Bundesregierung im Frühjahr kurzerhand die Regeln für Portoerhöhungen reformiert hat: Die Netzagentur berücksichtigt in ihrem Ländervergleich seither keine rein staatlichen Postunternehmen mehr - schon ergibt sich ein höherer Spielraum. Die Bundesregierung hat somit nicht nur ihre eigene Regulierungsbehörde hintergangen. Sie hat auch im Kleinen gezeigt, dass die Interessen eines Post-Konzerns schwerer wogen als zusätzliche Kosten für Briefeschreiber und Kleinunternehmen.

Dies ist pikant, weil dem Staat noch immer 21 Prozent der Post gehören - und da der Konzern auf dem Paketmarkt in einem harten Preiswettbewerb mit Firmen wie Hermes oder UPS steht. Je mehr Gewinn die Post mit Briefen einfährt, desto weniger stark muss sie grundsätzlich Paketpreise anheben, um dennoch genug Geld in der Stammsparte zu verdienen. Ein überhöhtes Briefporto ist mithin auch im Sinne des Wettbewerbs bedenklich. (..)
 
Quelle: www.philaseiten.de
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