Thema: Tschechoslowakei Luftpost 1919 bis 1938
Detlev0405 Am: 16.07.2019 14:16:06 Gelesen: 158108# 131@  
Nun werden wohl einige den Kopf schütteln und sich fragen, ob ich denn schon senil bin und wieder einen Beleg zeige, den ich schon gezeigt habe im Beitrag [#125].

Wer aber bis zu Ende mitliest, wird eine Sensation der tschechoslowakischen Luftpost bis 1939 vorgestellt bekommen.

Dabei habe ich die Hilfe von Wolfgang (saintex) und Rudi (Rudi63) in Anspruch genommen und mit deren Hilfe viele Details aufklären müssen. Auch das Postmuseum in Prag hat mich mit Frau Dr. Zamrzlova nach Kräften unterstützt. Besonderer Dank auch der ARGE Tschechoslowakei und seinem Archiv unter Leitung von Herrn Christian Neumann.



Ja es ist wieder ein Beleg von der Strecke Prag – Marienbad. Auch wenn er von 1928 ist, zucken wohl einige die Schultern und entgegnen na und ? Der Erstflug auf der Strecke fand bereits am 01.06.1925 statt. Es ist eine einfache Karte, ausgewiesen als Drucksache. Noch dazu entgegen den geltenden Bestimmungen ohne Luftpostmarke frankiert.

Die Portomarke entspringt den Gebühren für das postlagernd. Als Quelle dient der Merkur-Revue Katalog von 2002 in tschechischer Sprache. Demnach betrug diese Gebühr 30 Heller im Zeitraum von 01.05.1923 – 28.02.1937 und war nicht zeitlich befristet.



Womit wir bei der Anschrift währen. Die Karte ist gerichtet an den legendären Luftpostsammler der 20er und 30er Jahre in der Tschechoslowakei, den St. Kpt. S. J. Hucl aus Reichenberg. Und darin liegt auch der Schlüssel der Karte, denn er war auch vermutlich der Absender (Hypothese).



Wichtig bei dieser Karte ist der Stempelabschlag von Prag 82. Die Karte wurde am 30.04.1928 am Flughafen Prag aufgegeben. Wer jetzt flink den Horka in die Hand nimmt wird feststellen, das an diesem Tag der Erstflug Prag – Marienbad – Kassel – Rotterdam stattfand. Nur, während unter der Nummer 75a die Strecke nach Kassel (150 Belege) und unter der Nummer 75b die Strecke nach Rotterdam (161 Belege) ausgewiesen ist, fehlt jegliche Registrierung von Prag nach Marienbad. Offensichtlich ging Horka davon aus, das Marienbad lediglich für Zuladungen gedacht war. Es fand aber keine Zuladung statt, denn weder Mahr noch Horka haben dazu einen Hinweis.

Das es sich aber tatsächlich um die Beförderung auf diesem Erstflug nach Rotterdam auf der Teiletappe Prag nach Marienbad handelt lässt sich an zwei Fakten festmachen. Zum Ersten zeigt Horka auf der Seite 104 unter der Abbildung 88 einen Beleg von diesem Erstflug. Auf dem Stempel von Prag 82 ist ebenfalls die Uhrzeit 11 Uhr abgeschlagen. Zum Zweiten findet sich bei Mahr doch eine Registrierung dieser Teilstrecke unter der Nummer 17/02.02 a auf Seite 202. Weitere Ausführungen zu dieser Teiletappe finden sich auch nicht bei Mahr, auch keine Preisnotierung.



Aber es gibt zum Glück das Anzeigenblatt des Ministeriums für Post und Telegrafen vom 05.05.1928 , in dem unter der Nummer 43 die Bestimmungen für den Flug Prag – Rotterdam veröffentlicht wurden. Unter Punkt (1) wird die Etappe Prag – Marienbad zweifelsfrei als Poststrecke definiert, denn unter Punkt (2) werden die einzelnen Poststücke, die zur Beförderung zugelassen waren, festgelegt. So auch tiskoviny = Drucksachen. Marienbad wird vom Postverkehr definitiv nicht ausgenommen. [2]

Ein wenig Kopfzerbrechen bereitete das Porto für die Luftpostbeförderung. 60 Heller waren zu dem Zeitpunkt kein ausreichendes Porto. Aber hier hilft wieder der Katalog von Trojan 1997, unser Horka. Auf Seite 192 finden wir die Tabelle 47 und eine Fußnote darunter, wonach für Drucksachen ab dem 01.06.1925 ein Sondertarif sowohl für Prag – Marienbad als auch andere innere tschechische Destinationen galt – 60 Heller. Somit war das Porto Problem auch geklärt.

Blieben als mögliche Fehlerquelle noch die Stempel. Für den Stempel Prag 82 Letiste liegen mir ausreichend Vergleichsstempel vor, so das ich diesen zweifelsfrei als echt identifizieren konnte. Für den Stempel von Marienbad konnte ich kein Vergleichsmaterial beisteuern, also blieb mir nur der Weg über die Fachliteratur.



In der Monografie tschechoslowakischer Briefmarken, Band 17 , Prag 1988 wurde ich fündig. Seite 44 – 47 ist die Typ Beschreibung des zutreffenden Stempels M 47 im Detail zu finden. Auf den abgebildeten Seiten 362 und 363 ist der Stempel von Marienbad 1 abgebildet, sowie die Einsatzzeiten des Stempels gelistet. Über den Einsatz der Trennornamente im Stempel gibt es keine generelle Festlegung. So kommt es zu einer großen Vielfalt vgl. ebenda Seite 36 und speziell für den Stempeltyp M.47 vgl. ebenda Seite 45 – 46. Typisches Beispiel ist Prag, wo von Postamt zu Postamt jeweils verschiedene Trennornamente anzutreffen sind.

Es war wohl dem genialen Kpt. Hucl zu verdanken, das zumindest ein Exemplar dieser Teilstrecke entstanden ist und bis in die Gegenwart überstanden hat.
Ich war mich mit Rudi63 einig, das es sich hierbei nicht um einen klassischen Erstflugbeleg handelt. Dabei prägte Rudi den Ausdruck Dokumentationsbeleg für die erste Etappe des Erstfluges. Ich glaube das trifft es am besten. Frau Dr. Zamrzlova vom Postmuseum in Prag hatte nach Vorlage der Recherchen keine Einwände oder fachliche Korrekturen.

Gruß
Detlev

[1] PhDr. Jitka Zamrzlová kurátorka odd. správa sbírkového fondu zamrzlova.jitka@cpost.cz +420 954 400 701
http://www.postovnimuzeum.cz

[2] Archiv der ARGE Tschechoslowakei , Leiter Christian Neumann

Zur Postlager Bestimmung:

Merkur revue, Èeskoslovensko 1918 - 1939, V. Schödelbauer, specializovaný katalog známek a celistvostí;
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/11159
https://www.philaseiten.de/beitrag/207423