Thema: Philatelie in der Presse - Aus den Vereinen
Richard Am: 30.10.2009 14:44:44 Gelesen: 1181712# 199@  
20 Milliarden Mark fürs Porto

Von Michael Prochnow

op-online.de, Mühlheim (06.10.09) - Tief gebeugt sitzen Männer in den besten Jahren an den Tischplatten im großen Saal, nur eine dicke Lupe zwischen der Nase und dem aufgeschlagenen Album. Flink ziehen sie immer wieder mit einer Pinzette einzelne, bunte Marken aus den dünnen, halbdurchsichtigen Papierreihen.

Gegenüber sitzt ein Sammler und vergleicht das ausgewählte Sammelobjekt mit einer Abbildung in einem dicken Katalog. Rund 150 Hobby-Philatelisten folgten der Einladung der Briefmarkenfreunde Mühlheim zu ihrem traditionellen Bezirks-Großtauschtag am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, im Bürgerhaus.

Der Nationalfeiertag bot einen trefflichen Anlass für die Markensammler. Diesmal konnten sie sogar gleich drei Jubiläen mit ihren Gästen feiern und gestalteten Ausstellungen zu „90 Jahre Weimarer Republik“, „60 Jahre Bundesrepublik“ und „20 Jahre Mauerfall“. Hartmut Peschke, Erster Vorsitzender der Briemarkenfreunde, begrüßte an der Dietesheimer Straße auch acht Mitglieder des Philatelistenkreises in der Partnerstadt St. Priest. Mehrere Mitglieder ihrer Gemeinschaft haben sich auf das Sammelgebiet „Deutschland“ spezialisiert, berichtete Schriftührer Guy Jacquemin, der die Sprache der Gastgeber hervorragend beherrscht.

Jacquemin selbst konzentriert sich auf „Brücken“, erläuterte er eines seiner Alben. In Foyer und Saal fand er nicht sehr viele der begehrten Bauwerke - dafür zahlreiche Dokumente der deutschen Historie. Das französische Pendant zum Sammlerverein in der Mühlenstadt wurde 1966, also im Jahr der Verschwisterung, gegründet, erzählte Jacquemin. 1975 reiste erstmals eine Delegation aus der Region um Lyon nach Hessen.

Seit dieser Zeit besuchen sich Deutsche und Franzosen im Wechsel und zum Austausch - nicht allein von Briefmarken übrigens. Denn die Probleme in beiden Vereinen ähneln sich. Auch in St. Priest falle es dem Vorstand schwer, Nachwuchs für das gemeinsame Hobby zu gewinnen. Bis zum Alter von zehn, zwölf Jahren bleiben der Vereinigung viele Mädchen und Jungen treu. „Danach entwickeln sie andere Interessen“, beobachtete Jacquemin. Manche kehren zurück, wenn sie verheiratet und die eigenen Sprösslinge aus dem Gröbsten heraus sind. Die Jugend fehlte zwar auch im Bürgerhaus, doch Vorsitzender Peschke zeigte sich mit der Resonanz am Samstag recht zufrieden.
Milliarden kostete das Porto zu Zeiten der Inflation

Fasziniert schaute der französische Gast auf den Inhalt einer Schauwand mit Geldscheinen und Postwertzeichen. Zehn und 20 Milliarden Mark kostete das Porto zu Zeiten der Inflation, als Arbeiter zweimal am Tag ausbezahlt wurden, damit sie von ihrem Verdienst noch das Nötigste einkaufen konnten, bevor die Preise erneut erhöht wurden. Am 1. Dezember 1923 ersetzte dann eine Rentenmark eine Billion Mark.

Den 60. Geburtstag der Bundesrepublik dokumentierten die Sammler mit einem „Interzonenpass“ und zahlreichen Postwertzeichen aus Ost und West. An die Öffnung der Grenzen erinnerten vergleichsweise wenige Marken. Im großen Saal tauschten Philatelisten neben Marken auch Münzen, Postkarten und Briefumschläge. Sehr gefragt waren Zeugnisse des alten Reichs nach 1900, aber auch zum Thema Offenbach, teilte Schatzmeister Kreis mit.

Einige der Mitglieder hatten schwere Wäschekörbe mit abgegriffenen Alben in die Halle geschleppt, alle kamen in Begleitung von Lupe und Michel, der Bibel der Briefmarkenfreunde. Der Philatelistenstammtisch findet an jeden ersten Donnerstag im Monat ab 19 Uhr statt, lud Vorsitzender Peschke Interessierte ein.

An jedem dritten Sonntag im Monat veranstaltet der Verein Tauschtage in der Brandt-Halle. Nähere Infos unter Tel.: 06108/72452.



Sammelstücke wurden mit den Abbildungen im Michel verglichen, der Bibel der Philatelisten (Foto: Michael Prochnow)

(Quelle: http://www.op-online.de/nachrichten/muehlheim/milliarden-mark-fuers-porto-485492.html)
 
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