Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 31.08.2019 08:58:04 Gelesen: 233003# 455@  
Liebe Freunde,

der folgende Brief ist sicher einmalig - daher musste ich die Qualität in Kauf nehmen und tat es gern.





Verfasst und aufgegeben in Augsburg am 25.4.1866 war er gerichtet an: "Mrs Margaret Keller, 99 Goffe Street New Haven Connecticut North-America". Viele Briefe in die USA sind eindeutig schlechter geschrieben, oder haben weniger Angaben zum Empfänger, als dieser Brief hier.

Man frankierte 22 Kreuzer - 6 Kreuzer für Bayern und 16 Kreuzer Weiterfranko für den Seetransport und das US - Inlandsporto.

Am 27.4.1866 kam er in Bremen an. Laut meinen Unterlagen ging aber erst am 6.5.1866 die "Bremen" ab Bremen nach New York ab (am 9.5.1866 in Southampton und Ankunft am 22.5.1866 in New York).

Hinten lese ich 4 1/2 Silbergroschen Weiterfranko, die 16 Kreuzern entsprachen. Die Weiterfranko - Rötel vorne kann ich nicht sicher deuten. Den roten US - Ankunftsstempel kann ich auch nicht datieren, nur 3 Cents für die US - Inlandsrate erkenne ich.

Vorne unten lese ich aber Sacramento Jun 8 1866 California und "MISSENT", also fehlgeleitet durch die US - Post. Siegelseitig erkenne ich einen Stempel "Carrier 2.7.1866".

Meine Fragen hierzu: Lief er wirklich mit der Bremen ab Bremen in die USA? Wer kann die Rötel vorne sicher deuten? Wie war der genaue Postlauf in den USA?

Von New Haven in Connecticut nach Sacramento in Kalifornien sind es bescheidene 3000 Meilen in direkter Linie, während es von New York nach New Haven nur 80 Meilen sind, also ein Katzensprung.

By the way - die 18 Kreuzer hat ziemlich gelitten, die 3 Kreuzer sieht noch ganz gut aus und die 9 Kreuzer wurde wohl nachträglich entwertet, weil man in Augsburg beim Abstempeln die Briefe wohl wieder "geschichtet" hatte.

Es gibt halt Briefe, bei denen klappte so gut wie gar nichts - dafür entzückt er innen mit einem herrlichen Stahlstich von Augsburg, verfasst am 26.4.1866, obwohl der Poststempel Augsburg den 25.4.1866 zeigt. Auch hier klappte wohl wenig ... Der Brief war auch noch innen und außen separat versiegelt, als ob er noch einen Inhalt gehabt hätte - lag aber wohl noch im Bereich von einem Loth, sonst hätte er über ein Loth 44 Kreuzer gekostet.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

P.S. Beim Inhalt schreibt man der Empfängerin, dass man ihren Brief vom 18.10.1863 (!!!) verlegt hatte, in welchem sie nach Augsburg geschrieben hatte, dass ihr Mann im Sezessionskrieg am 15.12.1862 gefallen war. Auch hier passt alles zusammen - ein Chaos nach dem anderen.

Beigefügt war eine Geldanweisung über 10 Dollar! So etwas lese ich heute zum ersten Mal und jetzt erklärt sich auch die doppelte Siegelung des Briefes.
 
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