Thema: Sütterlin und andere Schriften - wer kann das lesen ?
DERMZ Am: 15.10.2019 16:48:33 Gelesen: 555277# 1238@  
Guten Abend,

lief der Bahnverkehr 1911 noch ganz normal, so war dem Schreiber der Karte von 1919 dieses Glück leider nicht hold, was war passiert?



Hier noch einmal der Kartentext etwas vergrößert, der an Familie Paul Görtz in Gotha gerichtet war:



Ich habe das folgende gelesen:


Marburg, 26.7.19.
Ihr Lieben!
Heute Nacht 2 Uhr bin ich glücklich in
M. gelandet. den Rest der Nacht habe ich
im Wartesaal verbracht u. heute früh
nach 4 bin ich zu Kay’s Onkel L u.
Leute. E. habe gestern Abend 2 St. an
der Bahn warten müssen u. dann haben
sie jedes Zügen abgesucht. das Eisen-
bahnunglück bei Gunthershausen war
an der Verspätung schuld. Vor G. mußten
wir heraus u. mit Sack u. Pack unge-
fähr 10 Min. weit zum anderen Zug
begeben. Erst nach 6 war ich in Cassel, wo
ich gar ..., bis jetzt ¾11 morg.
ist aber noch nichts gekommen. 8.15 bin
ich dann von Cassel abgefahren, in Gun-
thershausen wieder dasselbe Theater. Nachher
habe ich das versäumte Schlafen nach. Marb.
ist reizend, nur das Wetter dürfte anders
sein. - das Tuch hat Mutter vergesssen, -
einzupacken. Onkel L hackt soeben Holz.
Vaters Karte ist heute früh erst gekommen.
Was machen die 3 Trabanten?
Seid nun alle heerzl. gegrüßt von
Euer ...
und von Else u. Hedwig



Aber was war nun in Gutershausen geschehen, daß es dort so ein Theater gab, dazu habe ich folgende Webseite gefunden: http://www.steamy.de/ereignis/unfall/unfaelle.html

Zitat:
25.7.1919, Guntershausen
Ein Zugunglück im Bahnhof Guntershausen fordert ein Todesopfer (Quelle: eisenbahn- kurier 7/2009, Chronik für den Monat Juli).
Die "Hessische Post" vom 26.7.1919 scheibt dazu:
Ein schweres Eisenbahnunglück ereignete sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag auf der Strecke der Main-Weser-Bahn zwischen den Stationen Guntershausen und Rengershausen. An der nördlichen Einfahrt des Bahnhofs Guntershausen fuhr der Güterzug 6611, wie der amtliche Bericht mitteilt, gegen 3 Uhr 30 Minuten dem im Ausfahren begriffenen Güterzug 8749 durch Überfahren des auf Halt stehenden Einfuhrsignals in die Flanke. Dabei wurde ein Bremser getötet, ein Bremser des anderen Zuges leicht verletzt. Das übrige Dienstpersonal kam mit dem Schrecken davon. Etwa 20 Wagen waren entgleist, zwölf davon vollständig zetrümmert. Die dadurch hervorgerufenen Beschädigungen der Geleise machten die Sperrung beider Hauptgeleise erforderlich. Die Schnellzüge wurden umgeleitet, der Personenverkehr konnte durch Umsteigen aufrecht erhalten werden. (...) Das östliche Hauptgleis wird voraussichtlich Freitag abend, das westliche Sonnabend mittag frei sein. Der durch den Zusammenstoß hervorgerufene Materialschaden ist sehr beträchtlich. Wen die Schuld des Zusammenstoßes trifft, wird die eingeleitete Untersuchung ergeben müßen. Am 27.7.1919 wird nachgetragen:
Zum Eisenbahnunfall bei Guntershausen ist noch mitzuteilen, daß ein Teil des Casseler Güterzuges infolge des wuchtigen Anpralls mit dem von Frankfurt-Gießen komenden Güterzuges über das Brückengeländer der großen Bauna-Brücke hinweg in den Fluß hinab gestürzt ist. Eine Abordnung der hiesigen Eisenbahndirektion unter Führung des Herrn Ober- Regierungsrates Grabow und des Herrn Oberbaurates Schäfer, des Dezernenten der Main-Weser-Bahn, hat sich am Freitag nachmittag mittels Sonderzuges an die Unfallstelle begeben, um die erforderlichen amtlichen Erhebungen über die Entstehungsursache des Unglücks festzustellen. Die Entstehungsursache ist sehr wahrscheinlich darauf zurückzufühen, daß der aufrennende Casseler Güterzug, welcher mit Casseler Personal besetzt war, das Haltesignal bei der Einfahrt in den Bahnhof Guntershausen überfahren hat.
Zitatende.


Damit ist die Ursache für das Theater in Guntershausen klar.

Beste Grüße Olaf
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/3091
https://www.philaseiten.de/beitrag/213120