Thema: Moderne Privatpost in Deutschland
Stefan Am: 30.11.2019 19:34:48 Gelesen: 893318# 1277@  
@ juju [#1275]

Wo liegt denn der Unterschied zwischen Kurierdienst und genehmigungspflichtigem Dienstleister? Wird dann quasi unterteilt zwischen Diensten, die der DPAG Konkurrenz machen und welchen, die dafür zu klein sind?

Ein Kurierdienst weist etwas abweichende Merkmale gegenüber einem Briefdienstleister auf, u.a.:

- Direktfahrt von Absender A zu Kunde B ohne Umweg über das Briefzentrum C, dadurch bedingt
- keine reguläre, vorab planbare (feste) Zustelltour und generell
- Auslieferung einer Sendung binnen kurzer Zeit (oftmals binnen weniger Stunden bzw. taggleich)

Im Gegenzug schaut es bei einem lizensierten Briefdienstleister im Regelfall wie folgt aus:

- Abholung der Sendungen beim Absender (oder Briefkastenleerung nach Auflieferung) mit anschließendem Transport zu einem Briefzentrum,, wo eine Sortierung nach vorgegebenen Kriterien erfolgt, anschließend
- Zustellung aufgelieferter Sendungen im Rahmen feststehender Zustelltouren, dies entweder
- taggleich ("same day") oder am nächsten (Werk-)Tag ("overnight")

Bei einer taggleichen Zustellung erfolgt die Briefabholung bei dem Absender im Regelfall vormittags, tagsüber (mittags) die Sortierung und nachmittags bis in den (frühen) Abend hinein die Zustellung. Bei einer Zustellung am nächsten (Werk-)Tag erfolgt die Sendungsabholung bei dem Absender im Regelfall am Nachmittag bzw. Abend zuvor (je nach terminlicher Vereinbarung mit dem Absender).

Wenn ich mich recht entsinne, war diese Art der Unterscheidung zwischen Kurierdienst und Briefdienst zu Beginn der Liberalisierung in Deutschland (ab 1998) nicht klar bzw. mussten erst konkrete Unterscheidungsmerkmale zwischen nicht lizenzpflichtigem und lizenzpflichtigem Dienstleister gefunden werden. Die erst wenige Jahre zuvor (1995) privatisierte Deutsche Post AG ging seinerzeit teils sehr rigoros gegen neue Mitbewerber mittels Abmahnungen und Anklagen vor Gericht vor. Sinn und Zweck war es seinerzeit, die gerade im Enstehen befindliche Konkurrenz - auch mit fragwürdiger rechtlicher Grundlage auf Seiten der DPAG - aufzuscheuchen und zur Einstellung der Betriebstätigkeit zu "überreden". Die seinerzeit existierende Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (seit 2005: Bundesnetzagentur) war explizit dafür zuständig, der Postkonkurrenz die rechtlich notwendige Lizenz im Briefdienst als Geschäftsgrundlage für ein eigenes Unternehmen zu genehmigen, ergo Wettbewerb im deutschen Briefmarkt ausdrücklich erwünscht.

Gruß
Pete
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/344
https://www.philaseiten.de/beitrag/216538