Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 04.01.2020 10:45:55 Gelesen: 224637# 482@  
Liebe Freunde,

ich freue mich, hier einen besonderen Brief zeigen zu können, bei dem nicht manches im Dunklen bleibt, wie bei einigen Expressbriefen der frühen Jahre, sondern bei dem alles offensichtlich ist und der daher als perfektes Beispiel dient, um zu erkennen, wie dieser äußerst selten gewünschte und extrem teure Postdienst funktionierte.



Gezeigt wird ein Recobrief aus Nördlingen vom 3.11.1840 mit folgender Anschrift: Seiner Hochwürden Herrn Herrn Sailer Königlicher Pfarrer in Mündling Landgericht Donauwörth

Recepisse Sehr pressant vertatur vertatur.

Hinten zu lesen steht: Ist allenfalls durch eigenen Boten nach Mündling zu senden, welchen Herr Pfarrer Seiler zahlen wird.

Dem Extra Bothen von Monheim bezahlt 24 Xr.

Der Absender vermerkte im Brief, dass er am Morgen des 5.11. in Donauwörth wünsche, den Herrn Pfarrer zu treffen, daher war zur Einhaltung dieses Termins die Expressbestellung zwingend erforderlich (es ging um eine Gerichtssache mit Aktenübergabe).

Der Absender wusste nicht, welche Post einen Extraboten nach Mündling schicken würde, weil er nicht wußte, welche Poststelle Mündling überhaupt versorgte. Daher die allgemein gehaltene Vorgabe, den Brief von wo auch immer per Extraboten zustellen zu lassen. Eine Unterscheidung von Tag- und Nachtbestellung gab es nicht - der Bote hatte sofort mit diesem Brief loszumarschieren und für 24 Kreuzer von Monheim aus waren es nach Müngling immerhin 12 km, so dass er wohl insgesamt 5 Stunden unterwegs gewesen sein dürfte.

Kostenstruktur: 4 Kr. Chargé für den Absender. 3 Kr. Postporto für einfache Briefe bis 6 Meilen (45 km) und 24 Kr. Expressbotengebühr für den Empfänger.

NB: Hätte sich der Empfänger angesichts der 27 Kr., die er für den Brief berappen durfte und den er erst nach Erlegung dieses Betrages ausgeliefert bekam, geweigert, diese zu zahlen, wäre der Brief mit 30 Kr. belastet zurück an die Aufgabepost gelaufen, die diese 30 Kr. dann vom Absender hätte einkassieren müssen. Die Expressgebühr war nicht erfolgsabhängig, also mit einer Zustellung verbunden, sondern ergab sich allein aus dem Wunsch des Absenders.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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