Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 04.01.2020 12:16:10 Gelesen: 227929# 484@  
Liebe Freunde,

mit dem Regulativ innerbayerisch vom 1.8.1865 war das Franko in Bayern und Richtung Pfalz in allen Fällen ohne Ansehung der Entfernung im Königreich auf nur noch 3 Kreuzer reduziert worden. Das war sehr kundenfreundlich und mutet in der heutigen Zeit wie ein Anachronismus an.

Aber es gab noch günstigere Versendungsarten, wie z. B. die "per Couvert" oder auch "per Einschluß" genannt. Ein solches Stück haben wir hier vor uns und man darf als Sammler froh sein, dergleichen überhaupt heute noch zu finden:



Die Firma Volleth & Boeschel in Nürnberg teilte ihren Geschäftspartnern zu Beginn eines jeden Monats mit, welche Rechnungen, Kosten, Tratten, Wechsel usw. ein- bzw. ausgegangen waren und wie sich die aktuelle Finanzsituation für ihre Kunden darstellte. So auch hier in einem Brief an die Firma Otto Beck in Augsburg, der links unten den Vermerk "pC" = per Couvert trug. Was war geschehen, klebt doch nur eine simple 1 Kreuzer gelb auf dem Brief von Nürnberg nach Augsburg, der doch 3 Kr. gekostet hätte und im Falle einer offensichtlichen Unterfrankatur mit "noch 5 Kr." aus austaxiert werden müssen?

Volleth & Boeschel hatte vlt. 5 Kunden in Augsburg, die alle ihren Finanzstatus zum 1.2. mitgeteilt bekamen. Daher hätte der Versand von 5 einfachen Briefen bis 1 Loth inklusive total 15 Kreuzer gekostet und das jeden Monat wieder.

Wenn man aber diese 5 Briefe mit je einer 1 Kreuzermarke in Nürnberg versah, sie unter ein Kreuzband schnürte und das Kreuzband mit der Aufschrift "An die verehrliche Hauptbriefpostexpedition Augsburg, Franco" absandte, wurde nur dieses Bündel insgesamt gewogen. Dieser Brief hier wiegt 3g, so dass 5 Briefe 15g und das Kreuzband 1g wog, in toto also 16g. Damit reichten 3 Kr. von Nürnberg nach Augsburg für das "Bundle" aus, weil man noch unter 16,66g kam. Erst bei einem 6. Brief hätte man dann dieses "Bundle" mit 6 Kr. frankieren müssen. So sparte man sich also in Nürnberg bei nur 5 Briefen viel Geld, nämlich statt 5 mal 3 = 15 Kreuzer nur 1 mal 3 und 5 mal 1 Kreuzer = 8 Kreuzer, also 7 Kr. Ersparnis.

Es versteht sich von selbst, dass die Ersparnis umso größer war, je mehr Briefe man unter Kreuzband versenden konnte, aber es mussten halt alles Briefe in den gleichen Ort bzw. dessen Lokalbezirk sein, Briefe an verschiedene Postexpeditionen waren so nicht zulässig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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