Thema: Altdeutschland: Auslagen- und Postvorschuß-Belege
bayern klassisch Am: 30.03.2020 12:01:16 Gelesen: 28182# 56@  
@ blaujacke [#55]

Hallo Uwe,

dein Portobrief (also Gebühren zahlte nur der Empfänger) lief vom 3.10.1848 die Strecke Berlin - Hof - Würzburg - Frankfurt am Main - Mannheim - Oggersheim (heute ein Stadtteil von Ludwigshafen am Rhein). Es war aber kein Fahrpostbrief, wie die Überschrift glauben lassen könnte, sondern ein Gegenstand der Briefpost.

Zurgrunde lag der Postvertrag Bayerns mit Preußen vom 1.4.1835 mit der Modifikation zum 1.1.1845, mit welcher sich beide Postgebiete die günstigeren, inländischen Porti gegenseitig gewährten und nicht die einst (1835) fixierten Auslandsporti, die deutlich höher gewesen waren.

Daher verlangte Preußen für seinen Brief bis 1/2 Loth Gewicht 4 Silbergroschen (Sgr.) von Berlin bis Hof, wobei Hof als preußisches Grenzpostamt fungierte, auch wenn der Auslage Hof - Stempel ein durchaus Bayerischer ist. Aber nicht der Berliner, sondern der Hofer Beamte Preußens notierte 14 Kreuzer und schlug darauf seinen Auslagestempel ab. Auslage bedeutete hier, dass Bayern 14 Kreuzer (Kr.) für den Brief an Preußen verauslagen musste, sprich Preußen diesen Betrag (4 Sgr.) von Bayern später haben wollte.

Bayern setzte seinen Pauschalsatz von 12 Kr. ab Hof bis Oggersheim (Ludwigshafen) an, der in schwarzer Tinte notiert worden war. Der Transit durch das Postgebiet von Thurn und Taxis war seit 1834 kostenlos (Münchener Verträge).

Die Addition der beiden Gebührenteile ergab die siegelseitig notierten 26 Kreuzer (in Rötel der Abgabepost von Oggersheim, die hier vergessen hatte, mit ihrem Halbkreisstempel Ankunft zu stempeln).

Um die Realkosten damals in die heutige Zeit zu transponieren: Für 26 Kr. konnte man damals 5 mal zu Mittag essen in einem Lokal.

Ich hoffe, dir ein wenig geholfen zu haben.

Liebe coronafreie Grüße,
Ralph
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/2289
https://www.philaseiten.de/beitrag/227821