Thema: Umgang mit philatelistischen Internet-Plattformen
olli0816 Am: 08.05.2020 14:43:19 Gelesen: 3366# 6@  
@ Henry [#1]

Hallo,

ich habe einiges in dem Delcampe - Thema geschrieben und auch sehr kritisches.

Ich denke, jedem ist klar, dass kein Mensch alle Angebote prüfen kann. Muss man auch nicht, weil sehr viele Anbieter ganz korrekt einstellen und wenn da mal ein Fehler ist, dann ist das durchaus verschmerzbar.

Es ist aber schon so, dass immer wiederkehrende verhaltensauffällige Anbieter auf den Plattformen erscheinen. Es ist auch so, dass Plattformanbieter Mechanismen zur Verfügung stellen, die diese Sorte Anbieter dabei noch unterstützen. Ich erinnere z.B. an das Feld "Echtheit nicht bestimmt" bei eBay. Muss das wirklich sein? Oder bei Delcampe, dass ein Anbieter einfach so die Frage löschen kann, wo es das einzige Feld ist in dem man darauf hinweisen kann, dass der Artikel eine Fälschung ist. Oder bei den Bewertungen, dass man die verkauften Artikel nicht einsehen kann. Und das ist nur die Spitze des Eisberges.

Dazu kommt, dass sich Plattformanbieter gerne selber dumm stellen, um ihre Passivität besser aussehen zu lassen. Weil hier der Profitgedanke der Plattform im Vordergrund steht. Ich verurteile den Profitgedanken nicht, da er bei jedem agierenden Unternehmen sehr wichtig ist. Aber es ist ein Unterschied, wenn ich aufgrund laxer Behandlung der Angebote mit gefälschten Material recht üppige Provisionen einstreiche.

Wenn ich beim Delcampe-Thema bei meinen vier Artikel, die ich ohne aktives Suchen, weil ich den vierten Artikel finden wollte drei auf den ersten Blick stümperhafte Angebote finde und diese 300, 500 und knapp 900 EURO kosten, dann bedeutet das, dass der Anbieter Delcampe bei Verkauf der drei Artikel bei 10% Provision 170 EURO einnimmt. Die kaufenden Sammler sind 1.700 EURO Geld los und bekommen dafür nichts, was auch nur annähernd etwas wert ist. Ich weiß nicht, aber richtig finde ich es nicht. Das Problem dabei ist, dass es tatsächlich genügend - Entschuldigung - Esel gibt, die selbst den abstrusesten Mist kaufen.

Mein Verhalten hat sich inzwischen auch geändert. Ich habe früher viel über eBay gekauft und hatte zeitweilig ein Konto bei Delcampe, wo ich in wesentlich geringerem Umfang gekauft und auch ganz wenig verkauft hatte. Das Konto besitze ich nicht mehr und bei eBay bin ich eher zurückhaltend unterwegs. Das heißt, ich berücksichtige den Satz von Wim, dass ich nicht gezwungen werde dort einzukaufen. Das führt dazu, dass ich bei den Onlineplattformen so gut wie nichts teures einkaufe und ich bei selteneren Sachen Auktionen trotz höherer Gebühren bevorzuge. Auch wenn ich die Sammlungen dort nicht umtauschen kann, so kann ich sie mir davor anschauen. Macht ja auch viel Spaß, wenn man sich die Zeit nimmt.

Hier schließt sich der Kreis: Wenn immer mehr Leute aufgrund der gewollten Nachlässigkeiten bei den Plattformbetreibern aufgrund der Fälschungsproblematik auf andere Möglichkeiten ausweichen, leiden viele ehrliche Händler und gehen mangels Verkäufe pleite. Das sollte es nicht sein und hier vermisse ich das Verantwortungsbewusstsein ebendieser Plattformbetreiber.

Meiner Ansicht nach sind solche Plattformen viel einfacher sauber zu halten als man denkt und behauptet wird. Man schaut sich die Anbieter regelmäßig an, schaut auf den Foren was gemeldet wird und wie die Bewertungen sind. Da bekommt man relativ schnell eine gute Idee. Es kommen bei ebay zu 90% die immer gleichen Konten, die bei stampsx gemeldet werden. Und wenn einer mit gleicher Adresse und mehreren Konten mit zweifelhaften Material aufwartet, dann ist die Sache schnell klar und der Anbieter sollte ins Nirwana verschwinden. Wenn z.B. bei Delcampe der Händler mit den wohl meisten Bewertungen Material am laufenden Meter anbietet, was gemeldet wird, dann wären bei mir schon lange die Alarmglocken angegangen, wenn ich das Thema ernst nehme. Das vermisse ich in dem Fall außerordentlich. Eigentlich ist es marketingtechnisch der Super-GAU, mein größter Händler ist nicht seriös und bietet massenweise teure Fälschungen an mit Zettelchen mit Phantasiepreisen.

Im Gegensatz zu Wim sehe ich hier eine wesentlich größere Verunglimpfung der potentiellen Käufer. Die Käufer werden schlicht betrogen. Nichts anderes passiert hier. Und da lasse ich mich von niemanden abbringen.

Zu deinen Vorschlägen:

1. Nein, die (bekannten) Plattformen scheinen kein gesteigertes Interesse zu haben, einen rechtstreuen Raum zu schaffen. Sonst würden sie anders handeln

2. Ja, wenn Käufer/Sammler unregelmäßige Anbieter melden, sollten die entfernt werden. Die Praxis zeigt, dass zumeist wenig Interesse besteht. Einzige Ausnahme: es wird so dreist, dass es gar nicht anders mehr geht als zu handeln den Anbieter zu entfernen. Wie Du an der Antwort von Delcampe heute morgen sehen kannst, überlegen sie immer noch, ob besagter Händler gesperrt wird.

3. Mehrfachanmeldungen sind nicht 100% auszuschließen. Aber man könnte ein sog. Identverfahren wie bei einer Bank einführen. So ist der betrügerische Anbieter gezwungen, ständig Dritte zu suchen. Man kann z.B. auch automatisch mit bereits gelöschten Angeboten abgleichen, ob die wieder reingestellt werden. Die meisten Fälscher sind nicht sonderlich wohlhabend und haben nicht unendlich viel Material.

4. Mindestens einen Fachmann einstellen wäre im Sinne der Plattform, auch wenn man nicht alles prüfen kann. Aber vieles ist auch ohne Spezialist in einem Gebiet zu sein erkennbar. Wird natürlich eingespart. Man könnte sich nicht mehr dumm stellen, verliert Provisionen und kosten tut der Angestellte auch ohne Umsatz zu bringen. Ganz im Gegenteil, er unterbindet (vorerst) Umsatz.

5. Provisionierung von anderen Sammlern: Halte ich nicht für realisierbar. Auch Fachleute irren manchmal und manche können gerade wegen der Provisionierung zu weit gehen.

Das Thema ist aufgrund der Interessenskonflikte nicht einfach.

Ich habe es für mich so gelöst, dass ich Artikel bis etwa 20 EURO auf professionellen Plattformen kaufe. Ansonsten nutze ich sie nur noch, um mich mit Fälschungen fortzubilden. Dafür sind sie ideal. :) Ich kaufe das meiste inzwischen auf Auktionen bei den Häusern wo ich gute Erfahrungen gemacht habe. Auch dort gibt es solche und solche. Und manchmal kaufe ich bei den philaseiten. Da gibt es zwar kaum Raritäten, aber es wird immer wieder mal was hübsches angeboten.

Entscheiden muss es am Ende jeder selber, wo und was er kaufen möchte. Habe ich ein gutes Spezialwissen in einem Gebiet, kann ich auf den besagten Plattformen ohne Probleme einkaufen. Bei kleinen Artikeln (wie auch immer ich die selber definiere) würde ich kein großes Gewese machen. Bei eBay grundsätzlich PayPal verwenden und keine Artikel von Händlern kaufen, die ihre Ware nicht zurücknehmen. Damit ist man zwar nicht 100% sicher, aber es ist schon viel abgedeckt.

Grüße Oliver
 
Quelle: www.philaseiten.de
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