Thema: Sütterlin und andere Schriften - wer kann das lesen ?
evwezel Am: 20.05.2020 09:28:50 Gelesen: 514889# 1581@  
Liebe Sammelfreunde,

ich zeige euch nochmals einen Feldpostbrief. Die beiden Brüder Richard und Franz haben ihre Ausbildung ins Gymnasium Gaesdonck (zu Goch) bekommen. Nach seinem Arbitur, Franz arbeitete als Gymnasiallehrer. Als Richard in 1917 diesen Brief schreibt, ist Franz gerade zu den Waffen einberufen. Er gibt Franz einige Hinweise zum Leben in der Armee. Mir fehlen noch einige Wörter.

Viele Grüβe,

Emiel


Seite 1
Ruβland, 24. Jan. 1917

Lieber Franz!

Mit groβer Spannung las ich heute deinen
ersten Kammiβbrief. Ich kann mich noch immer
nicht so recht in die Sachlage hinein denken,
es kommst mir zu spanisch vor. Jeden falls freut es
mich sehr, aus deinem Brief ein unlaugbare
Dienstfreudigkeit und Zufriedenheit herauszulesen.
Ich glaube bestimmt, daβ die einstmalige Gaes-
doncker Zucht und Kasernierung viel dazu
beitragen und daβ gerade diese dir das jetzige
eiseren "Muβ" viel erträglicher machen.
Auch ist es ja von groβen Wert, daβ du so
viele Kameraden in gleicher sozialer Mallung
hast, das Gegenteil wäre meines erachtens für dich
die allerbitterste Pille gewesen. Vor allem
aber konntest du kein bessere Truppengattung
finden, die auβerdem richtig interessant ist.
In der Hauptsache kommt es ja nun zunächst auf
die Morgesetzten(?) an u. da geben ich dir den guten
Rat: Laβ dir von den Unterorganen nicht
zu viel gefallen! Immer wieder erhalten
wir Rundschreiben, zuletzt eines unter geheime
direkt von Hindenburg, worin die möglichst
(...) Behandlung der Leute dringend be-
fohlen wird, unter Hinweis darauf, daβ man
es nicht mit 20 jährigen Rekruten zu tun
hätten, sondern mit Männer, die selbst wüβten,
was die den (...) schuldig sind. Solltest
du irgendwie (...) haben, dann wende dich an mich.

Kammiß=militär


Seite 2

Infolge der Urlaubssperre bis 20. Februar muβ
ich mich auch noch einige Wochen gedulden. Ich
hoffe 4 Wochen heraus zu schrieden(?), in dem ich
dich sicherlich zu Hause sehen werde. Auf jeden
Fall (...) auf Fahrschein bis Coblenz.
Vom 20-22 ds hatte Moll u. H. Klüfer
zu Besuch. Die Freude der beiden kannst
du dir denken, besonders Moll war im siebten
Himmel. Ein mächtiges Faβ Bier, schöne
Schlittentouren u. gemütlich Sitzungen
schufen uns unvergeβliche Tage. Ich
lege dir ein Aufnahme bei von einer
Abfahrt zur Schlittentour. Im anderen(?)
Schlitten Herr Lemm mit H. Klüfer,
hinten Moll u. ich im Einspänner.
Denn füge auch ein Weihnachtsaufnahme
für dich bei als Andenken.
Und nun alles Gute lieber Franz,
der Packete kommt. Laβ dir die Sache
nicht zu feuer(?) werden, nimme alles
von der ersten Seite auf.
Mit herzl. Brudergruβ, Kuβ
Richard



 
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