Thema: Luxemburg: Besondere Stücke der Luxemburger Wappenausgabe
marc123 Am: 06.06.2020 13:29:53 Gelesen: 10245# 21@  
Der stumme Stempel von Junglinster auf Wappenmarken

In Junglinster eröffnete am 2. Juli 1858 eine Relais-Station [1]. Diese Relais-Station war abhängig von der „perception principale“ von Luxemburg [2]. Ein Relais ist im Tarifbuch von 1861 [3] definiert als „Ort, an dem sich Relais-Briefträger befinden“. Leider sind uns die Namen der Briefträger von Junglinster nicht bekannt.

Folgende Ortschaften unterlagen 1861 dem Relais von Junglinster [4]: Altlinster, Asselscheuer, Behlen, Beidweiler, Bergerie, Blaschette, Blumenthal, Bourglinster, Eisenborn, Eschweiler (Rodenbourg), Godbrange, Graulinster, Hoelzchen, Imbringen, Jeanhary (ferme), Klingelscheuer, Neumühle (Junglinster), Raashof, Schwaechtgen.

Ab dem 1. Juli 1873 wurde die Relais-Station erweitert mit Paketpost-Dienstleistungen [5]. Vermutlich war es auch zu diesem Zeitpunkt, wo die Relais-Station einen Einkreisstempel mit der Inschrift „JUNGLINSTER“ erhielt. Die erste bekannte Abstempelung mit dem Einkreisstempel „JUNGLINSTER“ datiert vom 15. Februar 1874 [6]. Im Mai 1874 war das Relais von Junglinster immer noch abhängig von der „perception principale“ von Luxemburg-Stadt [7]. Ab wann das Relais von Junglinster von der „perception de poste“ von Dommeldingen abhängig wurde, ist uns nicht bekannt, doch aus einer post-internen Korrespondenz geht hervor, dass dies zumindest im Februar 1881 schon der Fall war [8].

Wie weiter oben erwähnt, ist ein Einkreistempel „JUNGLINSTER“ seit Februar 1874 bekannt. Aus den folgenden Monaten März und April 1874 kennen wir zwei Briefe (Abb. 1 u. 2), die mit einem rechteckigen Barrenstempel abgestempelt sind, und den Einkreisstempel „JUNGLINSTER“ als Datum-Nebenstempel tragen.



Abb. 1: Provenienz: ex-Sammlung Rudy Kremer

Der erste Brief ist ein Inlandsbrief vom 5. März 1874 aus Junglinster nach Diekirch (Abb. 1), frankiert mit einer farbig durchstochenen 10 Centimes Naumann der dritten Lieferung [9]. Von der Rückseite des Briefes liegt uns leider keine Abbildung vor.



Abb. 2: Provenienz: Sammlung Olivier Nosbaum

Beim zweiten Brief handelt es sich um einen Inlandsbrief vom 7. April 1874 aus Junglinster nach Grevenmacher (Abb. 2), frankiert mit einer farbig durchstochenen 10 Centimes Naumann der dritten Lieferung, eingetragen am 3. Juli 1871 [10]. Auf der Rückseite befindet sich eine Abstempelung von Luxembourg und von Grevenmacher vom gleichen Tag.

Von diesem rechteckigen Barrenstempel sind uns noch vier weitere Abschläge auf einzelnen Marken bekannt, die auch von der dritten Lieferung der farbig durchstochenen 10 Centimes Naumann sind; davon zwei in schwarzer Farbe (Abb. 3), und zwei in braunroter Farbe (Abb. 4). Die sechs hier vorgestellten Abschläge sind die einzigen, die wir bis dato auf den Wappenmarken gesichtet haben.



Abb. 3a: Provenienz Olivier Nosbaum; Abb. 3b: Provenienz ex-Johny Koetz



Abb. 4a: Provenienz Olivier Nosbaum; Abb. 4b: Provenienz Marc Schaack

Bei diesem stummen Stempel stellt sich die Frage, welcher Datum-Nebenstempel vor der Einführung des Einkreisstempels verwendet wurde. Dies für die Briefe, die nach außerhalb des Ressorts vom Relais von Junglinster versendet wurden. Theoretisch müsste es sich um einen Stempel der „perception principale“ von Luxemburg-Stadt handeln. Solch ein Brief ist uns bis heute nicht bekannt.

Briefe versendet aus dem Ressort vom Relais von Junglinster aus der Zeit zwischen dem 2. Juli 1858 und dem 1. Juli 1873, ohne Ruralstempel, sind uns zwei bekannt. Beide Briefe wurden vom Notar Klein aus Junglinster an den Notar Brasseur aus Esch-sur-Alzette versendet.



Abb. 5: Provenienz: Sammlung Marc Schaack



Abb. 5a

Der erste Brief ist ein Inlandsbrief, datiert vom 22. Dezember 1860 aus Junglinster nach Esch-sur-Alzette (Abb. 5), frankiert mit einer geschnittenen 10 Centimes Naumann der ersten Lieferung [11]. Entwertet wurde die Marke mit dem PD Stempel von Luxembourg und als Datum-Nebenstempel vom 23. Dezember 1860 wurde ein Typ „petit français“ verwendet.



Abb. 6: Provenienz: Sammlung Marc Schaack



Abb. 6a

Der zweite Brief ist ein Inlandsbrief, datiert vom 26. Juni 1861 aus Junglinster nach Esch-sur-Alzette (Abb. 6), frankiert mit einer geschnittenen 10 Centimes Naumann der zweiten Lieferung [12]. Entwertet wurde die Marke mit dem „petit français“ von Luxemburg vom 26. Juni 1861 und als Datum-Nebenstempel wurde der gleiche Stempel verwendet.

Für weitere postalische Informationen, Kommentare oder Briefe aus Junglinster aus der erwähnten Periode sind die Autoren Ihnen dankbar.

Commission pour la Philatélie traditionnelle, les Entiers postaux et l’Histoire postale du Luxembourg

Olivier Nosbaum - Marc Schaack

[1] J.-P. Reis, Statistique historique du Grand-Duché de Luxembourg - Administration des postes et des télégraphes - histoire des postes, des télégraphes et des téléphones (Luxembourg 1897), 196.
[2] N. Mallinger, Manuel postal ou recueil des tarifs usités dans les bureaux de poste du Grand-Duché de Luxembourg, 3me édition, (Luxembourg 1861), 120–121.
[3] Ebenda.
[4] N. Mallinger, Manuel postal ou recueil des tarifs usités dans les bureaux de poste du Grand-Duché de Luxembourg, 3me édition, (Luxembourg 1861), 122–159.
[5] J.-P. Reis, Statistique historique du Grand-Duché de Luxembourg - Administration des postes et des télégraphes - histoire des postes, des télégraphes et des téléphones (Luxembourg 1897), 196.
[6] Handbuch zur Philatelie, Lieferung 8.3.1. Tagesstempel, Commission d’études F.S.P.L., Forschungsstand März 2020 (in Vorbereitung).
[7] Post-Instruction 33, 1874, n° 1202.
[8] ANLUX, FIN-01744, Agences postales - documents concernant l'établissement et l'organisation de l'agence à Junglinster et correspondance y relative, 1881–1926.
[9] Die dritte Lieferung wurde am 3. Juli 1871 eingetragen. J.-P. Reis, Statistique historique du Grand-Duché de Luxembourg - Administration des postes et des télégraphes - histoire des postes, des télégraphes et des téléphones (Luxembourg 1897), 219.
[10] Ebenda.
[11] Die erste Lieferung wurde am 17. September 1859 eingetragen. J.-P. Reis, Statistique historique du Grand-Duché de Luxembourg - Administration des postes et des télégraphes - histoire des postes, des télégraphes et des téléphones (Luxembourg 1897), 219.
[12] Die zweite Lieferung wurde am 12. Januar 1861 eingetragen, ebenda.

(Aus: FSPL (Hrsg.) Moniteur du Collectionneur 2, 2020).
 
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