Thema: Peter Feuser: 2000–2020 Zwanzig Jahre Bleisulfidskandal
Jürgen Häsler Am: 11.06.2020 11:19:58 Gelesen: 19337# 95@  
Die hier gemachten Aussagen stellen die persönliche Meinung des Verfassers dar. Für die These, dass PVC-Folien für Schäden an klassischen Briefmarken verantwortlich sind, gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

@ bovi11 [#74]

Hallo Dieter,

herzlichen Dank für den Hinweis auf § 5a UWG.

§ 5a Abs. 2 UWG ist aus meiner Sicht tatsächlich einschlägig und bietet in Verbindung mit § 3 und § 8 eine Anspruchsgrundlage für eine Abmahnung und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen irreführender Werbung. Allerdings können gemäß § 8 Abs. 3 UWG Ansprüche nur von Wettbewerbern (hier „Konkurrenten“ von Firma X und Firma Y), Berufsverbänden (hier der APHV), “Abmahnvereinen“ und den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern geltend gemacht werden.

Und selbst wenn das jemand macht: es wäre keine Lösung für die Bleisulfidproblematik. Die Hart-PVC-Folie muss für "klassische" Briefmarken aus dem Verkehr gezogen werden. Das muss unser Ziel sein.

@ TeeKay [#77]

Polystyrol ist aus meiner Sicht im Regelfall der Kunststoff der Wahl im Bereich "Briefmarken". Und Du hast natürlich Recht, die im Vergleich zu Hart-PVC geringere mechanische Stabilität von PS beeinträchtigt nicht die Briefmarken. Sie erschwert allenfalls die Verarbeitung des Materials bei der Herstellung von Briefmarkenalben und Klemmtaschen.

@ Peter Feuser [#78]

Ich komme gerne zu Dir nach Stuttgart für ein persönliches Gespräch über ein mögliches gemeinsames Vorgehen im Bereich Bleisulfidproblematik. Einen Termin können wir demnächst per Mail vereinbaren.

Als Vorstandsmitglied des WPhV gilt für mich im übrigen auch unsere Vereinssatzung.

Württembergischer Philatelistenverein Stuttgart 1882 e.V.
S A T Z U N G
[...]
§ 2 Zweck und Aufgaben
(1) Zweck des Vereins ist es, Briefmarkensammler in ihren Sammlerinteressen zu fördern und in der Öffentlichkeit für die Philatelie zu werben.
[...]
Unser geschätzter 1. Vorsitzender Dr. Feifel fordert zu Recht einen "Mehrwert" durch unsere Vereinsmitgliedschaft. Und es ist an der Zeit, diesen Anspruch Wirklichkeit werden zu lassen.

@ Peter Feuser [#79]

Du weist völlig zu Recht darauf hin, dass auch für Briefmarkenausgaben nach 1960 keine völlige Entwarnung bei Hart-PVC-Folien gegeben werden kann. Zwar wurden danach aus Gründen des Gesundheitsschutzes keine blei(II)chromathaltigen Druckfarben mehr verwendet, weshalb ab diesem Zeitpunkt auch keine Bleisulfidschäden mehr auftreten können. Und wenn diese Chrompigmente weiterhin verwendet wurden, so hat man zumindest darauf geachtet, dass das Blei(II)chromat in der Druckfarbe so "ummantelt" wurde, dass z.B. bei der Berührung der Druckerzeugnisse mit den Fingern die Abgabe von giftigem Blei und krebserzeugendem Chromat minimiert wurde.

Trotzdem können die "Weichmacher" in den Kunststofffolien die vorhandenen Fluoreszenzfarbstoffe aus den Briefmarken herauslösen und auch bei Verwendung von "Goldlack" oder "Silberlack" beim Briefmarkendruck kann es zu Problemen kommen, wenn diese Briefmarken eine Wechselwirkung mit der Kunstofffolie zeigen.

@ umdhlebe [#80]

Polystyrol, Polyester und Polypropylen sind aus meiner Sicht "ziemlich" sicher.
Das zentrale Problem bei der Hart-PVC-Folie ist in der Tat die mangelhafte Be- und Entlüftung. Wenn der aus den Hart-PVC-Folien abgespaltene Schwefelwasserstoff "wegdiffundieren" kann, ist der entstehende Bleisulfidschaden nur gering. Ist die Belüftung jedoch schlecht, kommt es zu den beobachteten gravierenden Bleisulfidschäden. Wird ein Klarsichtalbum in einem Schuber untergebracht, fördert das die Frischluftzufuhr sicherlich nicht.

@ Peter Feuser und umdhlebe [#81] bis [#84]

Schuldzuweisungen helfen uns nicht wirklich weiter. Natürlich ist es traurig, wenn der ehemalige BDPh-Präsident Dieter Hartig "sich beim Rasenmähen gestört fühlt", wenn er mit der Bleisulfid-Problematik konfrontiert wird. [1]
Niemand von uns wird bestreiten wollen, dass die Pflege des heimischen Rasens eine ehrenwerte und wichtige Aufgabe ist. Die Erforschung der Ursachen der beobachteten Bleisulfidschäden und die Bemühungen um Schadensbegrenzung sind aber mindestens eine ebenso ehrenwerte Aufgabe.

@ johanneshoffner [#86]

Hallo Herr Hoffner,

Ihre Publikationen sind nicht nur für mich sehr wertvoll. Es wäre toll, wenn Sie mir diese vollständig (am besten als PDF-Dateien) zukommen lassen könnten. Insbesondere Ihr "Testverfahren" zur Identifikation des Folienmaterials ist einfach durchzuführen und sehr hilfreich.

Die Bevorzugung von Polyester-Folien (PET, Polyethylenterephthalat) in Großbritannien hat auch historische Gründe. Dabei schwingt aus meiner Sicht auch eine kleine Portion "Patriotismus" bzw. "Nationalstolz" mit.

PET ist eine englische Erfindung und wurde zunächst vom britischen Chemieunternehmen ICI und dem amerikanischen Chemiekonzern DuPont entwickelt und vermarktet.

Die Übernahme und Zerschlagung des einstigen britischen "Vorzeige-Unternehmens" ICI durch AkzoNobel im Jahr 2007 haben einige Briten bis heute nicht ganz "verkraftet".

Mylar ist eine "Biaxial orientierte Polyester-Folie (BO-PET, PET-BO)" und für die Unterbringung von Briefmarken sehr gut geeignet. Es überrascht also nicht, wenn der Kurator der philatelistischen Sammlung der British Library Mylar-Folie verwendet.

Der Verwendung von PET-Flaschen für Getränke stehe ich allerdings sehr skeptisch gegenüber. In PET finden sich oft Spuren von Antimon(III)oxid, das bei der Herstellung als Katalysator verwendet wird.[2]

Bei der Herstellung von PET-Flaschen entstand in der Vergangenheit auch Acetaldehyd.[3] Beide Stoffe können aus PET-Flaschen in die Getränke übergehen. Teilweise wurde dabei der geltende Antimon-Grenzwert für Trinkwasser überschritten. Antimon und die aus PET freigesetzten Phthalate stehen im Verdacht, "endokrine Disruptoren" zu sein.

@ Jensen [#94]

Sie haben völlig Recht. Das Thema "Bleisulfidschäden" hat mit dem Thema "Weichmacher" nicht das geringste zu tun. Natürlich entsteht auch der Eindruck, die Diskussion zum Thema "Weichmacher" werde von Dritten "künstlich befeuert", um vom eigentlichen Problem "Bleisulfidschäden" abzulenken.

@ ALLE

Was mich schon beim Lesen von Peter Feusers Broschüre "Zwanzig Jahre Bleisulfidskandal" sehr irritierte, ist die Tatsache, dass Peter Feuser (mit wenigen Ausnahmen wie z.B. Herrn Geigle vom Bund Philatelistischer Prüfer) so wenig Unterstützung erfahren hat.

Bei Christian Geigle habe ich einst als "Jungsammler" meinen ersten (damals noch teuren) hochwertigen Briefmarkensatz Heuss I (postfrisch mit FA, Bund Mi-Nr. 177-196) gekauft.

Schon damals war ich von seinem immensen Fachwissen und Engagement für die Philatelie sehr beeindruckt.

Aber da müssten doch noch viele weitere Protagonisten vorhanden sein, die ein hohes Interesse an der Beseitigung der "Bleisulfidproblematik" haben sollten. Wo sind die alle geblieben ?

Es muss für einen Auktionator wahnsinnig frustrierend sein, wenn er (für aus seiner Sicht hoffentlich viel Geld) einwandfreie Ware in Top-Zustand versteigert, im Idealfall dann Jahre oder Jahrzehnte später die von ihm einst selbst versteigerte Ware zum erneuten Verkauf wieder eingeliefert bekommt und dann entsetzt feststellen muss, dass eben diese Ware schwere Bleisulfidschäden zeigt. Nun muss dem Einlieferer "schonend" mitgeteilt werden, dass die einstige Top-Ware in diesem Zustand nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Wertes besitzt.

Wenn ich sehe, wie zu diesem Thema binnen kürzester Zeit so viele Beiträge verfasst werden, dann kann dieses Thema doch nicht unwichtig sein.

Und ich hoffe sehr, dass meine Befürchtung, dass das bei manchen "gestrichenen" Papiersorten als Füllstoff zugegebene Bariumsulfat [4] die Bildung von Blei(II)sulfid aus den schwefelhaltigen Zusätzen in Hart-PVC-Folien katalysiert, sich als falsch herausstellt.

Denn wenn das tatsächlich so wäre, dann hinge die Geschwindigkeit der Bildung von Blei(II)sulfid nicht nur von der Blei(II)konzentration im Chrompigment der Druckfarbe (die schwankt zwischen 64 % und 75 % mit 0<x<2 in der Summenformel PbCrO4·Pb(OH)x, auf wasserfreie reine Chrompigmente berechnet) und der Schwefelwasserstoffkonzentration im "Mikroklima" ab, sondern auch vom Gehalt an Barium im verwendeten Briefmarkenpapier.

Bei Van Goghs Gemälden könnte das Bariumsulfat aus dem Weißpigment Lithopone [5] stammen. Es besteht aus Bariumsulfat und Zinksulfid, wird aber aus Bariumsulfid und Zinksulfat hergestellt.

Jürgen Häsler

[1] Peter Feuser, 2000-2020 Zwanzig Jahre Bleisulfidskandal, Seite 18
[2] https://doi.org/10.1039/B926551A
[3] https://www.test.de/Natuerliche-Mineralwaesser-Schlechte-Noten-fuer-Discounter-1694839-0/
[4] https://roempp.thieme.de/lexicon/RD-02-00258
[5] http://www.zobodat.at/pdf/SVVNWK_151_152_0069-0078.pdf#page=4
(siehe Baryt)
 
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