Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 12.06.2020 20:24:48 Gelesen: 164728# 421@  
@ Gernesammler [#420]

Hallo Rainer,

ja, der sieht gut aus. "Etranger" bedeutete, dass ihn die Pariser Post der Auslandsstelle übergeben hatte. Er lief über das Elsass, das seit 1871 deutsch geworden war, Baden (auch deutsch), Württemberg nach Bayern nur auf Gleisen, daher so schnell.

Das Besondere war, dass der neue Postvertrag vom 16.5.1872, den das Dt. Reich mit Bayern und Württemberg mit Frankreich abgeschlossen hatte, eine Senkung der deutschen Gebühren vorsah (von vorher 12 Kreuzer auf nur noch 9 Kreuzer), während die Gebühr Frankreichs, wie wir hier sehen, bei 12 Kreuzern = 40 Centimes bestehen blieb.

Der Hintergrund war der, dass Frankreich dem Dt. Reich und seinen Alliierten 5 Milliarden Goldfranken als Reparationszahlung zu berappen hatte - und angesichts dieses enormen Betrages konnte man keine Gebühren senken.

Im übrigen: Nach dem Krieg 1871 sank das Korrespondenzaufkommen zwischen Bayern und Frankreich, weil Frankreich für alle Deutschen als der "Erbfeind" galt (und umgekehrt) und man sich anderseits orientierte, kaufte, handelte usw.. Nur die privaten Kontakte (wie hier!) blieben natürlich noch bestehen. Auch die o. a. Senkung auf nur noch 9 Kr. für den einfachen, bis 10g schweren Brief, brachte keine Änderung mit sich - das Verhältnis der deutschen Staaten zu Frankreich war zerrüttet und sollte sich bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs nicht mehr dramatisch ändern (leider!).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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