Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 05.07.2020 10:54:26 Gelesen: 163236# 424@  
Liebe Freunde,

manchmal werden Sammlerträume wahr ...





Portobrief aus Rosay vom 23.9.1836 mit 2 Aufgabestempel von 72 Septeuil und Houdan (die Orte liegen 14 km auseinander) nach München, verfasst wurde er aber in Rosay, 2 km nördlich von Septeuil. Nach dem PV vom 1.1.1822 lag er im 3. Rayon gegenüber Bayern und kostete bei der Leitung über Paris und Strasbourg 20 Kreuzer bis Kehl und ab da 18 Kreuzer bis zum Empfänger nach München. Die 20 Kreuzer wurden in Augsburg (Paketschluss Strasbourg - Augsburg) in Auslage genommen und so waren in München 38 Kreuzer zu bezahlen. Zudem wurde der Brief noch "poste restante" gestellt, sollte also nicht ausgetragen werden, sondern vom Empfänger beim Postamt abgeholt werden - dieser Dienst kostete weitere 4 Kreuzer, die aber selten notiert wurden.

Augenscheinlich weilte der Empfänger (seinen Namen kann ich nicht sicher lesen - wer kanns?) nicht mehr in München, sondern war nach "Vienne" = Wien weitergereist, so dass man ihm den Brief, wohl auf seine Weisung hin, nach dorthin nachsenden sollte.

Das Problem war nur, dass bis 30.9.1842 zwischen Bayern und Österreich ein Grenzfrankozwang existierte und Österreich nur bis zur Ö-Grenze frankierte Briefe annahm. Die Frage bleibt: Wer zahlte für einen nicht anwesenden Empfänger 38 Kreuzer Postporto, 4 Kreuzer Lagergeld wegen poste restante (die immer fällig waren, auch im Falle wie hier, dass der Empfänger verzogen war) und das Franko von 6 Kreuzern bis zur Ö-Grenze bei Salzburg? 48 Kreuzer waren eine Menge Geld.

Da der Brief am 30.9.1836 in München angekommen war, musste er schnell weitere geleitet worden sein, denn er war schon am 5.10.1836 in Wien. Ab Salzburg wurde er als einfacher Brief bis 1/2 Wiener Loth vorne mit 14 Kreuzer Conventionsmünze taxiert und er lief immer noch unter poste restante. Die Münchener Post hatte vorne links unten zwar "frey" notiert, doch hatte das hier wohl eher die Bedeutung, dass er nicht mehr mit fremden Porto belastet an Österreich weiter geleitet worden war.

Ob in Österreich damals noch eine poste restante Gebühr zu den 14 Kreuzern CM kam, weiß ich nicht. Wer es weiß, darf es gerne hier schreiben. Selbst ohne diese hätte der Brief dann ca.1 Gulden und 5 Kreuzer rheinisch gekostet - und das für unter 7,5 g.

Wer etwas zum Inhalt sagen kann, darf das gerne tun. Mein Französisch ist leider zu schlecht dafür. Jede Information freute mich sehr.

Weiterleitungen von poste restante Portobriefen in Länder mit Grenzfrankozwang sind Raritäten, die man nicht hoch genug einschätzen kann. Ich habe ca. 60 - 70 poste restante Briefe der Kreuzerzeit von, nach und durch Bayern, aber keinen solchen.

Vielen Dank nochmals an alle, die mir das Sternchen haben zukommen lassen - dafür habe ich jetzt diesen Brief (und den zuletzt eingestellten) meiner Sammlung einverleiben können. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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