Thema: Es gibt nichts was es nicht gibt - und sonst machen wir es eben selber...
EdgarR Am: 25.07.2020 18:51:16 Gelesen: 2336# 1@  
Es gibt nichts was es nicht gibt - und sonst machen wir es eben selber

Dieser Tage bekam ich aus einer Auswahlsendung einen bunt frankierten Brief in die Hände:



Die Adresse machte den Brief für mich interessant: Airport Stanley, Falkland Inseln (ein brit. Übersee-Territorium im Südatlantik). Dazu passend - obwohl "eigentlich" überflüssig - 2 Ankunftstempel vom Post Office in Stanley. Dazu eine wilde Buntfrankatur von sage und schreibe 16 rumänischen Marken, alle ersichtlich viel älteren Datums als der Ankunftstempel aus Stanley.

Doch dann drehte ich den Brief um und fand



eine Absenderadresse aus Punta Arenas, Chile, Südamerika (S.A.)

Wie bitte? Ein Brief, der von der Südspitze Chiles (gleich links von Feuerland) nach Inseln im Südatlantik ging, und zwar über England (bzw. GB)? Und frankiert mit damals schon recht alten rumänischen Marken? Das lohnte doch einen genaueren Blick!

Nun muss man natürlich wissen, dass rumänische Marken aus der kommunistischen Zeit zu abermillionen gleich im Bogen gestempelt und dann gegen Devisen an Agenturen, Händler und Sammler in kapitalistischen Ländern verhökert wurden. Man erkennt diese Massenabstempelung auf einen Blick - sie erfolgte stets so, dass ein Stempelabdruck zentral in der Mitte eines Viererblocks sass, sodass jede Marke recht präzise einen Viertel-Rundstempel abbekam.

Also schauen wir uns die "rumäische" Abstempelung mal genauer an:



1) der gelb markierte Stempel links oben: der ist auf der 6-Uhr-, der 9-Uhr- und der 12-Uhr-Position unauffällig, aber die 3-Uhr-Position zeigt einen unerklärlichen Versatz (siehe Pfeile). Das vorgebliche Stempeldatum sieht aus wie 20. (oder 26.) VII., mit unleserlichem Jahr.

2) der grün markierte Stempel direkt darunter hat sowohl auf der 3-Uhr- wie auf der 6-Uhr-Position eine auffälligen Versatz. und das Datum ist zwar auch nur zum Teil lesbar und nur in der oberen Hälfte (die unterre Hälfte der Zahlen passt nicht dazu und zeigt ebenfalls einen massiven Versatz). Demnach wäre das Stempeldatum aber der 25. 01. unbekannten Jahres.

3) ganz wild wird es bei dem violett eingekreisen, um 90 Grad gegen die Waagrechte gedrehte Stempel rechts oben: Das Datum, soweit lesbar, wäre demnach ein 10.10.9_ - also nicht Tage, sondern (mindestens!) Monate entfernt von den ersten beiden Stempeldaten. Nur nebenbei: Der gelb markierte und der violett markierte Stempel haben zwar unterschiedliche Monatsziffern, aber beide in arabischen Zahlen; der grün markierte noch einen anderen Monat, aber dafür in römischen Ziffern! Und um das Maß voll zu machen ist das Viertelsegment links unten (also von 6-Uhr-Position bis zur 9-Uhr-Position) dort völlig falsch am Platze, was der rot umkringelte Zierstern deutlich macht.

Fazit: Wer auch immer der fleissige Heimwerker war, wo er seine Werkstatt hatte und wen er betrügen wollte - die Post der Falkland Inseln oder "nur" ahnungslose Sammler - das mag dahingestellt bleiben. Das Fabrikat erhält jedenfalls eine prominenten Platz in meiner Kuriositätensammlung - mit entsprechender Würdigung!

Schmunzelnde Grüße EdgarR
 
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