Thema: Recht: Replica Stamps - Neudruck als Gewerbe - erstes Urteil
drmoeller_neuss Am: 27.07.2020 12:34:57 Gelesen: 5743# 12@  
Hier wird über das Ziel hinausgeschossen. Man muss zwischen Betrügern unterscheiden, die von Auktionskatalogen eingescannte Briefmarken auf ihrem eigenen Farbdrucker mehr schlecht als recht ausdrucken und als "Neudruck" an ahnungslose Opfer verhökern. So etwas sammelt heute niemand mehr ersthaft.

Ich habe bewusst das Wort "heute" eingesetzt, bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhundert war es üblich, zu philatelistischen Ausstellungen die Besucher mit Nachdrucken zu beglücken. Ich habe entsprechende Stücke von allen Größen der Philatelie, angefangen von Borek über Sieger bis hin zu den Verbänden wie BDPh und APHV. Die Eintrittskarte zum "Salon der Philatelie zum XIX. Weltpostkongress Hamburg 1984" hatte einen abtrennbaren "Block" mit zwei Nachdrucken in Originalfarben und -zähnung der Berliner Marken 40 und 41. Das ganze auf Wasserzeichenpapier und die Kennzeichnung "Reproduktion 1984" so klein angebracht, dass sie leicht mit einem Skalpell entfernt werden konnte. Das ist schon grenzwertig.

Die blaue Mauritus gab es offiziell von der tschechischen Staatsdruckerei.

Bei klassischen Postkarten gibt es einen Markt für Nachdrucke. Teilweise kann man solche Postkarten auch in Andenkenläden kaufen. In der Beschreibung steht zusätzlich "Fälschung, Reproduktion". Hier sollte jeder wissen, was gemeint ist. Der Preis mit 3,15 EUR ist natürlich ordentlich und sicher an der oberen, noch vertretbaren Grenze. Aber hier kommmt es auch darauf an, was geliefert wird. Ist es ein billiger Laserausdruck auf einem Pappkarton, oder kommt eine hochwertige Reproduktion, die das Geld wert ist? Im übrigen kann eine Weihnachts- oder Glückwunschkarte im gleichen Preisrahmen liegen.

Im übrigen gibt es Nachdrucke auch ganz offiziell von längst vergriffenen Büchern. Ich war froh, einen solchen zu bekommen, alternativ hätte ich mehrere hundert Kilometer zu einer Bibliothek fahren müssen, in der Hoffnung, eine Magazinausleihe zu bekommen und hätte die Seiten wohl abfotografieren müssen.

"Nachdruck" dürfte kein geschützter Begriff sein, der hier missbräuchlich verwendet wird. Der "Michel" hat garantiert nicht die Deutungshohheit über den Begriff.
 
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