Thema: Altdeutschland Bayern: Ersttagsdaten der bayerischen Posthilfstellen
Erdinger Am: 06.08.2020 20:48:28 Gelesen: 3233# 7@  
Hallo Norbert,

so, da wäre ich wieder.

Im VO-Blatt von 1903 habe ich nichts gefunden. Posthilfstellen wurden dort nur ausnahmsweise aufgeführt (etwa in Verbindung mit Telefonnetzen).

Die Datumsangabe 30.5.1903 für Erlach stammt ursprünglich aus dem Buch „Die Postablagen-, Landpostboten- und Posthilfstellen-Stempel von Bayern“ von Erich Stenger und Ludwig Sauter. Letzterer hatte Kontakt mit den meisten Posthilfstelleninhabern gesucht, um an Belege zu kommen. Noch heute kann man Stücke aus seiner Sammlung auf dem Markt finden, die nach Sauters Soldatentod im Ersten Weltkrieg aufgelöst wurde.

Posthilfstellen waren die niederste Kategorie postalischer Dientsleistung und zählten nicht zu den Postanstalten im eigentlich Sinn. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass Briefsendungen nach Orten mit einer Posthilfstelle nicht dem Postzwang unterlagen.

Posthilfstellen wurden ehrenamtlich geführt. Sie hatten mit der Zustellung von Post nichts zu tun (dafür war das übergeordnete Zustellungspostamt zuständig). Sie verkauften Briefmarken und mussten gewöhnliche Briefe, Postkarten, Drucksachen, Geschäftspapiere, Warenproben, Pakete und Nachnahmesendungen zur Beförderung annehmen. Zur Annahme von Einschreibsendungen, Postaufträgen, Anweisungen und Zahlkarten waren die Inhaber nicht verpflichtet.

Übrigens besagt die Angabe „Taxe XY“ nicht, dass es sich dabei um das übergeordnete Zustellungspostamt handelte. Wenn es weiter entfernt lag als eine andere benachbarte Postanstalt, galt deren Taxquadrat (wichtig für die Tarif- und Entfernungsbestimmung von Fahrpostsendungen). Meist waren Taxort und Zustellungspost jedoch identisch.

Um auf deinen Brief zurückzukommen: An sich waren diese Gummistempel ausschließlich zur Auflieferung von Post gedacht. Allerdings haben sich die Posthilfstelleninhaber nicht immer an diese Regel gehalten. Ich habe eine Postkarte, die nach Forstern im Landkreis Erding geschickt wurde und sozusagen einen Ankunftstempel erhielt, überflüssigerweise. Die für einen Ort mit Posthilfstelle bestimmte Post wurde von den Landbriefträgern oft dort abgelegt und von den Bewohnern abgeholt.

Es ist also beides möglich, Stempelung bei Aufgabe ebenso wie Abgabe.

Viele Grüße aus Erding
Dietmar
 
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