Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
volkimal Am: 07.08.2020 10:03:24 Gelesen: 118043# 251@  
Hallo zusammen,

nach einer langen Pause will ich mit einem Beitrag zu diesem Thema anfangen, wieder mehr auf Philaseiten zu zeigen.



Im Dezember 1945 wollte Onkel Hans wieder zu seiner Mutter nach Berlin fahren. Dazu benötigte man eine Reisebescheinigung. Die Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommerns hatte angeordnet, die Aushändigung einer Fahrkarte von der Vorlage eines Entlausungsscheines abhängig zu machen (Heinz Buchner: Beiträge zur Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns S.35). Diese Reisebescheinigung für Onkel Hans in deutscher und russischer Sprache ist am
20. Dezember 1945 vom Kreispolizeiamt Randow ausgestellt worden.



Die Fahrt nach Berlin verzögerte sich aber, denn auf dieser Ganzsachen-Postkarte aus Mecklenburg-Vorpommern vom 27.12.45 schreibt Onkel Hans:
Lieber Hermann! Da Berta so nervös ist, daß sie nicht vertragen kann, daß ich schreibe, kam ich gar nicht zum Schreiben. So weiß ich nicht, ob ich Dir schon den langen Brief vom 4.12. mit Familienbrief bestätigt habe. Von Herzen danke ich Dir dafür, er war das größte Weihnachtsgeschenk, kam am 23. an...
Sehr leid tut es mir, daß ich nun nicht nach Berlin zu Mutter fahren kann. Ich wage nicht, auf offener Karte zu stenographieren. Wir verlebten das Fest so still wie noch nie, ich fast dauernd mit Hausfrauenarbeit in Bewegung...
Zumeist kein Licht am Baum in ganz Retzin, aber seit 13.12. haben wir elektrisch Licht, so daß man sich fast wieder wie ein Kulturmensch fühlt...

Ich warte eben, nach Anklam zu fahren zu Lehrertagung, hoffe Dir von dort ausführlich zu antworten...
Die Karte ist mit dem Bahnpoststempel Stralsund-Rostock entwertet worden Auffällig ist, dass im Stempel alle beweglichen Teile also die Zugnummer und das Datum fehlen.



Im Januar 1946 ist Onkel Hans dann doch nach Berlin gefahren. Kurz vor seiner Rückfahrt schickte er noch eine Karte an seine Mutter. Er benutzte dazu wieder eine Ganzsache aus Mecklenburg-Vorpommern, die er am 13.1.1946 in Berlin-Charlottenburg aufgab (nächste Seite).
Es ist bisher nicht eindeutig geklärt, ob die Marken aus Mecklenburg-Vorpommern offiziell in Berlin erlaubt waren, oder ob sie nur geduldet wurden. Wie man an dieser Karte sieht, kommen aber anstandslos beförderte Stücke vor.

Viele Grüße
Volkmar
 
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