Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 19.01.2010 08:24:19 Gelesen: 1301357# 344@  
Vor 15 Jahren wurde die Radziwill-Briefmarke im Oldenburger Schloss vorgestellt - Drei Bürgermeister hatten keine Zeit

Von Hans Begerow

NWZ Online, Varel (13.01.10) - Zum 100. Geburtstag des Malers Franz Radziwill (1895 bis 1983) hatte die Deutsche Bundespost, wie sie damals hieß, eine besondere Ehrung geplant. Mit dem Motiv des 1932 entstandenen Gemäldes „Der Wasserturm in Bremen“ sollte eine Briefmarke herauskommen. Vorgestellt werden sollte die Briefmarke genau vor 15 Jahren im Rathaus in Varel, zusammen mit dem Originalgemälde und einer weiteren Künstlerbriefmarke zu Ehren Karl Schmidt-Rottluffs, der um die Jahrhundertwende eine Ansicht des Kurhauses gemalt hatte.

Es blieb indes bei der Absicht einer Präsentation in Varel. Die Veranstaltung kam wegen unterschiedlicher Terminvorstellungen nicht zustande. Keiner der drei ehrenamtlichen Bürgermeister – Karl-Heinz Funke nicht und auch nicht seine beiden Stellvertreter Walter Heidenreich und Erwin Hilbrink (alle SPD) – sahen sich in der Lage, den Termin am 11. Januar wahrzunehmen. Zwar erklärte Funke: „Ich hätte das gerne im Rathaus gemacht.“ Zweifel aber blieben in der Öffentlichkeit, ob mit der Brüskierung – Hilbrink war ebenfalls nicht am Ort und Heidenreich verwies auf seinen von den Nazis verfolgten Vater Adolf Heidenreich sowie Radziwills unrühmliche Rolle in der Nazi-Zeit – nicht auch die Radziwill-Gesellschaft gemeint war.

Die Beziehung der Stadt zur Radziwill-Gesellschaft war schwierig, was sich auch in der Nicht-Bezuschussung des Radziwill-Hauses äußerte (es ging um 12 500 DM im Jahr). Geschürt wurde die Ablehnung noch durch den Vorsitzenden der Radziwill-Gesellschaft, Dr. Ummo Francksen, der das von der Stadt mit 150 000 DM geförderte Denkmal zu Ehren des Chemikers Lothar Meyer als einfallslos und kleinmütig bezeichnete. „Was sollen denn diese drei Köpfe. Das ist 19. Jahrhundert. Walhalla lässt grüßen“, hatte Francksen gesagt.

Die vielbeachtete Präsentation der Radziwill-Briefmarke im Oldenburger Schloss jedenfalls war eine Genugtuung für die Radziwill-Freunde. Die Briefmarke hatte den Standardwert von einer DM, die Schmidt-Rottluff-Marke (Gutshof in Dangast) den Wert von drei DM, und die Radziwill-Briefmarke war in der Auflage von 100 Millionen Stück aufgelegt worden – eine seltene Ehrung für einen Künstler. Anwesend waren unter anderem Kunsthallen-Mäzen Henri Nannen und seine Frau Eske, Regierungspräsident Bernd Theilen, der Besitzer des Gemäldes, Claus Hüppe sowie Stadtdirektor August Osterloh und einige Ratsmitglieder aus Varel. Vorgestellt wurde die Marke von Radziwills Enkelinnen Natalje und Charlotte Radziwill. Regierungspräsident Theilen übrigens sprach im Oldenburger Schloss aus, was die drei fehlenden Bürgermeister offenbar nicht so sahen: „Friesland ist stolz auf Radziwill.“ Seit der Ehrung für die Frauenrechtlerin Helene Lange hatte es keine „Oldenburger“ Briefmarke mehr gegeben. An diesem Tag genau vor 15 Jahren kam die Radziwill-Briefmarke in den Verkauf. 100 Millionen Mal.



Die Radziwill-Briefmarke mit Sonderstempel

(Quelle: http://www.webnews.de/http://www.nwzonline.de/Region/Kreis/Friesland/Varel/Artikel/2204743/Drei+B%FCrgermeister+hatten+keine+Zeit.html)
 
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