Thema: Kommt das Ende der tradionellen philatelistischen Presse ?
ligneN Am: 22.01.2010 14:25:35 Gelesen: 11135# 13@  
@ DL8AAM [#12]
@ ligneN [#10]

(..)

Vieles passt aber nur "noch heute":

Und wenns nicht gerade jemand gescannt hat - steht das meiste eben noch immer nicht im Internet oder bei der WikiBibel.

Was manche dauergooglewiki-enden Leute kaum glauben mögen und was von "schlechtem Service" murmeln.

Das sollte eine Generationenfrage sein, neben der Philatelie betreibe ich noch ein paar weitere Hobbys.


Meine Bemerkung bezog sich auf Literatur/Quellen/Recherche allgemein. Insbesondere dem medienweit gehegten Irrglauben, Tastatur und Internetanschluß würde aus jedem User automatisch mündige, recherchekundige und verarscheresistende freie Bürger machen.

Wobei hier der Trend aber eindeutig erkennbar ist, je "überalterter" die jeweiligen Hobbyistenszene, desto weniger Daten sind zu ergooglen. "Moderne" (sorry für den Ausdruck) bzw. "hippere" Hobbys kommunizieren all ihr Wissen vollständig im Netz. Sei es offen, gewicki't, auf eigenen Seiten oder gegen Gebühr. Hobbys in denen das Wissen aber eher bei den ergrauten Eminzenzen liegt, sind da aktuell noch auf einem 80er Jahre Technikstand.

Das "Netz", das Wiki' etc. lebt ja nur davon, dass jemand sich die kostbare Zeit nimmt, um "altes Wissen" zu digitalisieren um diese Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.


Unbezahlte Arbeit ...

Das Wiki' erschafft sich nicht selbst, es sind immer "Freiwillige", die freiwillig etwas tun, damit die Gesamtheit der "Anderen" davon profitieren kann.

... braucht Motivation:

- aus der harmlosen Ecke kommen Hobbys wie Aquarianistik, Eisenbahnmodellbau, Syrische Holzschnitzkunst oder was auch immer, das ist dann brauchbar bei Wikipedia oder Spezialforen vertreten. Und dort relativ brauchbar recherchierbar.

- aus der nervtötenden Ecke kommt dagegen die missionarische gehegte Weltanschauung, weshalb Historie/Politik in den Wikis ziemlich unbrauchbar ist.
Das Leute die Welt mit ihrer Meinung/Brass/Mission/Verschwörungstheorien beglücken müssen, ist einer der Flüche des Internets, und auch der Wikis. Den Superoptimismus über die allgemeine demokratische Mission des Internets teile ich nicht - erst mal schließen sich Leute mit gemeinsamen Interessen zusammen: verstreute Einzelheinze, aber fanatisch. Das Internet bzw. Webauftritt suggeriert ihnen eine Selbstbedeutung, die sie nicht haben (es sei denn, ein gameboy-gadgetbehinderter Journalist findet ihre Seite beim Dauergooglen und läutet die Alarmglocken = sog. Web-Lärm).

Manch Wohlmeinender "wertet dann das Internet aus" und klebt kodensierte Verschwörungstheorien nach Wiki oder in Foren.

Von wegen brauchbare Informationsquelle. "Interessierte Hobbyhistoriker" bewerten sowas dann als Wiki-Zensoren: typisch ist der fiktive IT-Spezialist aus HH, der "das Mittelalter, Computerspiele und Re-Enactment mag". Was sich da als "Wart des Webwissens" geriert, du liiebe Zeit...

Betr. Historie/Politik:

Leider schaut auch der dauercheckende Journalist gern erst mal bei Wiki vorbei, und
- wertet die Wichtigkeit bestimmter Phänomene nach: "bei Wiki vertreten oder nicht"
- zitiert gefundenen blühenden Unsinn und nennt das dann noch "Recherche".
Weil watzanderetz jibtja nich.

Bei Normalos ist dieses Verhalten oft schon gängig - Selbstbeschränkung durch Selbstsuggestion: alles sei im Netz und pronto erklickbar. Nyet - nicht das Netz und erst recht nicht Wikizeugs bilden die Welt weitgehend ab ...

Manchmal kaum zu fassen ist, wie sich eilige Poster in Foren gegenseitig ihre Wiki-Lesefrüchte unter die Nase reiben :-))

In einigen Hobbys bzw. -sparten (natürlich nicht bei uns...hi) ist es aber teilweise auch sogar noch so, dass die, die das Wissen haben, dieses eifersüchtig hüten und immer nur stückchenweise davon etwas abgeben, immer nach der Highlanderdevise "Es darf nur einen geben". Profilierungsgehabe ist auch verbreitet.

Je nun, menschlich allzumenschlich. Niemand ist verpflichtet, alles und für lau zu publizieren. Das ist unabhängig vom Trägermedium.

Wünschenswert ist natürlich, dass sämtliches Wissen der "hochtrabend gesagt" Menschheit im Netz (zusätzlich) verfügbar ist.

Na bloß nicht... so vieles ist irrelevant. Und mit dem relevanten kann man eine Menge Unsinn anstellen ;-) Und wer soll das eine vom anderen scheiden...

Wünschenswert ist es natürlich, falls mal alle reinen Papiereditionen, Rundschreiben etc. zusätzlich als gescannte PDF - am besten mit durchsuchungsfähigen Index - im Netz stehen würden.

Das ist was anderes, dem ist nur zuzustimmen.

Es muss sich aber nur jemand die Arbeit machen, oder externe Dienstleister bezahlen, diese Riesenarbeit zu übernehmen und das ganze dann auch nur "Nur für die Ehre", dabei die Urheberrechte beachten etc. etc.

Erscheint mir etwas sehr optimistisch, sowas schaffen nur Institutionen. Etwa große Philabibliotheken wie zB Frankfurt/München gemeinsam mit der Stiftung.

Bei alten Ausgaben ist das sogar gerade JETZT die Aufgabe der Zeit, bevor viele Veröffentlichungen verloren gehen. das gilt insbesondere für Vereinspostillen etc. Etliches ist bestimmt schon verloren.


>Aus einem anderen Hobby habe ich von einem schwedischen Klub herausgegebene englischsprachige Umdruck-Monats-Magazine (aus den 70/80ern) im Schrank mit vielen sehr interessanten Infos drin, insbesondere für historische Recherchen. Den Klub gibts seit 20 Jahren nicht mehr, von den dort schreibenden Leuten sind die meisten verschollen oder schon lange ins Nirwana eingekehrt. Wenn ich die (naja) Hefte (zu sagen ist übertrieben) mal entsorgen sollte, sind diese Infos sicherlich (pathetisch gesagt) für immer verloren. Trage mich da auch schon seit vielen vielen Monaten mit der Idee, diese einfach mal schnell nebenbei (...) zu scannen und ins Netz zu stellen. Einfach so als Datensicherung. Aber die "Zeit, Lust und Laune"-Trägheit hat immer noch über mein besseres Wissen gesiegt.


Nach einer Fachbibliothek* suchen, die so etwas aufnimmt. Vorher unbedingt fragen, ob es zum Sammelschwerpunkt gehört. Die meisten Bibliotheken, gerade an Unis, sieben das meiste raus (Ablage P).

*(analoger Datenspeicher, der unabstürzbare Medien wie Papier/Gedrucktes klimasicher lagert)

Tippe gleiches gilt für viele alte Rundschreiben von noch aktiven und ehem. Phila' AGs, Klubs und Gruppen. Und solange sich viele Gruppen noch gänzlich über "eingetragene Mitgliederzahlen" definieren, teilweise auch bedingt finanzielle Erträge erwartet werden, teilweise auch noch mit einen etwas elitäreren Anspruch an die Sache herangegangen wird, wird das aber noch etwas dauern. Aber langfristig wird sich das ändern müssen, wenn das "Thema" selbst überleben will und auch was Neuinteressenten-Werbung betrifft. Was sagte mal ein Medienwissenschaftler in einem Phoenix-Bericht so schön "für die erste nachwachsende digitale Generation sind Informationen, die nicht im Netz verfügbar sind, einfach nicht existent"

Schön blöd, nicht zuletzt Versagen von den Pädagogen, die solche freiwillig Beschränkten ausbilden.

Das mag man gut halten oder verdammen, aber dahin geht der Zug. Beruflich sehe ich ähnliche Tendenzen. Welcher junger Entscheider schaut denn noch in die papierenden Gelben Seiten etc. etc. ?

Das lässt sich intern durch Vorschriften regeln ;-) Manche Angebote sind aber grundsätzlich als Volleintrag parallel im Netz, insofern unproblematisch.

>Langfristig, spätestens aber mit der nächsten (hoffentlich zahlreich nachkommenden) Phila'Generationen, wird das aber kommen müssen. Umdruckveröffentlichungen der 60/70er Jahre sind qualitäts- und erhaltungstechnisch einfach nur "Mist", diese sind viel viel früher für ewig zerstört, als ein Buch des 17. Jahrhunderts.

So ist es - jetzt scannen. Aber die Originale nicht entsorgen, sondern an Philabibliotheken geben ...

Es ist ein alter Traum von IT-disabled (Computerbehinderten), zB Zeitungen aus 200 Jahren abzuphotographieren/scannen, dann zu kompostieren und vor 1 Stapel doller Festplatten oder sonstwie Digispeicher zu sitzen. Und lauter wundervolle leere Regale, die man mit irgendwas "Nützlichem" füllen kann.

Jede Generation von notorisch "lösungsorientierten", eindimensional autoritärgesinnten/kompetenzbesoffenen Entscheidern (oft sind es Ingenieure oder Militärs, oder in Kombination) träumt diesen Plan der Beseitigung von allem Überflüssigem, kostjanurgeld/platz: etwa der gedruckten Vergangenheit.
Der Microfiché war Generation1, der Scan ist Generation2.

Aber das die zusätzliche Papierform jetzt bald schon vollkommen verdrängt wird, sehe ich - zumindest für die erste und zweite digitale Generation - noch nicht. Nur wird die Papierform dann das Zusatzangebot sein und nicht wie heute noch die digitale. Zumindest wird das bei "Hobbys" so sein, die den Sprung in die Digitalzeit auch wirklich schaffen.

Der Umbruch wird kommen, wie die industrielle Revolution. Wie wir diesen Wandel frühzeitig aktiv und offensiv gestaltend begleiten und auch steuern, wird über die überlebensfähigkeit der Vereinigungen und Postillen entscheiden.


Es hängt davon ab, was für die Mitglieder/Interessenten attraktiv ist. Internetauftritt und Forum sowie pdf zumindest für Indexe sind Pflicht.

Ein geistiger Gameboy kann sich halt schwer vorstellen, daß Briefmarkensammlers einen bleibenden Zug zum bedruckten, betastbaren Analogen haben..

/Wortschwall end :-)

Gruß
ligneN
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/2129
https://www.philaseiten.de/beitrag/24230