Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 23.01.2010 08:36:41 Gelesen: 1301430# 347@  
Zusammenbrüche unter dem Ansturm der Philatelisten - Prügeleien auf der Briefmarkenmesse MonacoPhil

Von Jan Billion

Die Welt (16.01.10) - Wenn man Monaco besucht, erwartet man trotz Glamour und Glitzer eine eher gediegene Atmosphäre, die höchstens durch aufheulende Motoren von Ferraris, Lamborghinis und Porsches gestört wird, die ständig den Hafen rauf und runter jagen. Aber mit Gedrängel und Prügeleien würde man sicher nicht rechnen. Doch genau das passierte bei der Eröffnung der MonacoPhil am 4. Dezember in Fontvieille. Eine an und für sich gute Marketingidee zur Mobilisierung der Sammler nahm Auswüchse an, auf die der Veranstalter nicht vorbereitet war und die zur vorübergehenden Schließung der Ausstellung führte.

Erste Anzeichen für das drohende Unheil waren schon um 7.30 Uhr, zweieinhalb Stunden vor der Eröffnung der MonacoPhil 2009 im Dezember zu sehen. Vor der Salle du Canton, in dem die Stände von rund 80 Händlern, Auktionatoren und Postverwaltungen untergebracht waren, bildete sich eine Schlange, die schnell auf einige hundert Meter anwuchs. Als die rund 2000 Quadratmeter große Halle um 10 Uhr öffnete, setzte sich die Masse in Bewegung - und bei einigen setzte es leider aus. Sie prügelten sich ohne Rücksicht auf Verluste nach vorne, schubsten Besucher in die Händlerstände. In der Halle gab es regelrechte Jagdszenen auf dem schnellsten Weg zum Stand der Monegassischen Post und anschließend zum Verkaufspunkt für die Münzen des Fürstentums. Zeitweise ging nichts mehr, so dass sich der Veranstalter gezwungen sah, die Halle vorübergehend zu schließen. Erst am frühen Nachmittag entspannte sich die Lage, und viele Besucher, die es mehr zu den Händlerständen drängte, konnten sich in Ruhe umsehen.

Auslöser des Ansturms war die eher beiläufige Ankündigung im Werbeprospekt, dass derjenige, der zunächst am Stand der Monegassischen Post Briefmarken im Wert von mindestens 80 Euro kauft, an einem anderen Verkaufsstand gegen Vorlage der Quittung bis zu drei schön verpackte Sätze Kurs münzen zu je 50 Euro (!) erwerben kann. Euro-Münzen aus Monaco sind selbst im Fürstentum nicht alltäglich. Wer im Restaurant oder im Supermarkt bezahlt, wird enttäuscht feststellen, dass das Wechselgeld überwiegend aus Frankreich oder Italien kommt. Glück kann man haben, wenn eine Kassiererin gerade eine Rolle mit Münzgeld aufmacht. Ein weiteres Indiz für die Begehrtheit monegassischer Münzen war die Tatsache, dass sich sogar Händler aus Deutschland aufgemacht hatten, um - letztlich erfolglos - an der Schlacht um die Münzsätze teilzunehmen. Vor der Halle schnellten die Preise in die Höhe. 150 bis 200 Euro für einen Satz, in der Spitze sogar bis 400 oder 500 Euro, wurden von denen gefordert, die es irgendwie geschafft hatten, die Münzen zu ergattern. Erst als der letzte Satz am frühen Nachmittag des Eröffnungstages über den Tresen gegangen war, trat wieder Normalität ein.

Die ruhige Atmosphäre zeichnet die MonacoPhil, die seit 1997 zum siebten Mal stattfand, eigentlich aus. Manches Geschäft fand allerdings auch in aller Stille in einem der Top-Hotels statt. Zu den betuchten Sammlern gehört auch William H. Gross, Gründer der weltgrößten Kapitalanlagegesellschaft PIMCO. Er ist der erste Philatelist, der eine komplette Sammlung aller USA-Marken des 19. Jahrhunderts zusammengetragen hat. Sein "Z Grill" war genauso wie der Viererblock der "Inverted Jenny" unter den 100 Weltraritäten, die im gegenüberliegenden Monegassischen Museum für Briefmarken und Münzen ausgestellt wurden.

(Quelle: http://www.welt.de/die-welt/kultur/article5868562/Zusammenbrueche-unter-dem-Ansturm-der-Philatelisten.html)
 
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