Thema: Marken bestimmen: Griechenland Epirus Privatmarken nicht frankaturgültig
Hornblower Am: 03.09.2020 09:01:38 Gelesen: 4734# 5@  
Hallo hajo22,

ich habe mich vor längerem einmal näher mit diesen Sachen beschäftigt. Das Ende des Ersten Weltkriegs auf dem Balkan brachte zahlreiche politische Umwälzungen, deren undurchsichtige Lage viele Geschäftemacher für sich auszunutzen versuchten.

In der Philatelie kam es in dieser Zeit zu zahlreichen Schwindelausgaben. Im September 1920 versuchte man von Frankreich aus mit vier Marken der angeblich „Unabhängigen Regierung von Chimarra“ seine Taschen zu füllen. Chimarra ist ein kleines Küstenstädtchen im Süden Albaniens mit überwiegend griechischer Bevölkerung und war daher Ziel eines – erfolglosen – griechischen Annexionsversuchs. Dies diente als Hintergrund für die Ausgabe einer großformatigen Serie zu 5, 10, 25 und 50 Lepta, die man in noch dazu fehlerhafter griechischer Inschrift an die Sammler zu bringen versuchte. Einige Exemplare tragen sogar Phantasiestempel mit den Daten 13. und 28. September 1920, selbst ein gelaufener Brief nach Indien ist bekannt. Echter werden die Stücke dadurch zwar nicht, sind jedoch Dokumente einer unruhigen Zeit.

Das ganze habe aber auch schon Vorläufer. Griechische Truppen hatten während des Zweiten Balkankrieges 1913 den Epirus besetzt, mussten sich jedoch gegen Ende des Jahres aus dem Nordepirus wieder zurückziehen, da dieser Teil im Londoner Vertrag Albanien zugesprochen worden war. Daraufhin erhoben sich die dort lebenden Griechen gegen diesen Beschluss und bildeten Anfang 1914 eine provisorische Regierung. Die nun einsetzenden politischen Wirren nutzten Geschäftemacher aus, um eine Vielzahl von Schwindelausgaben an die Sammler zu verkaufen. Ein besonders krasses Beispiel sind die gut gestalteten „Marken“ von Moschopolis oder auch Voskopoj. Dieses 400-Seelen-Dorf in der Nähe von Korça oder Koritza im Süden Albaniens verausgabte angeblich in diesen Tagen einen 15 Werte umfassenden, sehr ansprechend gestalteten Satz. Die neun Lepta-Marken im Hochformat zeigen den byzantinischen Doppeladler mit Krone, die sechs Drachmen-Werte bilden in einem ornamentalen Rahmen jeweils andersfarbige Mittelstücke mit Wiedergaben verschiedener Darstellungen altgriechischer Münzen ab.

Obwohl die Stücke im MICHEL-Katalog als private Mache deklariert werden, gibt es zumindest einen echt gelaufenen Brief vom 23. September 1914 mit diesen Marken von Moschopolis nach Paris. Ob Mache oder nicht – interessante Dokumente einer wirren Zeit sind sie allemal.

Als geschichtlicher Hintergrund vielleicht noch das folgende. Im sog. Epirus, das auch Teile des heutigen Nordgriechenlands umfasst, vermischen sich griechische und albanische Kultur, wenngleich die Epiroten zum griechischen Kulturkreis zählen. Nach Jahrhunderten der türkischen Besetzung strebten zu Anfang des 20, Jahrhunderts auch sie nach nationaler Selbständigkeit. 1912 war der neue albanische Staat gebildet worden. Das ihm eigentlich zugeschlagene, südlich gelegene Epirus, erklärte daraufhin seinen Anschluss an Griechenland, das Truppen in das Gebiet schickte, die 1916 jedoch wieder abgezogen werden mussten. Nach Ende des Ersten Weltkrieges fiel der Norden des Epirus an Albanien.

Ein Schwindelerzeugnis dieser politisch so unruhigen Zeit erschien etwa 1919. Zu diesem Zeitpunkt erschien eine angeblich endgültige Ausgabe für Epirus, die in einem mangelhaften Buchdruck die Nike des Paionios von Mende aus der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts v. Chr. darstellt. Insgesamt kennt man acht gezähnte und ungezähnte Werte, zu denen noch eine Wertänderung, 1 Lepton auf 10 Lepta gehört.

Ich sammle solche Sachen, weil ich sie sehr interessant finde, viel Geld sollte man aber nicht dafür ausgeben. Ich hoffe, ich konnte ein wenig weiterhelfen.

Gruß
Michael
 
Quelle: www.philaseiten.de
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