Thema: Bund: Post will ab 4.2.21 nur mit blauer Farbe stempeln
modirawatleng Am: 19.11.2020 11:35:12 Gelesen: 58661# 31@  
@ Kalmimaxiss [#30]

Die offenbar verbreitete Gelassenheit gegenüber meiner (zugegeben indirekt gestellten) Frage aus [#25] motiviert mich, sie noch einmal auszuführen.
Die vorliegenden Beispiele und die wie immer wertvollen Recherchen von Journalist [#24] deuten womöglich auf ein absehbar größeres Problem für die zeitgenössische Philatelie hin. Auch für die Stempeldatenbank dieses Forums wäre der Umstieg ein schwerer Schlag, wenn mit Hausmitteln keine Erfassung mehr möglich wäre.

Der Zusammenhang von Postwertzeichen und deren Entwertung durch Stempelung ist ein Fundament der Philatelie seit den 1840er (erste Marken) bzw. 1860er (erste Sammler:innen) Jahren. Wird der absehbare Umstieg auf Datenmatrixcodes dies ändern?

Bisher werden alle postfrisch verausgabten Marken als dieselben, also gleichwertig angesehen, sofern das Druckbild und die Farbgebung nicht systematisch voneinander abweichen. Die Unterscheidungen zwischen Druckzufälligkeiten und Plattenfehlern, Abgrenzung von Druckfarben und anderen im Produktionsvorgang vervielfältigten Eigenschaften von Briefmarken führen zu Unterscheidungen. Die wichtigste ist fraglos die zwischen unbenutzt und benutzt. Wir sind geübt, die beiden Bereiche weiter zu unterteilen: In postfrisch und ungebraucht usw. bei den unbenutzten, und in die verschiedenen Qualitäten der Stempel bei den benutzten. All dies, inklusive der Meinungsunterschiede über Farben, Falz und Stempel, ist Philatelist:innen völlig selbstverständlich.

Nun sei meine Frage noch einmal deutlich gestellt:

Wird dieses Fundament der Philatelie in einem Umstieg auf Briefmarken mit Datenmatrixode, und der damit einhergehenden Umstellung der Stempelfarbe, grundsätzlich erschüttert?

Durch den Matrixcode sind unbenutzte Briefmarken zukünftig nicht mehr dieselben, weil jede einzelne sehr genau einem Produktionsgang zugeordnet werden kann. Der Code wird innerhalb einer bestimmten Zeitspanne einmalig sein, die Marke einzigartig. Die Bedeutung der Abstempelung für die Definition von benutzten Marken wird massiv sinken, weil entscheidend ist, ob die Benutzung im Datennetz der Postanstalten registriert wurde. Das heißt, wenn der Code einer Marke von einem amtlichen Gerät gescannt wurde, gilt die Marke als benutzt, und zwar unabhängig davon, ob sie auf einem Brief klebte, transportiert oder gestempelt wurde. Theoretisch ist es also möglich, dass eine nach bisherigen philatelistischen Standards eindeutig als "postfrisch" definierte Marke zukünftig als benutzt gelten könnte, weil der Code gescannt und die Marke daher nicht mehr zur Frankatur verwendet werden kann, obwohl sie nirgends aufgeklebt und nicht gestempelt wurde. Vor allem aber: Für Philatelist:innen wird das mitunter gar nicht mehr nachvollziehbar sein. Die Untersuchung einer Marke wird nicht mehr klären können, ob sie zeitgerecht zur Frankatur benutzt wurde.

Oder sind dies alles nur marginale Änderungen im Prozess der Postbeförderung, die nicht wirklich etwas ändern? (Ich frage nur.)

modirawatleng
 
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