Thema: Definition des Begriffs 'Qualität' bei Briefmarken
Winni451 Am: 13.12.2020 14:32:52 Gelesen: 7407# 25@  
Hallo zusammen

Wie unten beschrieben denke ich, dass jeder hier seine genaue Vorstellung von Qualität haben darf und äußern soll. Mit meinem Beitrag hier will ich zum einen eine Anregung geben, zum zweiten meine Prinzipien dazu nennen.

Ich denke wir können in die Lebensmittelindustrie schauen wenn wir das Thema Qualität diskutieren und aus dortiger Handhabung lernen. Dort hat sich (wenn das auch sicher nicht jeder zugeben mag) eine meineserachtens wichtige Differenzierung ergeben:

1. Lebensmittelsicherheit: gesetzlich geregelte Grundlage: Lebensmittel müssen sicher sein (das ist bei Briefmarken relativ einfach....).
2. Qualität, das ist genau genommen: Einhalten der Spezifikation = zugesicherte Eigenschaften müssen auch geliefert werden.
3. "food fraud": Betrug muss verhindert werden.

Für Briefmarken ist 2 und 3 meines Erachtens in der Diskussion zu trennen, wenn es auch große Überschneidungen gibt.

Qualität ist: "das was der Kunde will". Aus meiner Erfahrung heraus können das Werte einer Eigenschaft sein, die direkt gegensätzlich sind. Kunde 1 will die hohe Erhitzung explizit (je heißer und länger desto besser), der Kunde 2 diskutiert jeden Grad Temperatur und jede Sekunde der Erhitzung und will diese reduzieren. Wir werden nie sagen, die eine Qualität wäre besser als die andere.

-> Meines Erachtens gilt: auf Qualität muss man sich einigen, inklusive auf die Bewertung der Qualität. (das muss nicht zwingend global sein, es reicht auch für jeden Einkauf aufs neue)
-> Es gilt meines Erachtens zudem: eine Beschreibung der Qualität ist zuerst mal neutral!

Ein definierter Sprachgebrauch ist hilfreich, kann aber wenn er zu differenziert wird das Ganze wieder unüberschaubar machen (wer kennt z.B. den Unterschied von Kabinett und Qualität und Auslese? Das ergibt sich nicht mehr von selber und obwohl ich in einem Weinbaugebiet lebe, vergesse ich das immer wieder weil es mich nur am Rande berührt).

Das Produkt hat bestimmte Eigenschaften die es zu beschreiben gilt, dabei sind täuschende Formulierungen oder Unwahrheiten nicht richtig. Wertende Worte sind ebenfalls nicht hilfreich. Andererseits muss man auch als Gegenseite die Kirche im Dorf lassen, nicht jede Formulierung die ich für missverständlich oder wertend halte, ist es aus Sicht des Anderen wirklich. Insbesondere die Experten hier im Forum deren fachliche Kompetenz von mir nicht in Frage gestellt wird, müssen da aufpassen wie sie mit ahnungslosen Laien sprechen (das gelingt sicherlich meist ganz gut, zumindest ist das meine Erfahrung mit Euch). Dies sehe ich auch in anderen Fachgebieten. Jemandem eine BImSchV zu erklären, der sich noch nie um Immissionsrecht gekümmert hat und auch sonst kaum mit Recht zu tun hatte, ist einfach was anderes, wie diese mit einem Juristen zu diskutieren der an der Verordnung mitgeschrieben hat, oder mit einem Ingenier der sich mit dieser in Zusammenhang mit realen Anlagen seit Jahren auseinandersetzt. Auch hier gilt aber auch, wenn ich keine Ahnung habe, sollte ich vorsichtig mit den Begrifflichkeiten sein.
Erst wenn die Eigenschaften beschrieben sind, kann man die Qualität bewerten. Und genau hier kommt spätestens zum Tragen, das Qualität ist und bleibt, was der Kunde will. Beispiele gibt es zu Hauf in diesem Forum!

Meine Schlussfolgerung:
1. wir werden gut fahren, wenn wir keine wertenden Aussagen treffen, sondern uns mit wertneutraler Beschreibung von Eigenschaften versuchen.
2. wir werden gut fahren, wenn wir wertende Aussagen oder vermeintlich falsches nicht persönlich nehmen und sehr vorsichtig bleiben mit Vorwürfen.
3. wir sollten unsere (egoistische) Definition von Qualität benennen und klarstellen wie wir diese bewerten.
4. wir sollten die Definition der anderen zur Kentnis nehmen und aktzeptieren. Ich habe kein Problem damit Dinge die andere Schrott nennen zu sammeln, ich nehme aber zur Kenntnis, wie das die anderen sehen.
5. wir sollten damit leben, dass wir Fehleinschätzungen unterliegen könnten, wenn sich die blaue Mauritius als Altpapier herausstellt, dann ist das eben so.

Und: nein ich habe den Preis nicht vergessen, der ist das 4. Thema, das bei Briefmarken wie auch bei Lebensmitteln nochmal eine ganz eigene Forschungsrichtung ist. Dazu gibt es aber bereits diverse andere Diskussionen, damit fange ich nicht an.

Grüße
Winfried

PS:
Ich habe mein Sammelgebiet unter Berücksichtigung meiner Möglichkeiten und Vorlieben definiert. Dabei ist Schrott, Kartonphila, Vignetten und Fälschungen explizit einbezogen, sofern es offen und ehrlich deklariert ist. (Ups, habe ich da grade wertende Beschreibungen gewählt?). Genauso gut hätte ich beschließen können Lücken den Vorzug zu geben und nur die Marken zu sammeln die ganz streng meinen höchsten Ansprüchen entsprechen. Ich habe mich entschieden Spass an der Masse zu haben (achtung: da ist eine Formulierung auf die ich sehr viel Wert lege: "ich habe mich entschieden..."). Daraus folgen Konsequenzen die ich entweder mittrage oder aufgrund derer ich meine Definition ändere.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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