Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 19.12.2020 13:01:51 Gelesen: 195272# 636@  
Liebe Freunde,

wenn man keine Weihnachtsgeschenke bekommt, beschenkt man sich eben selbst - so geschehen unlängst, als mir dieser Brief zugeflattert kam.





Nürnberg am 26.10.1863 mit Leitvermerk "via Malta" nach Tunis, wo er am 5.11.1863 ankam. Die Frankatur betrug 21 Kreuzer und Houston, wie haben ein Problem.

Die Frankatur ist vollständig, wie auch das Attest von Maria bestätigt, aber 21 Kreuzer reichen hinten und vorne nicht aus, wie die folgende Aufstellung für bayer. Briefe nach Tunis zeigt:

Chronologisch Auflistung der Leitwegsmöglichkeiten:

Via Sardinien bzw. Italien ab 8.11.1856 zu 32 Kreuzern, wobei die Leitung über die Schweiz zu erfolgen hatte; 3 Kreuzer bis 10 Meilen, 6 Kreuzer bis 20 Meilen, oder 9 Kreuzer über 20 Meilen bis Lindau/Schweizergrenze, dann 6 Kreuzer Transit offen durch die Schweiz plus 20 Kreuzer Weiterfranko für Sardinien/Italien bis Tunis; bei der Leitung über österreichisches Gebiet über Innsbruck - Verona und Genua fielen nur 32 Kreuzer an.

Via Frankreich wie hier ab 1.7.1858: 30 Kreuzer je 7,5g, wovon 4,8 Kreuzer Bayern verblieben, 7,2 Kreuzer behielt Frankreich und der Seetransport ab Marseille (Stempel vom 29.10.1863 hinten) kostete weitere 18 Kreuzer. Dafür fehlen aber 9 Kreuzer, weil nur deren 21 frankiert wurden, der Brief aber von Nürnberg einen P.D. - Stempel bekam, was zur Folge hatte, dass Frankreich nun von Bayern 25,2 Kreuzer intern forderte und auch bekam, so dass Bayern schon am Fremdporto 4,2 Kreuzer verlor und selbst für den Transport von Nürnberg bis Forbach (dort am 27.10.1863) nichts bekam, im Gegenteil, man musste noch ca. 1 Kreuzer für die Transite durch TT und Preussen bezahlen (interne Verrechnung).

Via Schweiz ab 1.11.1859 kostete ein einfacher Brief bis 1 Loth 9 Kreuzer für Bayern und 23 Kreuzer je 10g Transit, in Summa also 32 Kreuzer.

Via Österreich ab 8.7.1862 betrug das einfache Franko 23 Kreuzer, wobei 9 Kreuzer für Bayern und der Rest für den Seetransport drauf ging.

Ab 1.1.1863 kosteten einlöthige Briefe mit der Leitung über England 33 Kreuzer, 8 Kreuzer für Bayern und 25 Kreuzer Weiterfranko für Belgien und den Seetransport.

Fazit: Viele Möglichkeiten und wir können es drehen und wenden wie wir wollen, auf 21 Kreuzer kommen wir nicht.

Die Leitung "via Malta" deutet eher für mich auf eine Leitung über Italien hin, aber da ich noch nie einen Bayernbrief mit diesem Leitwegsvermerk gesehen habe, muss das Spekulation bleiben.

Wer nähere Auskünfte hinsichtlich der Gebühren und des Laufwegs machen kann, darf das gerne tun. In jedem Fall ein ganz außergewöhnlicher Brief, sind doch schon normale Briefe nach Afrika von Bayern aus sehr selten und einen weiteren Unterfrankierten kenne ich derzeit nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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