Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 02.03.2010 08:55:21 Gelesen: 1299701# 365@  
Briefmarkensammler mit Nachwuchsproblemen

Von Caroline von Eichhorn

InFranken.de / dpa (23.02.10) - In dem 78 Jahre alten Briefmarkengeschäft in der Reinhardtstraße in Berlin-Mitte scheint die Zeit seit Jahren stehen geblieben zu sein. Umgeben von vergilbten Sammlerzeitschriften und Briefmarken in Alben und Vitrinen erinnert sich Inhaber Norbert Mankiewicz (65) gern an die "besseren" Jahre, als Briefmarkensammeln noch ein weit verbreitetes Hobby war.

Heute sind die Kunden in die Jahre gekommen. "Die meisten sind im Alter zwischen 45 und 90", sagt Mankiewicz. Jugendliche interessierten sich immer seltener für Briefmarken. E-Mails ersetzen Briefe, Postkarten kann man inzwischen übers Handy freimachen. Wer eine Marke braucht, schickt dazu eine SMS an die Post, der zugesandte Code wird dann auf die Karte geschrieben.

"Wir werden immer weniger", klagt der Vorsitzende des Briefmarkensammler-Klubs Berlin-Spandau, Detlef Schade. Sein Verein hat 65 Mitglieder. Vor 20 Jahren waren es 135. Schade weiß nicht, wem er später seinen Vorsitz überlassen soll. Immer weniger Menschen teilen sein Hobby, die Philatelie. "Die Menschen lassen sich heute zu leicht ablenken", sagt der 65-Jährige. Ein Sammler brauche Engelsgeduld. Doch Schade ist überzeugt, dass Fans der Briefmarke nicht aussterben: "Es gibt nicht mehr die breite Masse, aber umso mehr spezialisierte Sammler."

Es gibt zu viele Marken

Der Meinung ist auch Geschäftsinhaber Mankiewicz: "Es sind fast nur noch Historiker und Heimatsammler aktiv." Ende der 1970er Jahre begann laut Mankiewicz die Hochzeit der Briefmarkensammler. "Man erhielt Spitzenpreise für Briefmarken", sagt er. Seitdem hat sich vieles geändert. Bernward Schubert, Organisator des Kinder- und Jugendprogramms auf der Briefmarkenmesse Sindelfingen (Baden- Württemberg), glaubt, dass es schlichtweg zu viele Marken gibt. Da verlören selbst meisterhafte Sammler den Überblick. "Vor 100 Jahren hatte der Weltkatalog rund 100 Seiten. Heute ist er drei Meter hoch." Die Seltenheit einer Marke mache sie begehrenswert.

Mit drei Millionen Menschen hat Deutschland laut Bund deutscher Philatelisten weltweit die zweitgrößte Sammler-Gemeinschaft. Der Vorsitzende Dieter Hartig bedauert, dass sich die Jugend heute lieber im Internet oder vor der Playstation die Zeit vertreibt. "Sammeln ist sehr lehrreich", sagt Hartig. Ein Briefmarkenalbum sei wie ein Lexikon. "Man lernt Erdkunde, Geschichte und Kultur." Um Nachwuchs zu werben, schaltet der Verband Anzeigen, geht in Schulen und betreibt ein eigenes Jugendressort. Trotzdem sinke die Zahl der Jugendlichen, die sich in deutschen Briefmarkenvereinen organisieren. Immerhin seien es aber noch 10 000.

"Alte Riege engagiert sich zu wenig"

Der Schatzmeister der Deutschen Philatelisten-Jugend Günter Latz (65) glaubt nicht, dass moderne Kommunikationswege schuld am Ende der Briefmarke sind. Er ist hinter Fledermaus- und Nikolaus-Briefmarken her, obwohl er selbst keine Briefe schreibt. "Ich mache alles per E-Mail." Vielmehr kritisiert er, dass sich die alte Riege zu wenig engagiert. Die Philatelisten-Jugend hat derzeit keinen Vorsitzenden, weil sich für das Ehrenamt keiner findet. "Wie sollen sich Kinder für Briefmarken begeistern, wenn ihnen keiner die Besonderheit zeigt?"

Ladenbesitzer Mankiewicz erzählt gerne und viel von seiner Sammelleidenschaft. Derweil steht er jedoch allein in seinem Laden und ordnet Postkarten. Er entnimmt dem wilden Stapel eine, wedelt sie hin und her und schiebt sie feinsäuberlich in eine Holzkiste. So geht es schon seit Tagen. "In meiner Branche wird man nie fertig", sagt er, und fährt fort, während die alte Pendeluhr hinter ihm im tickt.


Die Briefmarkensammler plagen Nachwuchsprobleme

(Quelle: http://www.infranken.de/nc/nachrichten/lokales/artikelansicht/article/briefmarkensammler-mit-nachwuchsproblemen-48515.html )
 
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