Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 08.03.2010 08:24:22 Gelesen: 1299229# 368@  
Przemyslaw Kotarba: Johannes Paul hat er komplett

Von Christian Silvester

Donaukurier.de, Ingolstadt (05.03.10) - Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist er der leidenschaftlichste Briefmarkensammler der Stadt: Przemyslaw Kotarba (35) besitzt 12 000 Stück – und es werden immer mehr. Man kennt ihn auf Ausstellungen in der ganzen Republik. Dass junge Leute dieses Hobby heute seltener pflegen, bedauert er sehr.

Dem Freitag vor einer Woche sah er mit wachsendem Unbehagen entgegen. Eigentlich versprach es ein großer Abend für ihn zu werden, denn der Briefmarkenklub Ingoldia hatte vor, Przemyslaw Kotarba für seine zehnjährige Mitgliedschaft auszuzeichnen. Doch die Neuwahl des Vorstands, die ebenfalls an diesem Abend anstand, lag dem 35-jährigen Briefmarkenenthusiasten, der wegen einer körperlichen und geistigen Behinderung in der Gaimersheimer Lebenshilfe-Werkstatt arbeitet, schwer im Magen. Przemyslaw Kotarba befürchtete die Auflösung des Vereins, da der langjährige Vorsitzende nicht mehr kandidieren wollte und kein Nachfolger in Sicht war. Aber schließlich ging doch noch alles gut: Ingoldia bekam mit Gerhard Klima einen neuen Chef – und Kotarba seine Ehrennadel samt Urkunde.

Das Aus für den geschätzten Verein hätte ihn hart getroffen, denn Kotarba lebt für seine Leidenschaft. "Ich hätte sonst vermutlich immer nach München fahren müssen." Er ist zwar viel in Sachen Briefmarkenrecherche unterwegs (mit seiner Mutter Gabriele besucht er Ausstellungen und Tauschbörsen im ganzen Land), aber einen netten Heimatverein vor der Haustür möchte er nicht missen.

Przemyslaw Kotarba kam vor 20 Jahren mit seiner Familie aus Schlesien nach Ingolstadt – bereits mit vielen Alben im Gepäck. "Die Begeisterung habe ich von einem Onkel und einer Tante, die sammeln auch." Im Laufe der Zeit musste er zu seinem Bedauern erfahren, dass das Briefmarkensammeln – zumindest in Deutschland – immer weniger junge Leute interessiert. Das bedauert er zutiefst. "Es ist doch eine wundervolle Beschäftigung! Man kommt in Kontakt mit so vielen anderen Philatelisten und lernt dabei auch eine Menge über fremde Länder oder andere Fachgebiete." Wobei Kotarba nicht genau sagen kann, was ihn mehr fasziniert: Die Jagd auf die Marken oder die Freude, die Alben durchzublättern, um die Vielfalt der Motive zu genießen.

Derzeit tendiert er mehr zum Akquirieren seiner Postwertzeichen als zum Bewundern. Das hat zwei Gründe: Seit es das Internet gibt, wächst seine Sammlung immer schneller. Und außerdem: Die Besichtigung seiner Alben dürfte sich hinziehen, denn er besitzt derzeit 12 000 Marken – grob geschätzt. Eine Weile schielte er sogar mal auf das Guinness-Buch der Rekorde, "aber die haben die Kategorie Briefmarkensammeln leider herausgenommen", erzählt er. "Und außerdem gibt es Sammler, die besitzen sogar hunderttausend Stück und mehr."

In diesen Bereich gelangt er wohl auch noch, sollte er so euphorisch weitermachen. Zumal Kotarba thematisch nicht festgelegt ist. Er sortiert alles ein. Papst Johannes Paul II. hat er etwa komplett; der Pontifex aus Polen füllt mehrere Seiten, gehört aber nicht einmal zu den Perlen der Sammlung. "Davon sind viele nicht so toll, weil der Stempel unsauber ist." Bei Benedikt XVI. haben die Entwerter meist ordentlicher gearbeitet. Allerdings hat es der Papst aus Bayern amtszeitbedingt bislang natürlich noch nicht auf so viele Wertzeichen gebracht wie sein Vorgänger.

Derzeit forscht Kotarba für einen Wettbewerb des Bundes Deutscher Philatelisten nach Marken zum Thema "Bedrohte Tierarten". Im Oktober gewann er mit seinem 60 Blatt starken Beitrag zu "American Wildlife" die Bronzemedaille.

Bei einem – wenn auch wenig wahrscheinlichen – Wettbewerbsthema wäre Kotarba sofort vorn dabei: Politiker des Warschauer Pakts. Er besitzt ein buntes Potpourri der schönsten Ostblock-Herrscher, Jaruzelski, Chruschtschow, Lenin – so wie es sich gehört für einen gewissenhaften Sammler.



Bild: Ein echter Enthusiast: Przemyslaw Kotarba besitzt 12 000 Briefmarken – Tendenz steigend. (Foto: Silvester)

(Quelle: http://www.donaukurier.de/lokales/ingolstadt/Ingolstadt-Johannes-Paul-hat-er-komplett;art599,2253970 )
 
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