Thema: Heimatsammlung Kreis Herzogtum Lauenburg
mumpipuck Am: 10.01.2021 17:56:47 Gelesen: 4558# 8@  
Postamt Ratzeburg (Britische Zone „BZ“) nach 1945: Verlust von in Mecklenburg gelegenen Postanstalten und weitere Veränderungen nach Gebietsaustausch mit der Sowjetischen Zone („SBZ“).

Liebe Sammlerfreunde,
das Postamt Ratzeburg liegt im Kreis Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein, meinem Heimatsammelgebiet. Allerdings dicht an der mecklenburgischen Grenze. Während Ratzeburg ab 1945 in der BZ lag, befanden sich die mecklenburgischen Orte in der SBZ. Alle hier besprochenen Orte gehörten postalisch bis Mai 1945 zum Leitpostamt Ratzeburg.

Die Situation bis Mai 1945 (nur die von den dargestellten Veränderungen betroffenen Postorte)

Im Grenzgebiet gab es von der Landesgrenze abweichende postalische Zuordnungen:
1. Mecklenburgische Orte, deren Postanstalten zum Leitpostamt Ratzeburg gehörten:
Boize (PSt II), Schadeland (PSt II), Schlagsdorf (PSt I), Testorf (PSt II), Ziethen (Pst II). Schlagbrügge (PSt II) bereits 1944
geschlossen lt. Zeitzeugen (Tod der Posthalterin).
2. Lauenburgische Postorte, die zum mecklenburgischen Postamt Zarrentin (Meckl) gehörten:
Lassahn (PSt I), Techin (PSt II)

Ferner gab es noch
3. Lauenburgische Postorte mit dem Leitpostamt Ratzeburg, die ab November 1945 durch einen Gebietsaustausch zur SBZ gehören:
Dechow (Pst II), Thurowerhorst (Pst II)

Ab Mai 1945 mussten die unter 1. genannten Orte neuen Leitpostämtern in Mecklenburg und die unter 2. genannten neuen Leitpostämtern in der britischen Zone zugeordnet werden.

Im November 1945 wurden einige Orte rings um den Schaalsee zwischen dere Britischen Zone und der SBZ getauscht (Barber-Ljaschtschenko-Abkommen). Wesentlicher Grund war, dass die lauenburgischen Orte östlich des Schaalsees auf dem Landweg nur noch durch die SBZ zu erreichen waren (s. Karte).



Von den Postorten
4. wanderten von der BZ in die SBZ:
Dechow (Pst II), Lassahn (PSt I), Techin (Pst II), Thurowerhorst (später Groß Thurow) (Pst II)

5. und v on der SBZ in die BZ:
Ziethen (PSt II)

Nach dieser Vorgeschichte: Ich versuche nun herauszufinden:
- Wann gehörten ab Mai 1945 - 1993 welche dieser Postanstelten zu welchem Leitpostamt
- die Klassifizierung (Pst I, Pst II) mit den jeweiligen Daten
- Öffnungs- und Schließungsdaten
- verwendete Poststempel. Nur die PST I Lassahn und Schlagsdorf hatten bis 1964 Tagesstempel, alle anderen Landpoststempel. Von Groß-Thurow
gibt es um 1910-1912 einen Tagesstempel (KOS).
- Adressen der Postanstalten mit Daten
- Namen der Posthalter mit Daten

Aus Zeitzeugenberichten ist anzunehmen, dass die PST I in Lassahn und Schlagsdorf wohl durchgehend bestanden. Schlagsdorf wurde im 1. Qu. 1951 sogar Zweigpostamt. Die Pst II in der SBZ/DDR waren ab 05.45 bzw. 11.45 wohl erst einmal einige Zeit geschlossen und wurden erst in den 1950er Jahren sukzessive wieder eingerichtet. Sie lagen später im Sperrgebiet der Grenze, das nur mit Sondergenehmigung betreten werden durfte. Bis auf Schlagsdorf haben alle Postanstalten die Einführung der 5-stelligen Postleitzahlen am 01.07.1993 lt. Zeitzeugen nicht erlebt, das heißt sie haben keine Tagesstempel mehr erhalten. In der DDR hatten die Poststellen normalerweise ab 1964 alle Gummistempel (Ausnahmen). Die Unterscheidung in PST I und II entfiel dort 1964. Die Schließungsdaten dürften im Zeitraum 1990-93 liegen, sind mir aber leider nicht genau bekannt.

Ich würde mich daher sehr freuen, wenn Ihr mal Eure amtlichen Verzeichnisse und Belegekisten durchgehen würdet, um etwas Licht ins Dunkle zu bringen. Dabei sind auch Belege von vor 1945 und aus den letzten Jahren natürlich interessant.

Nachfolgend nun die Orte alphabetisch mit Angabe der Zonenzugehörigkeit und der Leitpostämter (LPA) soweit mir bekannt in der zeitlichen Reihenfolge:

Boize PSt II (SBZ); LPA ab 05.45 ? 1947-1955 nicht im Ortsverzeichnis (OVZ). Möglicherweise nicht wieder eingerichtet. Eine ehemalige Postmitarbeiterin kann aber relativ konkret darstellen, dass es ca. 1953/54 – 1956 eine Poststelle mit Zustellung gab und das Gebäude benennen, was von anderen Einwohnern bestätigt wird. Ab 1957/58 hat sie dann von Testorf die Post zugestellt. 1971/72 nicht im Landpostkurs des dann zuständigen Postamts Hagenow 2. OVZ 1983-1991 nicht verzeichnet.
Dechow PSt II (BZ), ab 11.45 SBZ; lt. Ortschronik 1951 wieder eingerichtet, aber 1947-1955 nicht in den OVZ. LPA Rehna (belegt 1961-64), später Gadebusch (Nr. 14 (1990)), möglicherweise vorher Nr. 23 oder andere 20er. OVZ 1991 zu Schwerin. Lt. Ortschronik 1992 geschlossen.
Groß Thurow → s. Thurowerhorst
Lassahn PSt I (BZ), LPA ab 5.45 ? (LPA bis dahin Zarrentin in der SBZ), ab 11.45 SBZ; Der Vorkriegsstempel mit LPA Zarrentin wurde 1946-1950 weiter verwendet. Ob es 05.45-11.45 einen Notstempel gab und ob die Poststelle überhaupt geöffnet war ist nicht bekannt. LPA mind. bis 1955 Zarrentin, dann Wittenburg (belegt 1958/1959, wohl mind. bis 1963), dann Hagenow 2 (Nr. 42) (vor 1965-1990), lt. OVZ 1991 Ludwigslust.
Schadeland Pst II (SBZ); 05.1945 vom LPA Ratzeburg getrennt; 1947-1955 nicht im OVZ; LPA war 1956 Boizenburg (Elbe) 1, dann eventuell Zarrentin und dann Hagenow 2 (Nr. 46) (vor 1972 -1990), OVZ 1991 Ludwigslust.
Schlagbrügge Pst II (SBZ); Poststelle schloss lt. Zeitzeugen bereits im Juli 1944 nach dem Tod der Posthalterin und wurde nicht wieder eingerichtet. In OVZ 1947 ff. nicht verzeichnet.
Schlagsdorf PSt I (SBZ): 05.45 vom LPA Ratzeburg getrennt; LPA 1947-1952 lt. OVZ Schönberg (Meckl); Ab 1. Quartal 1951 Zweigpostamt des Postamts Schönberg; dann LPA Gadebusch (OVZ 1955). 1990 Poststelle von Gadebusch (Nr. 1 lt. Zeitzeugen). Lt. der letzten Posthalterin besaß diese Poststelle einen Tagesstempel auch vor der Wende. Sie überlebte als einzige diese bis 1996 (PLZ 19217) und wurde dann durch diverse Postagenturen ersetzt bis 2001. Von 2005-2009 bestand noch einmal ein Postpoint.
Techin Pst II (BZ): LPA ab 5.45 ? (LPA war Zarrentin in der SBZ), ab 11.45 SBZ; in OVZ 1947-1955 nicht verzeichnet. Lt. der letzten Posthalterin 1958 wieder eingerichtet. Posthalterin war 1958-1961 ihre Mutter. LPA sei zu dieser Zeit Wittenburg gewesen. Seit 1963-1990 ist Hagenow 2 (Nr. 41) belegt. OVZ 1991 Ludwigslust. Lt. Posthalterin Ende 1992 geschlossen.
Testorf Pst II (SBZ): 05.1945 vom LPA Ratzeburg getrennt; 1947-1955 nicht im OVZ; Neues LPA nicht bekannt. Eventuell Boizenburg (Elbe) 1 wie das benachbarte Schadeland und dann Zarrentin (beide nicht belegt). Wiedereinrichtungsdatum nicht bekannt. Belegt im Landpostkurs 1971/72 von Hagenow 2 (Nr. 47). Nur ein Nachkriegsbeleg von 1990. OVZ 1991 zu Ludwigslust. Lt. Zeitzeugen kurz nach der Wende geschlossen.
Thurowerhorst (später und bereits 1910-1912: Groß Thurow) Pst. II (BZ), ab 11.45 SBZ. 1947-1955 unter keinem der Namen in den OVZ. Ab 1961 belegt als Pst II Groß Thurow mit LPA Gadebusch (Nr. 24) (1990). Im OVZ 1991 LPA Schwerin. Die letzte Posthalterin sagt allerdings, dass die PSt schon kurz vor der Wende (ca. 1988/89) geschlossen worden sei und sie danach in Dechow (geschlossen 1992) eingesprungen sei.
Ziethen Pst. II (SBZ); 05.45 vom LPA Ratzeburg (BZ) getrennt. 01.07.1945 durch rote Armee besetzt. Das dürfte auch für die übrigen Poststellen in der SBZ gegolten haben. Welches LPA der SBZ in dieser Zeit zuständig war ist nicht bekannt. Nach Gebietsaustausch in 11.45 zur BZ und am 28.11.1945 wieder eröffnet (LPA wieder Ratzeburg). PLZ 24 / 24a / 2419 / 23911. Im OVZ 1987-1991 Pst. I, aber (nicht belegt) wohl schon ab 01.10.1972 PSt. I. Am 01.02.1996 durch Postagentur ersetzt, die spätestens 2001 geschlossen wurde.

Interessant sind auch Belege mit den DDR-Halbspatelstempeln der Poststellen der Postämter Gadebusch und Hagenow 2, da diese Poststellen ab 1964 solche führten. Der Name des Postortes stand nicht darin, nur eine fortlaufende Nummer. Nicht alle Nummern kenne ich.
 
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