Thema: (?) (37) Bund: Blindensendungen
fdoell Am: 01.02.2021 22:20:04 Gelesen: 12345# 21@  
OK, ich habe das jetzt mal nachvollzogen.

Auf dem Web der UPU [1] gibt es jede Menge Dokumente, da braucht es etwas Zeit, um zu einer Übersicht zu gelangen.

Bei der UPU werden alle paar Jahre Weltkongresse abgehalten, die jedes mal zu Veränderungen der allgemeinen Regeln führten. Was ich als Auszug aus dem Weltpostvertrag (Peking 1999) zitiert habe, wurde also mehrfach geändert. Insbesondere wurden die Artikel des Weltpostvertrags aufgrund zahlreicher Anträge und Abstimmungsergebnisse sehr fein weiter entwickelt und differenziert.

Seit 2017 findet man auf dem Web des UPU die Ergebnisse der Plenarsitzung von 2017, die auf den Weltkongress 2016 in Istanbul folgten und am 1.1.2018 in Kraft traten (frühere Versionen, die wohl als Weltpostvertrag bezeichnet wurden, sind auf diesem Web nicht mehr direkt einsehbar; ich hatte sie in deutscher Übersetzung in deinem dt. Bundesgesetzblatt gefunden). Sie werden unter dem Titel

"Regulations to the Convention and Final Protocol"

veröffentlicht und enthalten (soweit ich das beurteilen kann, weil mir keine Versionen zwischen 1999 und 2017 vorliegen) möglicherweise erstmals die Regelungen, dass auch Korrespondenz von und an Blinde als Blindensendungsinhalt erlaubt sind. So heißt es dort [2] unter

Volume II Letter Post Regulations
Section I Common rules applicable to the international postal service
17 Basic services
17-107 Special provisions applicable to each category of items
5. Items for the blind
5.1 Items for the blind shall include letters bearing writing used by the blind, posted unsealed, and plates bearing the characters of writing used by the blind, as further detailed below:
5.1.1 correspondence, literature in whatever format including sound recordings provided that they are sent to or by an organization for the blind or sent to or by a blind person;
5.1.2 equipment or materials of any kind made or adapted to assist blind

Diese Regeln sind bis zum heutigen Tag in Kraft, d.h. sie wurden durch keine der bislang 9 Updates geändert. Gibt es ein neues Update unter [1], muss man also nur schauen, ob unter 17-107 Änderungen vermerkt sind. Das ist bislang nicht der Fall.

Die von Dir Herman verlinkte Lesefassung beinhaltet die Einarbeitung aller Änderungen in die ursprünglichen Regelungen.

Soweit ich es verstehe, wurde der ursprüngliche Weltpostvertrag aufgeteilt in die Regeln für die Organisation und Struktur des Weltpostvereins selbst (Constitution = Allgemeine Verfahrensordnung) und in die technisch-wirtschaftlichen Regeln für den Postverkehr (siehe vor).

Sollte Korrespondenz deshalb in den zulässigen Inhalt von Blindensendungen aufgenommen sein, weil das seit einigen Jahren vor 2017 bereits in vielen Ländern Praxis war und 2017 aus guten Gründen legalisiert wurde, wäre das eine mögliche Erklärung für die dünnen Briefe von vor 2018, die Blindensendungen sind.

Allerdings kann es natürlich - da zwischen der Fassung des Weltpostvertrags von 1999, als da noch verboten war, und der Fassung von 2017, als das erlaubt wurde, 18 Jahre vergingen, weitere Versionen des Weltpostvertrags geben, die dazwischen galten und möglicherweise bereits solche Inhalte zuliessen. Dies sind nur nicht direkt auf der UPU-Homepage zu finden. Vielleicht weiß ja jemand, wo man die finden kann und postet das hier. Damit könnte man bestimmen, ab wann allgemeine bzw. private Korrespondenz von Blinden und an Blinde nach den Regeln des UPU offiziell und legal als Inhalt von Blindensendungen erlaubt war.

[1] https://www.upu.int/en/Universal-Postal-Union/About-UPU/Acts#scroll-nav__5
[2] https://www.upu.int/UPU/media/upu/files/UPU/aboutUpu/acts/nonPermanentActs/actNonPermanentRegulationsConventionFinalProtocolEn.pdf
 
Quelle: www.philaseiten.de
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